»Wolfsschanze« – ehemaliges Führerhauptquartier

»Wilczy Szaniec« – Ruiny byłej kwatery Hitlera


Auf dem Gelände des ehemaligen Führerhauptquartiers »Wolfsschanze« bei Rastenburg (polnisch: Kętrzyn) in Masuren gibt es zwei Gedenk- und eine Informationstafel, die an das gescheiterte Attentat des Oberst Graf von Stauffenberg auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 erinnern und den »Widerstand gegen den Nationalsozialismus« würdigen.

Geschichte

Für den deutschen Angriff auf die Sowjetunion ließ Adolf Hitler ab Herbst 1940 in einem Waldgebiet nahe der ostpreußischen Kleinstadt Rastenburg Bunker und Baracken für 2.000 Personen errichten. Diese Anlage erhielt den Namen »Wolfsschanze«. Das Führerhauptquartier war nach Hitlers Einzug am 24. Juni bis zum 20. November 1944 mit einigen Unterbrechungen Machtzentrale des Dritten Reiches und oberste militärische Befehlsstelle – vor allem für den Vernichtungskrieg im Osten. In der Umgebung gab es weitere verbunkerte Hauptquartiere etwa für das Oberkommando des Heeres und den Reichsführer-SS Heinrich Himmler. Spätestens die Niederlage bei Stalingrad Anfang 1943 stellte den Wendepunkt für die Wehrmacht dar: Seitdem mussten sich die deutschen Truppen vor der Roten Armee zurückziehen. Auch innerhalb des Adels und des Militärs formte sich nunmehr Widerstand, der das nationalsozialistische Regime beseitigen wollte. Zum Kopf dieses Umsturzversuches wurde der 37-jährige Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der – gemeinsam mit anderen Hitlergegnern – einen Operationsplan »Walküre« für den Staatsstreich ausarbeitete. Hauptziel war die Ermordung Hitlers. Als Stabschef beim Befehlshaber des Ersatzheeres hatte Stauffenberg Zugang zum innersten Zirkel der Macht und führte am 20. Juli 1944 mit einem Sprengsatz ein Attentat in der »Wolfsschanze« durch. Nach dem Anschlag und ohne von dessen Scheitern zu wissen leitete er den Staatsstreich, der bereits in der folgenden Nacht niedergeschlagen wurde. Eine Gruppe regimetreuer Offiziere verhaftete die Verschwörer in Berlin und ließ Stauffenberg sowie drei weitere Mitkämpfer erschießen.
1945 kam das südliche Ostpreußen und somit die teilgesprengten Bunker der »Wolfsschanze« zu Polen. Bis 1955 entschärften Soldaten 55.000 Minen und 200.000 Stück anderer Munition. Wenige Jahre später gab der Kreisrat das Gelände für den Tourismus frei, der – mit Campingplatz, Kiosken und Hotel – vor allem nach den Umbrüchen 1989/90 anwuchs.

Opfergruppen

Das Attentat Stauffenbergs am 20. Juli 1944 im ostpreußischen Führerhauptquartier »Wolfsschanze« und die anschließende Operation »Walküre« gelten als umfangreichster und ranghöchster Umsturzversuch des militärischen Widerstandes gegen das nationalsozialistische Regime Adolf Hitlers. Etwa 200 der Verschwörer wurden hingerichtet oder in den Tod getrieben.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Es dauerte Jahrzehnte, bis der Mut der Widerständler des 20. Juli 1944 in beiden deutschen Nachkriegsstaaten angemessen gewürdigt wurde. Heute ist das Datum ein offizieller »Gedenktag an den Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft«. Im Ausland brachten erst die letzten Jahre eine ausgewogenere Bewertung. Polen, das die meisten Opfer des Zweiten Weltkrieges zu beklagen hatte und zu dessen Staatsgebiet der historische Ort des Attentats gehört, tat sich zunächst schwer in seinem Umgang mit diesem Erbe. 1992 nahmen die drei Söhne Oberst von Stauffenbergs an der feierlichen Enthüllung einer Gedenktafel teil, die die polnisch-deutsche Inschrift trägt: »Hier stand die Baracke, in der am 20. Juli 1944 Claus Schenk Graf von Stauffenberg ein Attentat auf Adolf Hitler unternahm. Er und viele andere, die sich gegen die nationalsozialistische Diktatur erhoben hatten, bezahlten mit ihrem Leben.« Bereits im November 1989 hatten Bundeskanzler Helmut Kohl und sein polnischer Amtskollege Tadeusz Mazowiecki eine solche Würdigung des Attentatsversuches in der »Wolfsschanze« beschlossen, doch beide Seiten verhandelten mehr als zweieinhalb Jahre über die Formulierung. 1994, anlässlich des 50. Jahrestages des 20. Juli 1944, legten dann Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und Parlamentspräsident Józef Oleksy dort Kränze nieder. Es folgte Mitte der 2000er Jahre eine weitere zweisprachige Bronzetafel mit der Widmung: »In Erinnerung an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus«. Die vorhandene Informationstafel in Nähe beider Gedenktafeln informiert ausschließlich über das gescheiterte Attentat; die Geschichte der »Wolfsschanze« als historischer Ort der Täter und Zentrale der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Europa wird nirgendwo dargestellt.

Angebote

Führungen

Öffnungszeiten

Das Gelände ist von 8:00 Uhr bis Sonnenuntergang geöffnet.

Kontakt

https://wolfsschanze.pl/

kontakt@wolfsschanze.pl

+48 (0)89 752 4429

Gierłoż 5
11-400 Kętrzyn