Denkmal für die deportierten jüdischen Flüchtlinge

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Das Denkmal im Park am Tähtitorninmäki (deutsch: Observatoriumsberg) in Helsinki erinnert an acht jüdische Flüchtlinge, die von finnischen Behörden Ende 1942 an die Gestapo ausgeliefert und im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet wurden.

Geschichte

Mit dem Angriff der Roten Armee auf Finnland am 30. November 1939 begann der sogenannte Winterkrieg. Nach harten Kämpfen wurde ein Frieden geschlossen, in dem Finnland Teile Kareliens im Osten des Landes an die Sowjetunion abgeben musste. Deshalb schloss sich das Land nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 den deutschen Feldzügen an (»Fortsetzungskrieg«), wahrte aber seine Unabhängigkeit. 1944 entschloss sich die finnische Regierung unter dem Eindruck des Kriegsverlaufs, dieses Bündnis aufzukündigen, und zwang die deutschen Einheiten, das Land zu verlassen.
Die etwa 2.000 Juden Finnlands waren von keiner Verfolgung betroffen, jüdische Männer dienten als Soldaten an der Front. Premier Johan Wilhelm Rangell lehnte die Auslieferung finnischer Staatsbürger an Deutschland ab. Während des Krieges kamen ungefähr 150 jüdische Flüchtlinge aus Mitteleuropa nach Finnland. Zunächst wurden diese in kleinere Ortschaften verbracht, später hundert Männer in Arbeitslagern interniert.
Die finnische Geheimpolizei Valpo bestimmte auf deutschen Wunsch zwischen 20 und 50 der Flüchtlinge im Geheimen zur Deportation. Walter Cohen, selbst Flüchtling, machte mit einer Postkarte diese Pläne öffentlich. Die finnische Gesellschaft und die Regierung waren geteilter Meinung. Trotz eines offiziellen Stopps lieferte die Valpo jedoch acht jüdische Emigranten aus Deutschland, Österreich und Lettland am 6. November 1942 an die Gestapo aus. Sie wurden mit der SS »Hohenhörn« nach Estland verbracht und später in Auschwitz ermordet. Nur einer, Georg Kollmann, überlebte. Er sagte 1947 gegen den Valpo-Chef Arno Anthoni vor Gericht aus.
Schon während des Krieges gab es in Finnland eine öffentliche Auseinandersetzung um diese Auslieferung, bei der angesehene Bürger in großen Tageszeitungen forderten, den Verhafteten Asyl zu gewähren. Polizei und Innenminister behaupteten dagegen, dass es sich um »Saboteure, Spione und Ganoven« handle, die ausgeliefert werden müssten.

Opfergruppen

Das Denkmal ist den acht jüdischen Flüchtlingen gewidmet, die aus Finnland an die Gestapo in Estland ausgeliefert und in Auschwitz ermordet wurden: den Österreichern Heinrich und Kurt Huppert, Georg und Janka Kollmann mit ihrem - in Finnland geborenen - kleinen Sohn Franz Olof und Hans Robert Martin Korn, Elias Kopelowski aus Lettland sowie dem Deutschen Hans Eduard Szübilski.
Neuere Erhebungen gehen davon aus, dass Finnland etwa 130 weitere Zivilisten und über 2.600 sowjetische Kriegsgefangene, unter ihnen bis zu 70 Juden, an den SS-Sicherheitsdienst, die Gestapo und die Wehrmacht ausgeliefert haben soll.

Erfahre mehr über Finnland

Ende 1939 überfiel die Rote Armee das unabhängige Finnland und löste so den »Winterkrieg« aus. Hintergrund war der so genannte Hitler-Stalin-Pakt – ein geheimes Abkommen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschen Reich und der stalinistischen Sowjetunion, in dem beide Länder ihre »Interessensphären« abgestimmt hatten. Trotz anfänglicher Erfolge sah sich Finnland gezwungen, am 13. März 1940 einen Friedensvertrag mit Moskau zu schließen und musste daraufhin unter anderem große Teile Kareliens an die Sowjetunion abtreten. In der Hoffnung, diese Gebiete zurückzugewinnen, schloss sich Finnland unter dem Oberkommando von Feldmarschall Freiherr Carl Gustaf Emil Mannerheim (1867–1951) im Sommer 1941 dem deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion an (»Fortsetzungskrieg«). Gleichzeitig wahrte das Land seine Unabhängigkeit. Die etwa 2.000 Juden Finnlands waren von keiner Verfolgung betroffen, sie dienten sogar als Soldaten der finnischen Armee an der Front. Acht jüdische Emigranten aus Deutschland wurden 1942 jedoch an die Gestapo ausgeliefert und in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Sieben fanden dort den Tod. Bereits zu dieser Zeit hatten angesehene Bürger in großen Tageszeitungen Appelle gegen diese Auslieferung veröffentlicht. Im September 1944 schloss Finnland einen separaten Waffenstillstand mit der Sowjetunion, um einer drohenden Besetzung zuvorzukommen, und kämpfte fortan gegen die noch im Land befindlichen deutschen Truppen. Die bis 1991 andauernden besonderen Beziehungen Finnlands zur Sowjetunion wurden 1948 in einem »Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand« geregelt. Die Beteiligung Finnlands am Zweiten Weltkrieg an der Seite Deutschlands, die 90.000 finnische Soldaten das Leben gekostet hatte, blieb bis in die 1990er Jahre ebenso verschwiegen wie die Zusammenarbeit der finnischen Geheimpolizei »Valpo« mit der Gestapo und die Auslieferung sowjetisch-jüdischer Kriegsgefangener und Flüchtlinge an Deutschland zwischen 1941 und 1944. 2003, nach der Auswertung neu zugänglicher Quellen, kam es in der finnischen Öffentlichkeit zu einer Debatte um die ausgelieferten sowjetisch-jüdischen Kriegsgefangenen und Flüchtlinge. Zur 450-Jahr-Feier Helsinkis enthüllte Ministerpräsident Paavo Lipponen (*1941) am 5. November 2000 in der Parkanlage »Tähtitorninmäki« im Zentrum der finnischen Hauptstadt ein Denkmal für die im Jahr 1942 Deportierten. Darüber hinaus gedenkt das heutige Finnland aller Gefallenen des Winterkriegs gegen die Sowjetunion 1939/40 und des Feldzugs an der Seite der Wehrmacht zwischen 1941 und 1944 sowie der 1944/45 im Kampf gegen die Wehrmacht zu Tode gekommenen Soldaten.

Erinnerung

Zur 450-Jahr-Feier Helsinkis wurde am 5. November 2000 in der Parkanlage am Tähtitorninmäki im Zentrum der finnischen Hauptstadt durch Ministerpräsident Paavo Lipponen ein Denkmal für die Deportierten enthüllt. Er bat im Namen der Regierung um Verzeihung für die Auslieferung dieser acht Menschen. Jüdische Kriegsveteranen standen stellvertretend für die 300 jüdischen Soldaten, die gleichberechtigt in der finnischen Armee (und an der Seite der Wehrmacht) gegen die Sowjetunion gekämpft hatten, mit ihren Orden und Auszeichnungen Spalier. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde von Helsinki, Gideon Bolotovski, begrüßte das Denkmal.
Die Steinskulptur mit den Namen der acht Ermordeten stammt von den Bildhauern Nils Haukeland und Rafael Wardi. Am 8. November, dem Tag der Deportation, findet jährlich eine Gedenkveranstaltung statt.
In der Synagoge von Helsinki erinnert zudem seit 1970 eine Gedenktafel an die zwischen 1939 und 1945 ermordeten Juden Europas.

Öffnungszeiten

Das Denkmal im Park ist jederzeit zugänglich.
Das Jüdische Gemeindezentrum ist montags bis freitags zwischen 09.00 und 17.00 geöffnet.

Kontakt

http://www.jchelsinki.fi

srk@jchelsinki.fi

+358 (0)9 586 03 10

Tähtitorninmäki
00100 Helsinki