Wachsen-mit-Erinnerung. Denkmal der ehemaligen Synagoge Eberswalde
Wachsen-mit-Erinnerung. Denkmal der ehemaligen Synagoge Eberswalde
Seit 2012 erinnert das Denkmal »Wachsen-mit-Erinnerung. Denkmal der ehemaligen Synagoge Eberswalde« am früheren Standort der Eberswalder Synagoge an die ehemalige jüdische Gemeinde und ihr Gotteshaus. Die Nationalsozialisten vertrieben oder deportierten zwischen 1933 und 1945 fast alle Juden der Stadt.
Geschichte
Juden lebten bereits seit dem Ende des 14. Jahrhunderts in Eberswalde. Im 16. Jahrhundert aus Brandenburg vertrieben, siedelten sich Juden im 17./18. Jahrhundert erneut in der Stadt in der Schorfheide an. Die Gemeinde zählte im 19. Jahrhundert etwa 200 Mitglieder und weihte 1891 eine großzügige, im maurischen Stil erbaute Synagoge ein. Im 20. Jahrhundert wuchs die jüdische Gemeinde weiter an: Etwa 300 Juden lebten 1929 in Eberswalde. Die Synagoge war ein prächtiger blau-weiß gekachelter Bau mit drei Kuppeln. Ein Blitzeinschlag beschädigte 1931 das Gebäude, viele Eberswalder Bürger halfen, den Brand zu löschen. Das Gotteshaus konnte wieder in Stand gesetzt und ein Jahr später erneut eingeweiht werden.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden Juden schrittweise aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt, diskriminierende Gesetzte machten ein geregeltes Leben unmöglich. Bis 1938 wanderten über neunzig Prozent der Eberswalder Juden aus. Während der Novemberpogrome 1938 steckten Nationalsozialisten die Synagoge in Brand, Juden wurden angegriffen und verhaftet. Die Synagoge brannte völlig nieder. Die Nationalsozialisten zwangen die Gemeinde, die Ruinen abzuräumen. Der jüdische Besitzer eines Kupfer- und Messingwerks musste seine Fabrik im gleichen Jahr an »Arier« verkaufen. Viele weitere Juden flohen aus Deutschland. Die übriggebliebenen Juden mussten ab 1939 in sogenannte Judenhäuser umziehen. 1942 deportierte die SS die letzten Juden aus Eberswalde in die Vernichtungslager im besetzten Osten.
Opfergruppen
Die genaue Zahl der jüdischen Opfer aus Eberswalde ist nicht bekannt. Mindestens 46 Juden aus Eberswalde kamen durch die Verfolgung der Nationalsozialisten ums Leben.
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Deutschland
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert.
Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar.
In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen.
Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.
Erinnerung
Nach dem Krieg lebten keine Juden mehr in Eberswalde. Das Gelände der ehemaligen Synagoge wurde bebaut. Der Alte jüdische Friedhof verfiel und wurde mehrmals Opfer von Vandalismus. Ende der 1980er wurde der Friedhof wiederhergerichtet. Eine Gedenktafel erinnert seit 1966 am ehemaligen Standort der Synagoge an das Schicksal der jüdischen Gemeinde. Sie wurde von Bürgermeister der Stadt an einer Wand des Gebäudes der Eberswalder Feuerwehr am 9. November 1966 eingeweiht. 2010 beauftragte die Stadt Eberswalde die Künstler Horst Hoheisel und Andreas Knitz damit, ein neues Denkmal für die Synagoge und die jüdische Gemeinde von Eberswalde zu errichten. Am 9. November 2012 wurde das Denkmal eingeweiht: Nachdem die alten Fundamente der Synagoge wieder freigelegt wurden, zeichnen nun Betonmauern auf den Fundamenten den ehemaligen Grundriss des Synagogengebäudes nach. Im so entstandenen Innenraum pflanzten die Künstler Bäume. die weiter wachsen. Damit markiert das Kunstwerk gleichzeitig eine Leerstelle und die Abwesenheit der Synagoge, als auch etwas neues, entstehendes, das nie beendet ist. Der Innenraum bleibt unzugänglich. An den Außenmauern sind Texttafeln angebracht. Dort ist neben einem Informationstext auch ein Psalm zu lesen: »Auf dass erkenne das künftige Geschlecht, die Kinder, die geboren werden, dass sie aufstehen und erzählen ihren Kindern.« (Psalm 78,6).