Zentrum für Holocaust- und Minderheitenstudien - Villa Grande
Senter for studier av Holocaust og livssynsminoriteter
Die 1911 erbaute Villa Grande war von 1941 bis 1945 Wohnsitz des mit der deutschen Besatzungsmacht kollaborierenden norwegischen Ministerpräsidenten Vidkun Quisling.
Seit 2005 befindet sich in der Villa Grande ein Forschungszentrum zu den Themen Holocaust und Minderheitenforschung.
Geschichte
Im April 1940 wurde das Königreich Norwegen nach mehrwöchigen Kämpfen von der deutschen Wehrmacht besetzt. Die demokratisch gewählte Regierung unter dem Sozialdemokraten Johan Nygaardsvold befand sich, ebenso wie der König, im Londoner Exil.
Der größte Teil der norwegischen Bevölkerung stand den Nationalsozialisten und der seit 1933 existierenden faschistischen norwegischen Partei »Nasjonal Samling« (deutsch: »Nationale Sammlung«) unter Vidkun Quisling ablehnend gegenüber. Zwischen 1942 und 1945 war Quisling, eingesetzt von der deutschen Besatzungsmacht, Ministerpräsident von Norwegen. Gegen die von ihm eingeleitete »Nazifizierung« des Landes entwickelte sich eine breite Bewegung zivilen Ungehorsams. Zudem entstanden auch militärische Widerstandsgruppen.
Bereits im Oktober 1941 registrierte die deutsche Sicherheitspolizei mit Hilfe der norwegischen Verwaltung und Polizei die norwegischen Juden und markierte ihre Ausweise. 1942 führte die norwegische Kollaborationsregierung antijüdische Maßnahmen ein, die den deutschen antijüdischen Gesetzen sehr ähnelten. Ab dem 25. Oktober 1942 wurden nach und nach alle norwegischen Juden verhaftet, ihr Vermögen eingezogen und etwa 766 aus Norwegen deportiert. Etwa der Hälfte aller norwegischen Juden gelang, oft mit Hilfe von Widerstandsgruppen, die Flucht nach Schweden.
Quisling wurde am 8. Mai 1945 verhaftet, wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und am 24. Oktober 1945 in der Festung Akershus in Oslo hingerichtet.
Opfergruppen
Das Institut widmet sich der Erforschung des Holocaust und anderer Genozide, dem Thema Menschenrechte, sowie der Geschichte und Lage von Minderheiten in Norwegen.
Erfahre mehr über
Norwegen
Im April 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht nach mehrwöchigen Gefechten das Königreich Norwegen. Hier lebten zu diesem Zeitpunkt über 1.300 norwegische Juden und etwa 600 jüdische Flüchtlinge, vor allem in Oslo und Trondheim. Die Mehrheit der norwegischen Bevölkerung stand den Deutschen ablehnend gegenüber. Bis zum deutschen Einmarsch besaß auch die seit 1933 existierende norwegische Partei »Nasjonal Samling« (Nationale Einheit) unter Vidkun Quisling (1887–1945) mit ihrem judenfeindlichen Kurs keinen Rückhalt in der Bevölkerung. Ab Juni 1941 betrieben deutsche Besatzer und Quislings Nationalisten die Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung und die Verfolgung von Regimegegnern immer radikaler. Im Februar 1942 wurde eine Kollaborationsregierung mit Quisling als Ministerpräsident eingesetzt, die unter Kontrolle des deutschen Reichskommissars Josef Terboven (1898–1945) stand und die den Terror – insbesondere gegen Juden – weiter verschärfte. Im Oktober 1942 wurden alle Juden in Norwegen verhaftet. Ende November 1942 und Ende Februar 1943 deportierte die SS 690 von ihnen – Kinder, Frauen und Männer – auf Schiffen nach Stettin in Pommern (heute: Polen) und von dort direkt oder über Berlin in das Vernichtungslager Auschwitz. Insgesamt wurden mindestens 765 Juden aus Norwegen Opfer des Massenmords – mehr als vierzig Prozent der jüdischen Bevölkerung des Landes.
In Norwegen entstanden mehrere Widerstandsgruppen, die zivilen Ungehorsam leisteten und Sabotageakte durchführten. Verhaftete Untergrundkämpfer kamen in die Konzentrationslager Natzweiler-Struthof, Neuengamme und Sachsenhausen. Beim Rückzug der Wehrmacht im Frühjahr 1945 wurden viele Orte und Industrieanlagen in Nordnorwegen vollständig niedergebrannt, Quisling am 8. Mai 1945 verhaftet und am 24. Oktober 1945 in der Festung Akershus in Oslo hingerichtet. Der Name Quisling ist in mehrere Sprachen als der Inbegriff von Kollaboration und Verrat eingegangen. Bis 1945 hatten sich etwa 45.000 Norweger seiner Partei angeschlossen. Im Akershus befindet sich seit 1970 das zentrale norwegische Widerstandsmuseum und ein Denkmal für die norwegischen Patrioten, die an dieser Stelle während des Zweiten Weltkrieges erschossen wurden. Seit den 1990er Jahren entstanden mehrere Holocaustdenkmäler in Trondheim und Oslo. In Quislings früherem Osloer Dienstsitz (»Villa Grande«) ist seit 2005 das Zentrum zur Erforschung des Holocaust und der religiösen Minderheiten untergebracht. Zum Symbol des norwegischen Widerstands und der Nachkriegsdemokratie wurde die Königsfamilie unter Haakon VII. (1872–1957). König und Kronprinz hatten sich gemeinsam der Kapitulation verweigert und waren ins britische Exil gegangen. In der Nähe einer Birke, an der sie im April 1940 Zuflucht gesucht hatten, wurde 1997 ein »Friedenshain« angelegt, der einen »dauerhaften Kampf für Freiheit, Frieden und Menschenwürde in der gegenwärtigen und zukünftigen Wirklichkeit« anmahnen soll. Diese Orientierung auf Gegenwart und Zukunft sowie eine entsprechende Friedens- und Menschenrechtserziehung ist vielen norwegischen Gedenkeinrichtungen eigen. Seit den 1980er Jahren hat auch die kritische Auseinandersetzung mit der Kollaboration und dem Alltag unter deutscher Besatzung ihren Platz in der Erinnerungskultur gefunden.
Erinnerung
Die Villa Grande wurde 1911 erbaut und 1928 an den norwegischen Staat übergeben. Das repräsentative, im Stil der Gründerzeit gebaute und einer mittelalterlichen Burg nachempfundene Wohngebäude wurde mehrfach umgestaltet.
Während der Zeit der deutschen Besatzung diente die Villa dem »Fører« der norwegischen faschistischen Partei »Nasjonal Samling« Vidkun Quisling als Dienst- und Wohnsitz. Nach dem Krieg wurde das Gebäude über lange Zeit als Krankenhaus benutzt.
Mitte der 1990er Jahre begann in Norwegen eine breite gesellschaftliche Diskussion über das Schicksal der norwegischen Juden im Holocaust. 1999 verabschiedete das norwegische Parlament eine Regelung zu individuellen Entschädigungen und schuf Fonds für größere Projekte. Aus diesen Quellen wurde die Gründung des Studienzentrums vorangetrieben.
Die Eröffnung des Studienzentrums, das eng mit der Universität Oslo zusammenarbeitet, fand im August 2005 statt.
Angebote
Ausstellung, Führungen, Seminare, wissenschaftliche Konferenzen, Projekttage zu Flucht und Vertreibung, Menschenrechten