Denkzeichen Georg Elser

Denkzeichen Georg Elser


Seit 2011 erinnert ein Denkzeichen in der Berliner Wilhelmstraße an Georg Elser, der im November 1939 im Alleingang ein Attentat auf Adolf Hitler unternahm.

Geschichte

Am 8. November 1939 explodierte eine Bombe im Münchner Bürgerbräukeller, wenige Minuten, nachdem Adolf Hitler nach seiner traditionellen Rede zum Jahrestag des Putschversuchs von 1923 überraschend früh den Saal verließ. Die Bombe wäre stark genug gewesen, um Hitler und mehrere weitere anwesenden Führungspersönlichkeiten der NSDAP zu töten.
Der Anschlag war von einem einzelnen Täter, dem 1903 geborenen Schreiner Georg Elser, vorbereitet worden. Elser war von Anfang an ein entschiedener Gegner der nationalsozialistischen Diktatur gewesen, aber es waren vor allem das Münchner Abkommen 1938 und der drohende Weltkrieg, die ihn zum Handeln inspirierten. Obwohl er früher in verschiedenen linksgerichteten Organisationen Mitglied gewesen war, handelte er allein und von anderen Widerstandsgruppen isoliert. Seine Tat hatte er akribisch vorbereitet: So ließ er sich in einem Steinbruch anstellen, um Sprengstoff und Einzelteile für den Zeitzündermechanismus entwenden zu können. Vor dem Attentat ließ er sich wochenlang jeden Abend im Bürgerbräukeller einsperren, um nachts die Säule auszuhöhlen, in die er später die Bombe einbaute.
Beim Versuch, illegal über die Grenze zur Schweiz zu kommen, wurde Georg Elser kurz vor dem Attentat festgenommen. Der Zusammenhang zwischen dem Anschlag in München und seiner Person erschloss sich den Ermittlern erst Tage später. Da die NSDAP-Führung fest davon überzeugt war, dass hinter dem professionell durchgeführten Attentat der britische Geheimdienst stecken musste, wurde Elser, dem zuerst die Verbindung zu Hintermännern nachgewiesen werden sollte, nicht der Prozess gemacht. Er beharrte stets darauf, allein gehandelt zu haben und baute im Gefängnis sogar seine Bombe nach, um dies zu beweisen. Elser war jahrelang in Konzentrationslagern inhaftiert, bis er auf persönliche Weisung Hitlers am 9. April 1945 im KZ Dachau ermordet wurde.

Opfergruppen

Georg Elser wurde am 9. April 1945 vom SS-Oberscharführer Theodor Bongartz durch Genickschuss getötet und anschließend im Krematorium verbrannt.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Georg Elser und seine Tat wurden im geteilten Deutschland jahrzehntelang kaum gewürdigt. Wenn es um Widerstand gegen den Nationalsozialismus ging, dominierte in der Bundesrepublik vor allem die Erinnerung an die Verschwörer vom 20. Juli 1944 und an die Widerstandsgruppe Weiße Rose. Sowohl Elsers Alleintäterschaft als auch die Sinnhaftigkeit seines Attentats wurden von vielen angezweifelt, manche vermuteten sogar, Elser habe im Auftrag der NSDAP gehandelt. In der DDR hingegen, wo die Erinnerung an den kommunistischen Widerstand hervorgehoben wurde, war Elser den Ideologen der SED als Einzelgänger suspekt.
Allmählich trat jedoch durch neue Forschungen, Publikationen und Filme ein Umdenken ein. Seit den 1990er Jahren werden nach Georg Elser Straßen, öffentliche Plätze und Schulen benannt. 1997 widmete ihm die Gedenkstätte Deutscher Widerstand eine Sonderausstellung. Im Vordergrund der öffentlichen Erinnerung stehen nun sein Motiv, den Krieg verhindern zu wollen, seine Entschlossenheit, seinen Plan im Alleingang durchzusetzen sowie seine Unbeugsamkeit in den Jahren der Haft.
Das Berliner Denkzeichen für Georg Elser geht auf eine Initiative des Dramatikers Ralf Hochhuth aus dem Jahr 2007 zurück, der sich das Berliner Abgeordnetenhaus anschloss. Es folgte ein künstlerischer Wettbewerb, an dessen Ende sich die Jury für die Pläne des Künstlers Ulrich Klages entschied. Das Denkmal wurde schließlich am 8. November 2011 in der Wilhelmstraße in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Reichspropagandaministerium und dem Standort des ehemaligen »Führerbunkers« eingeweiht. Hauptelement des Denkzeichens ist eine 17 Meter hohe Stahlplastik, die das Profil von Georg Elser zeigt. Diese wird durch eine Informationstafel und zwei Zitate aus den Vernehmungsprotokollen Georg Elsers ergänzt: »(…) dass die Verhältnisse in Deutschland nur durch eine Beseitigung der gegenwärtigen Führung geändert werden können« sowie »Ich habe den Krieg verhindern wollen«.

Öffnungszeiten

Das Denkzeichen ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

Wilhelmstr. 93
10117 Berlin