Gedenkstätte von Kalavryta

Mnimeio Thissias Kalavryton


Bei einer »Vergeltungsmaßnahme« erschossen Wehrmachtssoldaten am 13. Dezember 1943 fast alle männlichen Einwohner der Stadt Kalavryta. Dies war eines der größten Massaker an der Zivilbevölkerung, das Einheiten der deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges verübten. Am Ort der Massenerschießung, an einem weithin sichtbaren Hügel über der Stadt, erinnert eine Gedenkstätte an die Opfer.

Geschichte

Kalavryta ist eine Kleinstadt in den Bergen im Norden des Peloponnes. Seit Mai 1941 stand die Gegend unter italienischer Besatzung. Als sich Partisanenaktivitäten im Gebiet verstärkten, traf zur Unterstützung der italienischen Einheiten im April 1943 die 117. Jägerdivision der Wehrmacht auf der Halbinsel ein. Diese Einheit war zuvor als 717. Infanteriedivision in Serbien stationiert, wo sie zahlreiche Morde an Zivilisten verübt hatte, unter anderem in Kraljevo im Oktober 1941.
Seit Herbst 1943 drohte die Wehrmacht als Antwort auf die wachsende Widerstandsbewegung damit, für jeden getöteten Soldaten 50 griechische Geiseln zu erschießen. Im Oktober 1943 nahmen Partisanen unweit von Kalavryta etwa achtzig Wehrmachtssoldaten des Jägerregiments 749 gefangen und forderten ihrerseits die Freilassung von fünfzig griechischen Gefangenen für jeden Soldaten. Ende November befahl der Kommandeur der 117. Jägerdivision, Generalmajor Karl von Le Suire, eine Militäraktion unter dem Decknamen »Unternehmen Kalawrita« zur Befreiung der Soldaten und die Durchführung von »Vergeltungsaktionen« an der Zivilbevölkerung. Als sich die deutschen Truppen näherten, erschossen die Partisanen am 7. Dezember ihre Geiseln im Dorf Maseika. Die Wehrmacht hielt fälschlicherweise die Stadt Kalavryta für ein Zentrum der Partisanenbewegung. Am frühen Morgen des 13. Dezember 1943 befahlen Offiziere und Soldaten der 117. Jägerdivision den Einwohnern, sich auf dem Hauptplatz zu sammeln. Frauen, Kinder und Greise wurden in der Schule eingesperrt, während sämtliche Männer über 15 Jahren zu einem nahegelegenen Hügel geführt wurden. Die Stadt wurde geplündert und größtenteils zerstört. Am Nachmittag erschossen Soldaten die Männer auf dem Hügel mit Maschinengewehren. Etwa 13 Männer überlebten den Massenmord verletzt. Die in der Schule eingesperrten Einwohner konnten aus dem brennenden Gebäude fliehen.
In diesen Wochen brannten Wehrmachtseinheiten 28 Ortschaften und Klöster in der Region nieder.

Opfergruppen

477 männliche Einwohner Kalavrytas fielen dem Massaker der 117. Jäger-Division am 13. Dezember 1943 zum Opfer. Unter ihnen waren auch Jungen, die jünger als 15 Jahre waren.
Insgesamt wurden bei den »Sühnemaßnahmen« bis zum Abzug der deutschen Truppen im Oktober 1944 mehr als 2.300 Bewohner des Peloponnes als Geiseln erhängt oder erschossen.

Erfahre mehr über Griechenland

Im April 1941 marschierte die Wehrmacht in das Königreich Griechenland ein. Das Land wurde zwischen dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten Italien und Bulgarien aufgeteilt. Die anschließende Plünderung der Landwirtschaft und der wenigen industriellen Anlagen des Landes verursachte im Winter 1941/42 eine Hungersnot, die vermutlich über 100.000 Griechen das Leben kostete. In der deutschen Besatzungszone bestimmten Raub, öffentliche Misshandlungen, Verhaftungen, Mord und Zwangsarbeit den Alltag der Juden. Zwischen dem 15. März und Mitte August 1943 organisierte ein SS-Sonderkommando – von den örtlichen Militärverwaltungen unterstützt – 19 Transporte mit etwa 46.000 Juden von Saloniki in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Treblinka. Bereits Anfang März hatten die Behörden im bulgarischen Besatzungsgebiet, der griechischen Provinz Thrakien, über 4.000 Juden verhaftet, die die SS daraufhin nach Treblinka verschleppte. Im Herbst 1943 – nach der Kapitulation Italiens – rückte die Wehrmacht in die italienisch besetzte Zone Griechenlands ein. Im März 1944 deportierte die SS auch die dort ansässigen über 8.500 Juden – aus Athen, Ioannina oder von der Insel Rhodos – nach Auschwitz-Birkenau, deren Auslieferung Italien verweigert hatte. Die Zahl der ermordeten griechischen Juden liegt bei etwa 59.000. Das deutsche Besatzungsregime führte zu einer immer stärkeren griechischen Widerstandsbewegung, die 1943/44 von der Wehrmacht durch zahlreiche, brutale Übergriffe, Vergeltungsaktionen und Massenerschießungen bekämpft wurde. Ganze Dörfer, wie zum Beispiel Kalavrita und Distimo, wurden ausgelöscht. Insgesamt fanden wahrscheinlich über 100.000 griechische Zivilisten den Tod. Bereits während der deutschen Besatzung, ab 1944, hatten sich rechte, königstreue und linke, kommunistische Gruppierungen in Griechenland bekämpft. Diese Auseinandersetzung wurde von 1946 bis 1949 in einem Bürgerkrieg fortgeführt. Die siegreiche – von Großbritannien und den USA unterstützte – Rechte verfolgte einen strikt antikommunistischen Kurs. Um einem drohenden Wahlsieg der Linken zuvorzukommen, putschte sich 1967 das Militär an die Macht und regierte das Land in den folgenden sieben Jahren. Erst nach der Aufnahme Griechenlands in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 1981 kam es zur Anerkennung auch des linken Widerstandes im Zweiten Weltkrieg und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1990/91 schließlich zur Überwindung des gespaltenen Gedenkens und zu einer Aufarbeitung des Bürgerkriegs 1946–1949. Die griechische Gedenkkultur ist heute in weiten Teilen noch immer durch das Gedenken an den Widerstand gegen die Deutschen dominiert. Inschriften beziehen die Bezeichnung »Holocaust« nicht selten auf den Mord an der Zivilbevölkerung, beispielsweise als »Holocaust von Kalavrita«. Das Gedenken an die Ermordung von 85 Prozent der griechischen Juden blieb lange Zeit den jüdischen Gemeinden überlassen. In Saloniki, der Stadt mit der früher größten Gemeinde, stand bis 1997 auf dem jüdischen Friedhof das einzige Denkmal zur Erinnerung an den Holocaust. Mit den Feierlichkeiten anlässlich der Ernennung zur Europäischen Kulturhauptstadt 1997 errichtete die Stadt an zentraler Stelle ein Holocaustdenkmal, das 2005 an eine andere Stelle umgesetzt wurde. 2010 wurde auch in Athen ein neues Holocaustdenkmal enthüllt. Ein Holocaustmuseum in Saloniki, an dem sich auch die Bundesrepublik Deutschland mit zehn Millionen Euro beteiligt, ist im Bau.

Erinnerung

Kalavryta wurde am 13. Dezember 1943 größtenteils niedergebrannt. Die Spuren der Zerstörung sind auch noch Jahrzehnte später sichtbar.
1967 wurde die Gedenkstätte »Topos Thysias« (deutsch etwa: Ort der Opfer) errichtet. Sie befindet sich am Ort der Massenerschießung mit Blick auf die Stadt. Sie zählt zu den wichtigsten Erinnerungsorten in Griechenland, zumal Kalavryta seit dem Unabhängigkeitskrieg gegen das Osmanische Reich als Sinnbild für griechischen Widerstandsgeist gilt. Im nahegelegenen Kloster Agia Lavra, das die Männer der 117. Jägerdivision im Dezember 1943 ebenfalls zerstörten, nahm die griechische Revolution am 25. März 1821 ihren Ausgang.
Neben zahlreichen Gräbern, die sich am Hügel befinden, stehen vier große Marmortafeln mit den Namen der getöteten Männer. Ein großes Kreuz steht oberhalb der Anlage und ist weithin sichtbar. Jedes Jahr am 13. Dezember findet hier eine Gedenkfeier statt, die eine zentrale Rolle im Leben der Stadt einnimmt.
Seit 2005 ist in der alten Schule, in der am 13. Dezember 1943 Frauen, Kinder und Alte eingesperrt waren, ein Museum mit dem Namen »Museum des Holocaust von Kalavryta« eingerichtet. Zudem erinnert die zentrale Kirche an das Massaker. Ihre Uhr zeigt stets 14.34 Uhr an, den Zeitpunkt des Beginns der Massenerschießung.
Bis heute haben die Hinterbliebenen keine Entschädigungszahlungen aus Deutschland erhalten.

Öffnungszeiten

Die Mahnmale sind jederzeit zugänglich.
Museum: dienstags bis sonntags 9.00 bis 16.00

Kontakt

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