The Space of Synagogues

Простір Синагог


Lemberg (ukrainisch: Lwiw, polnisch: Lwów) war einst eine blühende Kulturmetropole, in der Juden seit Jahrhunderten eine große Rolle spielten. 2016 wurde an der Stelle der während der deutschen Besatzung zerstörten Goldenen-Rose-Synagoge die Gedenkstätte »Space of Synagogues« eröffnet.

Geschichte

Die jüdische Gemeinde von Lemberg gehörte im Mittelalter zu den bedeutendsten im Königreich Polen. Nach der Teilung Polens 1772 gehörte Lemberg zu Habsburg. In dieser Zeit hatten die Ideen der Aufklärung großen Einfluss auf die Lemberger Juden, gleichzeitig versuchte die österreichische Verwaltung, sie unter anderem durch die Verbreitung der deutschen Sprache an den Staat zu binden. 1867 erreichten Juden in Österreich-Ungarn die volle rechtliche Gleichberechtigung. Es begann eine Blütezeit der Stadt und der Lemberger Juden. Zur gleichen Zeit erstarkte auch die polnische Nationalbewegung – viele Juden wandten sich dem Polentum zu.
Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Lemberg einmal mehr zu Polen und war eines der wichtigsten kulturellen Zentren des Landes. Die Polen stellten knapp die Mehrheit der Stadtbevölkerung, ein Drittel waren Juden und etwa 15 Prozent Ukrainer.
Nach Ausbruch des Krieges im September 1939 besetzte die Sowjetunion aufgrund des Hitler-Stalin-Pakts Ostpolen, darunter Lemberg. Als die deutsche Wehrmacht im Juni 1941 die Sowjetunion angriff, besetzte sie Lemberg nach nur wenigen Tagen. Angestachelt durch die Deutschen entlud sich der während der sowjetischen Besatzung angestaute Zorn von Teilen der ukrainischen Bevölkerung an den Juden: bei einem mehrtägigen Pogrom Ende Juli 1941 wurden über 2.000 Juden ermordet. Noch im Sommer 1941 zerstörten die Deutschen alle Synagogen, darunter die aus dem 16. Jahrhundert stammende orthodoxe Goldene-Rose-Synagoge. Sie richteten ein Ghetto ein, in das alle Juden aus Lemberg und Umgebung umsiedeln mussten. 1942/43 deportierte die SS die meisten Lemberger Juden in die Vernichtungslager Belzec und Sobibor und ermordete sie dort mit Giftgas. Im Juni 1943 lösten die Deutschen das Ghetto auf und ermordeten dabei 10.000 Juden. Die Überlebenden wurden in Zwangsarbeitslager wie dem Lager in der Lemberger Janowska-Straße verschleppt.

Opfergruppen

Vor 1939 lebten etwa 110.000 Juden in Lemberg. Nach der Teilung Polens 1939 kamen noch etwa 100.000 jüdische Flüchtlinge aus dem deutsch-besetzten Landesteil dazu. Fast alle wurden zwischen 1941 und 1944 bei antijüdischen Ausschreitungen, Massenerschießungen und in Vernichtungslagern ermordet oder kamen in Zwangsarbeitslagern um.

Erfahre mehr über Ukraine

Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

Die Goldene-Rose-Synagoge wurde 1582 im Stil der Renaissance mit gotischen Fenstern gebaut. Bis zum Bau der Großen Stadtsynagoge 1801 in der unmittelbaren Nachbarschaft diente die Goldene Rose als Hauptsynagoge der Lemberger jüdischen Gemeinde. Im 19. Jahrhundert nutzten vor allem chassidische Juden die Synagoge.
1941 brannten die deutschen Besatzer alle Synagogen nieder, die Ruinen wurden meist gesprengt und abgetragen. Von der Goldenen Rose blieben nur noch Mauerreste, die in der Nachkriegszeit fast vollständig zerstört wurden. Lediglich die Reste einer Mauer blieben übrig, an der man die Umrisse der gotischen Fenster erkennen kann.
Nach der Unabhängigkeit der Ukraine begann Lemberg, sich verstärkt mit ihrer jüdischen Geschichte auseinanderzusetzen. 1992 wurde an den Mauerresten der Goldenen-Rose-Synagoge eine Gedenktafel angebracht. 2008 wurde eine Initiative ins Leben gerufen, um die wichtigsten, seit dem Zweiten Weltkrieg verschwundenen Stätten jüdischer Geschichte im Stadtbild wieder sichtbar zu machen. Die Umgestaltung der Reste der Goldenen-Rose-Synagoge sowie der Spuren der Beth Hamidrash, einer Toraschule, sollte den ersten Schritt bilden. Das Projekt mit dem Namen »Space of Synagogues« wurde vor allem durch das Lemberger Center for Urban Studies in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung vorangetrieben. Zahlreiche internationale Akteure beteiligten sich an dem Projekt, neben verschiedenen jüdischen Organisationen auch die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die Pläne für die Umgestaltung stammen vom Berliner Architekten Franz Reschke. Die Mauerreste wurden restauriert, der Grundriss der Beth Hamidrash erkennbar gemacht. In der Mitte des Ensembles stehen Gedenksteine, an denen sich Zitate in mehreren Sprachen befinden. Damit erinnert das Denkmalensemble sowohl an die einst blühende jüdische Gemeinde als auch an die Zerstörung der Synagogen und der Ermordung der Lemberger Juden während der deutschen Besatzung.
Als nächster Schritt soll der Platz umgestaltet werden, an dem sich einst die Große Stadtsynagoge befand.

Öffnungszeiten

Die Gedenkstätte ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

https://www.lvivcenter.org

institute@lvivcenter.org

+380 (0)322 751 734

Staroevreiska 41
7900 Lwiw