Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa

Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa


1996 beschloss der Wiener Gemeinderat, ein zentrales »Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa« auf dem Judenplatz in Wien zu errichten. Das Denkmal für die über 65.000 ermordeten Juden Österreichs wurde am 25. Oktober 2000 der Öffentlichkeit übergeben. Das Mahnmal umfasst auch einen Informationsbereich sowie einen begehbaren Bereich, der die Grundmauern der mittelalterlichen Synagoge Wiens zeigt.

Geschichte

Am 12. März 1938 rückte die deutsche Wehrmacht in Österreich ein. Ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung begrüßte das Ereignis jubelnd. Der »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich wurde am folgenden Tag ausgerufen. Staatlich organisierte Gewalt und Übergriffe auf Regimegegner, Juden und andere setzten unmittelbar darauf ein.
Bereits ab Mai 1938 besaßen die deutschen antijüdischen Gesetze auch im eingegliederten Österreich Gültigkeit. Bis Ende 1939 gelang über 126.000 Juden, meist aus Wien, die Flucht. Im Herbst 1939 begannen erste Deportationen österreichischer Juden in das besetzte Polen. Bis 1945 verschleppte die SS fast 48.600 Juden aus Österreich und 16.600 weitere, die in anderen Ländern Zuflucht gefunden hatten, in den besetzten Osten, wo sie fast ausnahmslos ermordet wurden.
Insgesamt fielen etwa 65.000 Juden der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik zum Opfer - ein Drittel der bis 1938 in Österreich ansässigen jüdischen Bevölkerung.

Opfergruppen

Das Mahnmal ist den über 65.000 österreichischen Juden gewidmet, die im Nationalsozialismus ermordet wurden.

Erfahre mehr über Österreich

Am 12. März 1938 rückte die deutsche Wehrmacht unter dem Jubel zahlreicher Einwohner in die Republik Österreich ein. Am folgenden Tag wurde der »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich proklamiert, das fortan »Ostmark« hieß. Einheimische Nationalsozialisten begannen umgehend mit der Verfolgung der jüdischen Minderheit und von Regimegegnern. Ab Mai 1938 besaßen die deutschen antijüdischen Gesetze auch im eingegliederten Österreich Gültigkeit. Bis Ende 1939 gelang über 126.000 Juden, meist aus Wien, die Flucht. Bereits im Herbst 1939 begannen erste Deportationen österreichischer Juden in das besetzte Polen. Bis 1945 verschleppte die SS fast 48.600 Juden aus Österreich und 16.600 weitere, die in anderen Ländern Zuflucht gefunden hatten, in den besetzten Osten, wo sie fast ausnahmslos ermordet wurden. Über 40.000 nichtjüdische Zivilisten fanden den Tod, darunter über 8.000 aus dem Burgenland verschleppte Sinti und Roma. 1945 teilten die Alliierten das Land in vier Besatzungszonen auf. Die sowjetische Besatzungsmacht errichtete ein »Befreiungsdenkmal« in Wien. Die Vertreter der provisorischen Allparteienregierung Österreichs aus Sozialisten, Kommunisten und Volkspartei nutzten dessen Übergabe am 19. August 1945, um Österreich als »das erste freie Land, das der Hitlerischen Aggression zum Opfer gefallen ist«, zu bezeichnen. Diese Haltung fand für Jahrzehnte breiten Widerhall in Politik und Bevölkerung. In den 1960er Jahren begannen allerdings heftige Auseinandersetzungen über die Beteiligung von Österreichern am Nationalsozialismus. Sie fanden bei einer Demonstration im März 1965 ihren Tiefpunkt, als ein rechtsextremer Student dem ehemaligen KZ-Häftling Ernst Kirchweger (*1898) tödliche Verletzungen zufügte. Kirchweger war das erste politische Todesopfer in Österreich nach 1945. In der Folgezeit wurden in der österreichischen Öffentlichkeit vermehrt Stimmen laut, die vor einer Verharmlosung der Jahre 1938 bis 1945 warnten. Mehrfach erschütterten Skandale um politisch Verantwortliche und deren Vergangenheit das Land, so während der »Waldheim-Debatte« zwischen 1986 und 1992. Der Vorwurf, der österreichische Bundespräsident und ehemalige UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim (1918–2007) sei an Kriegsverbrechen auf dem Balkan beteiligt gewesen, spaltete das Land. Waldheim konterte, er habe »wie hunderttausend andere Österreicher« lediglich seine Pflicht getan. Erst Anfang der 1990er gestand der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (*1937) eine österreichische Mitschuld am Holocaust ein. Bereits 1963 nahm das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands seine Arbeit auf, das die Geschichte des Holocaust und den Rechtsextremismus in Österreich untersucht sowie eine kleine Ausstellung zeigt. Die 1970 in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eröffnete Dauerausstellung blieb für lange Zeit fast die einzige zur Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich. 1983 beschloss der Wiener Gemeinderat, ein »Mahnmal gegen Krieg und Faschismus« zu errichten. Das durch den Bildhauer Alfred Hrdlicka (*1928) entworfene Erinnerungszeichen wurde 1991 eingeweiht, das »Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa« folgte 2000. Zeichen des staatlichen Umdenkens in Österreich sind Gesetze zur Entschädigung geraubten Eigentums, Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter sowie eine Historikerkommission, die zwischen 1998 und 2003 den Vermögensentzug während des Nationalsozialismus untersuchte. 2009 wurden ehemalige Deserteure der Wehrmacht juristisch rehabilitiert, 2014 ein Denkmal für sie eingeweiht.

Erinnerung

Simon Wiesenthal, Gründer des Jüdischen Dokumentationszentrums in Wien und bekannt durch sein Engagement für die Verfolgung und Aufklärung von NS-Verbrechen, regte 1994 die Schaffung eines Mahnmals für die österreichischen Opfer des Holocaust an. Zwei Jahre später beschloss der Wiener Gemeinderat, das Mahnmal auf dem Judenplatz in der Wiener Altstadt zu errichten. Den Entwurf gestaltete die britische Künstlerin Rachel Whiteread. Während der Vorbereitungen für den Bau wurden die Grundmauern der mittelalterlichen Or-Sarua-Synagoge entdeckt, die im Jahr 1421 im Zuge der damaligen Judenverfolgung zerstört worden war. Vertreter der Stadt Wien und der Jüdischen Gemeinde einigten sich 1998 darauf, die Funde bei der Gestaltung des Mahnmals mit einzubeziehen.
Am 25. Oktober 2000 fand die feierliche Einweihung des Mahnmals und die Eröffnung des Museums statt. Das Mahnmal aus Stahlbeton zeigt eine nach außen gewendete Bibliothek mit 7.000 Büchern. Auf dem Sockel rund um das Mahnmal sind die Namen von 41 Orten eingraviert, an denen österreichische Juden während des Nationalsozialismus ermordet wurden.
Im Misrachi-Haus, hinter dem Denkmal gelegen, befindet sich das Museum Judenplatz mit einem Gedenk- und Informationsraum. Hier können an Computerarbeitsplätzen auch die Namen und Lebensdaten der ermordeten Juden Österreichs recherchiert werden. Vom Museum aus führt ein unterirdischer Verbindungsgang zu einem Ausstellungsbereich unterhalb des Denkmals. Er zeigt die Grundmauern der mittelalterlichen Synagoge, die während der Bauarbeiten am Mahnmal gefunden wurden.

Angebote

Führungen und pädagogische Programme, Dauerausstellung zur Verfolgung, Vertreibung und Ermordung der österreichischen Juden, Zugang zur Datenbank mit den Namen und Schicksalen der österreichischen Holocaustopfer

Öffnungszeiten

Museum Judenplatz (im Misrachi-Haus): Sonntag bis Donnerstag 10.00 bis 18.00,
Freitag 10.00 bis 14.00

Kontakt

http://www.jmw.at

info@jmw.at

+43 (1) 535 043 1

Judenplatz
1010 Wien