Erinnerung an die ermordeten Juden von Edineț

Memoria evreilor uciși din Edineț


In Edineț (russisch: Jedinez) erinnert seit 2003 der Straßenname »Holocauststraße« an die 1941 in der Stadt ermordeten Juden aus Bessarabien und der Bukowina.

Geschichte

Edineț liegt im Norden der historischen Region Bessarabien. Juden lebten seit dessen Gründung Anfang des 19. Jahrhunderts im Ort. Am Anfang des 20. Jahrhunderts und zur Zeit des Ersten Weltkrieges gab es mehrere Übergriffe auf Juden. Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Bessarabien zu Rumänien. In dieser Zeit waren über 90 Prozent der fast 6.000 Einwohner der Stadt Juden.
1940 wurde Rumänien gezwungen, Bessarabien an die Sowjetunion abzutreten. Die sowjetischen Behörden ließen die Gebetshäuser schließen und deportierten viele Einwohner Edinețs nach Sibirien, darunter viele Juden, vor allem wohlhabendere Bürger und vermeintliche politische Gegner.
Am 22. Juni 1941, dem Tag des Angriffs der Achsenmächte auf die Sowjetunion zog sich die Rote Armee aus der Stadt zurück. Viele Zivilisten schlossen sich ihnen an, die Mehrheit der Juden blieb jedoch im Ort, so dass sich danach etwa 5.000 Juden in der Stadt befanden.
Am 6. Juli marschierten rumänische Truppen in Edineț ein und töteten zahlreiche Zivilisten. Die nichtjüdische Bevölkerung wurde ermuntert, sich an »Racheaktionen« gegen Juden zu beteiligen. An den folgenden zwei Tagen wurden etliche Juden ermordet, ihre Häuser geplündert und viele jüdische Frauen und Mädchen vergewaltigt. Danach traten antijüdische Verordnungen in Kraft. Jüdische Männer wurden zur Zwangsarbeit auf dem Land abkommandiert.
Zwei Wochen später erhielten alle Juden Edinețs den Befehl sich an zwei Orten der Stadt zu versammeln. Von da aus wurden sie in die Richtung des Grenzflusses Dnjestr getrieben. Einigen Juden gelang die Flucht, ihre Überlebenschancen waren jedoch gering.
Mitte August 1941 richteten die rumänischen Behörden ein Transitlager mit über 11.000 jüdischen Häftlingen in Edineț ein. Von hier sollten sie nach Transnistrien, dem rumänisch besetzten Gebiet der Ukraine deportiert werden. Die Lebensumstände dort waren katastrophal, täglich starben über 70 Personen an Hunger, Durst und Krankheiten. Nur wenige überlebten den Krieg.

Opfergruppen

Bei ihrem Einmarsch plünderten rumänische Soldaten zwei Tage lang die Stadt. Sie und Angehörige der lokalen Bevölkerung ermordeten etwa 500 Juden und vergewaltigten jüdische Frauen und Mädchen. Die Opfer wurden von Angehörigen auf dem jüdischen Friedhof in einem Massengrab bestattet.
Insgesamt wurden etwa 1.000 Juden in den ersten beiden Wochen nach dem Einmarsch der rumänischen Armee ermordet. Danach wurde in Edineț ein Lager eingerichtet, in dem sich alle überlebenden Juden aus Edineț sowie weitere Juden aus Bukowina und Bessarabien befanden.
Ende August meldete der Militärgouvernour Bessarabiens, General Constantin Voiculescu (1890–1955), dass das »jüdische Problem« in Bessarabien gelöst sei, indem die Juden vom Land vollständig vertrieben oder in Ghettos in der Stadt interniert seien.
Viele Juden, die nach Transnistrien deportiert wurden, kamen dort in rumänischen Lagern um oder wurden von deutschen Einheiten ermordet.

Erfahre mehr über Republik Moldau

Die heutige Republik Moldau umfasst den größten Teil der historischen Provinz Bessarabien östlich des Flusses Pruth sowie einen kleinen Streifen östlich des Dnjestr, der zur Region Transnistrien (»jenseits des Dnjestr«) gehört. Die Landessprache ist rumänisch. Vor dem Ersten Weltkrieg gehörte diese Landschaft zum Russischen Zarenreich, danach jedoch, ohne den transnistrischen Teil, zum Königreich Rumänien. 1939 lebten hier etwa 205.000 Juden. Nachdem das Deutsche Reich und die Sowjetunion in einem Geheimabkommen – dem so genannten Hitler-Stalin-Pakt – ihre »Interessensphären« zwischen Ostsee und Schwarzem Meer abgesteckt hatten, marschierte die Rote Armee im Sommer 1940 in Bessarabien ein. Der sowjetische Geheimdienst NKWD verschleppte anschließend 11.000 »unliebsame« Personen, darunter über Tausend Juden, nach Sibirien. Rumänien suchte nach diesen umfangreichen Gebietsverlusten verstärkt die Nähe zum nationalsozialistischen Deutschland. Im Sommer 1941 marschierten seine Truppen an der Seite der deutschen Wehrmacht auf sowjetisches Gebiet vor, Bessarabien und das gesamte zur Ukraine gehörende transnistrische Gebiet bis zum Fluss Bug kamen unter rumänische Hoheit. Zwischen Juli und August 1941 ermordeten Angehörige der Wehrmacht und der SS-Einsatzgruppe D, rumänische Sonderkommandos und Polizeieinheiten über 150.000 Juden der Region, plünderten die verlassenen Häuser und Geschäfte. Die Überlebenden wurden in Ghettos und Lager gepfercht und ab dem 15. September über den Djnestr nach Transnistrien verschleppt, ebenso wie politische Gefangene, die der Kollaboration mit den sowjetischen Behörden verdächtigt wurden. Ab 1945 kehrten 7.000 bis 10.000 in die Sowjetunion geflohene oder verschleppte Juden zurück. Nach dem Krieg wurde Bessarabien erneut zur Moldawischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Gedacht wurde der Befreiung durch die Rote Armee und des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Alles »Rumänische« wurde systematisch getilgt. Nach der Unabhängigkeit der Republik Moldau 1991 wurde lange über eine Wiedervereinigung mit Rumänien gestritten. Die mehrheitlich russische Bevölkerung im transnistrischen Teil verhinderte dies aber. Der Grundkonflikt zwischen dem größeren bessarabisch-rumänischsprachigen und dem kleineren, seit 1992 nach einem kurzen Bürgerkrieg abtrünnigen transnistrisch-russischsprachigen Gebiet, verbunden mit großen wirtschaftlichen und sozialen Problemen des Landes, drängen das Erinnern an Holocaust und Zweiten Weltkrieg in den Hintergrund. In verschiedenen Städten Moldaus erinnern seit Beginn der 1990er Jahre dennoch Denkmäler, Gedenktafeln oder -steine an die Massaker im Sommer 1941 und an die ermordeten Juden – so in Dubossary und der heutigen Hauptstadt Kischinau, auf dem jüdischen Friedhof von Tighina oder in Dörfern wie Vertujeni und Pepeni.

Erinnerung

Nur wenige jüdische Familien kehrten nach dem Krieg nach Edineț zurück. In den 1960ern lebten etwa 200 Juden im Ort, heute nur noch wenige.
2003 wurde eine Straße in Edineț, in dessen Umgebung sich auch das Ghetto befunden hatte, in Erinnerung an die jüdischen Opfer in Holocauststraße umbenannt. Neben dem Straßennamen erinnert auch eine Gedenktafel auf Rumänisch an die Opfer des »Genozids in den Jahren 1941–1944«. Die Schrift wird von einem schwarz auf weiß gedrucktem Stacheldraht getrennt, der auch die Menorah auf der rechten Seite der Tafel spaltet. Dass es sich bei den Tätern um rumänische Soldaten und Nachbarn handelte, bleibt unerwähnt. Ursprünglich wurde auch eine Tafel am Gebäude der ehemaligen Synagoge angebracht, die jedoch von Unbekannten entfernt wurde.
Die Synagoge wurde nach dem Krieg entweiht und als Bürogebäude einer Textilmanufaktur genutzt. In der Stadt befindet sich noch eine weitere Synagoge, in der sich heute das Stadtmuseum befindet. Früher hatte die Stadt sechs Synagogen.
Im Süden Edinețs befindet sich ein jüdischer Friedhof mit etwa 3.000 Grabsteinen, um den sich vor allem ein älteres Ehepaar kümmert. In der Nachkriegszeit wurde auf dem Massengrab von 1941 ein Grabstein aus Marmor errichtet, der einen hebräischen Text trägt.

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