Gedenkstätte Münchner Platz Dresden

Gedenkstätte Münchner Platz Dresden


Im Landgericht von Dresden wurden während der Zeit des Nationalsozialismus, des sowjetischen Besatzungsregimes und während der SED-Diktatur bis 1956 politisch Verfolgte verurteilt. Die Personen wurden vor Ort inhaftiert und bei Verhängung der Todesstrafe im Innenhof des Gebäudes hingerichtet. Die Gedenkstätte Münchner Platz Dresden erinnert mit ihrer Ausstellung an die Schicksale der Opfer.

Geschichte

Das seit 1907 bestehende Königlich-Sächsische Landgericht nutzten die Nationalsozialisten ab 1933 als Gerichtsgebäude, Haftanstalt und Hinrichtungsstätte. Sächsische Sondergerichte, der Volksgerichtshof und das Oberlandesgericht Posen führten einen Teil ihrer Prozesse am Münchner Platz durch. Bis etwa 1937 verurteilten die Richter vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Zeugen Jehovas zu mehrjährigen Haftstrafen. Ab dieser Zeit bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden immer mehr Personen verurteilt, die gegen die nationalsozialistischen Rassengesetze verstießen oder sich regimekritisch äußerten. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges erhöhte sich die Zahl der vom Landgericht Dresden verhängten Todesurteile. Bei vielen der an diesem Ort Getöteten handelte es sich um politisch Verfolgte aus dem Protektorat Böhmen und Mähren sowie aus dem Sudetenland. Nachdem sie in den Landes- und Oberlandesgerichten dieser Gebiete verurteilt worden waren, erfolgte die Vollstreckung des Urteils in der Hinrichtungsstätte am Münchner Platz. Bis zu ihrer Zerstörung durch Bombenabwürfe im Februar 1945 starben mehr als 1.300 der zum Tode verurteilten Frauen und Männer durch die Guillotine in einem Innenhof des Gebäudes.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nutzten sowjetische Sicherheitsorgane das Gerichtsgebäude und die Haftanstalt als Untersuchungs- und Durchgangsgefängnis. Sowjetische Militärtribunale verurteilten NSDAP-Mitglieder, Gegner der Stalinisierung und willkürlich Verhaftete zu langen Haftstrafen oder zum Tode. Andere wurden ohne Verurteilung in Speziallager verbracht. Parallel dazu fanden in dem historischen Gerichtsgebäude Prozesse der deutschen Justiz wegen NS-Tötungsverbrechen, später zunehmend gegen Kritiker und Gegner des SED-Regimes statt. Von 1952 bis 1956 war der Ort zentrale Hinrichtungsstätte der DDR-Justiz. Nachweislich 66 Personen wurden in dieser Zeit exekutiert.

Opfergruppen

Zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Februar 1945 starben im Gebäude am Münchner Platz nachweislich 1.328 Männer und Frauen durch die Guillotine. Nach der Zerstörung der Guillotine wurde bis Kriegsende eine unbekannte Zahl von Menschen im Richthof erschossen. Bei etwa zwei Dritteln der zum Tode Verurteilten handelte es sich um tschechische Frauen und Männer. Auch zum Tode verurteilte Deserteure der Deutschen Wehrmacht und Kriegsgegner wurden am Münchner Platz hingerichtet. Unter den Opfern befanden sich - bis zur vollständigen Aberkennung des Anspruchs auf ein gerichtliches Verfahren am 1. Juli 1943 - ebenfalls Menschen jüdischer Herkunft.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Ende der fünfziger Jahre erfolgte der Umbau des ehemaligen Landgerichts zu einem Lehrgebäude der Technischen Hochschule Dresden. In dem Teil, in dem sich die Hinrichtungsstätte befand, wurde 1959 eine »Mahn- und Gedenkstätte des antifaschistischen Widerstandskampfes« eingeweiht. Die Ausstellung bezog sich nur auf die Opfer in der Zeit des Nationalsozialismus. 1992 wurde der Münchner-Platz-Komitee e.V. als Trägerverein der Gedenkstätte gegründet. Seit dieser Zeit beschäftigt sich die Forschungs- und Bildungsarbeit der Gedenkstätte auch mit den nach Kriegsende am Münchner Platz erfolgten Verurteilungen und Hinrichtungen. Seit 1994 gehört die Gedenkstätte Münchner Platz Dresden zur Stiftung Sächsische Gedenkstätten. 1996 wurde die historisch nicht mehr vertretbare Ausstellung geschlossen. Seither sind in den Räumen – neben den Todeszellen und dem Richthof - Wechselausstellungen zu sehen. In Zusammenarbeit mit der TU Dresden plant die Gedenkstätte die Eröffnung einer umfassenden Dauerausstellung zur politischen Strafjustiz während der nationalsozialistischen Diktatur, der sowjetischen Besatzungszeit und der frühen DDR.

Angebote

Wechselnde Ausstellungen zu zentralen Themen des historischen Ortes, kleinere Wanderausstellungen im Veranstaltungsraum der Gedenkstätte, Führungen, regelmäßige Lesungen und Diskussionen, pädagogische Arbeit mit Schulklassen, Archiv/Bibliothek

Öffnungszeiten

Montags bis freitags 10.00 bis 16.00, samstags und sonntags 10.00 bis 18.00

Kontakt

https://www.stsg.de/cms/dresden/startseite

muenchnerplatz.dresden@stsg.de

+49 (0)351 463 319 90

George-Bähr-Straße 7
01069 Dresden