Während Schweden im Zweiten Weltkrieg offiziell neutral blieb und nicht direkt in Kriegshandlungen verwickelt war, fuhren mehrere tausend schwedische Seeleute auf Schiffen durch Kriegsgebiete – bis zu 2.000 kamen dabei ums Leben. Die im Krieg eingesetzten Seeleute werden in Schweden »Krigsseglare« (deutsch: Kriegssegler) genannt. Nach dem Krieg erhielten nur einige von ihnen eine Entschädigung für ihre Verdienste. Eine Anerkennung der Leistungen schwedischer Seeleute im Zweiten Weltkrieg erfolgte erst in den 1990er Jahren. Am 6. September 1997 wurde im Hafen von Göteborg das Denkmal für die Seeleute im Zweiten Weltkrieg eingeweiht.
Im Gegensatz zu seinen ebenfalls neutralen Nachbarn Dänemark und Norwegen wurde Schweden im Zweiten Weltkrieg nicht von deutschen Truppen besetzt. Dies lag nicht zuletzt daran, dass Schweden Deutschland mit wichtigem Eisenerz belieferte. Zudem machte das Handelsvolumen mit Deutschland und den von den Nationalsozialisten besetzten Ländern zwischenzeitlich rund 80 Prozent des gesamten schwedischen Außenhandels aus. Auf Druck der Nationalsozialisten gewährte Schweden darüber hinaus deutschen Soldaten den Transit durch sein Territorium.
Eine große Herausforderung für Schweden während des Zweiten Weltkriegs war die Minensperre im Skagerrak. Die Meerenge zwischen dem norwegischen Kristianssand und dem dänischen Hanstholm, die Nord- und Ostsee verbindet, war bereits im Ersten Weltkrieg Schauplatz der größten Seeschlacht der Geschichte. Mit Beginn der deutschen Invasion Dänemarks und Norwegens, legten die Deutschen am 9. April 1940 die ersten Minen für die Sperre im Skagerrak. Der Zweck der Minensperre war es, das Eindringen alliierter Kriegsschiffe in die Ostsee zu verhindern. Als Folge der Skagerraksperre war die schwedische Handelsflotte fortan zweigeteilt und vom Handel nach Westen abgeschnitten.
Im Herbst 1940 einigte sich Schweden schließlich mit Deutschland und Großbritannien auf die Zulassung eines beschränkten Frachtverkehrs. Im Rahmen des so genannten Göteborgverkehrs (in Schweden »Lejdtrafiken« genannt) durften vier Schiffe pro Monat von und nach Göteborg fahren und die Skagerraksperre passieren. Trotz der vereinbarten Route wurden zehn schwedische Schiffe versenkt, wobei 166 Seeleute ums Leben kamen. Schätzungen zufolge wurden im Zweiten Weltkrieg insgesamt über 200 schwedische Schiffe versenkt, was etwa zehn Prozent der gesamten Handelsflotte entsprach. Die meisten dieser Schiffe wurden durch deutsche U-Boote und Minen versenkt, einige Schiffe wurden aber auch von den USA, Großbritannien und der Sowjetunion torpediert.
Schätzungen gehen von etwa 2.000 schwedischen Seeleuten aus, die im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen.
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Bei der Rückkehr nach Schweden nach Kriegsende ergab sich für die Seeleute, die während des Krieges westlich der Skagerraksperre im Einsatz waren, eine schwierige Situation. Einige Konten wurden von den Steuerbehörden beschlagnahmt, da die Seeleute während des Krieges keine Steuererklärung abgegeben hatten. Außerdem gab es große Schwierigkeiten bei den Entschädigungen an Seeleute, die durch Kriegsgebiete gefahren waren. Die 1939 von den Gewerkschaften ausgehandelten Kriegsrisikenentschädigungen wurden nur teilweise und oft spät ausgezahlt.
Erst Mitte der 1990er Jahre setzte in der schwedischen Gesellschaft ein Bewusstseinswandel ein, der zur Anerkennung des Schicksals der Seeleute im Zweiten Weltkrieg führte. Eine zentrale Rolle spielte dabei der Dokumentarfilm »Bericht von den Ertrunkenen und Vergessenen« von Maj Wechselmann aus dem Jahr 1995. Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Anerkennung war die Herausgabe eines Gedenkbuches im Jahr 1997.
Am 6. September 1997 wurde schließlich das Denkmal für die Seeleute des Zweiten Weltkrieges am Stenpiren, einem Pier im Hafen von Göteborg, eingeweiht. An der Einweihungszeremonie nahmen 800 Seeleute teil, die während des Krieges auf See waren. Das Denkmal ist ein Entwurf des schwedischen Künstlers Lars Kleen und stellt zwei Schiffsrümpfe dar, die von acht Betonpfeilern getragen werden. Eine Granitplatte vor dem Denkmal trägt die Inschrift: »Schweden dankt seinen Seeleuten für ihren Einsatz in den Jahren der Not 1939–1945. Das Meer ist groß, ewig und weit – Harry Martinson«. Wegen des Baus eines Passagierterminals wurde es 2012 abgebaut und 2015 einige hundert Meter von seinem ursprünglichen Standort entfernt wieder aufgebaut.
Lilla Bommens torg
411 04 Göteborg