Das Museum in der mährischen Hauptstadt Brünn stellt Geschichte und Kultur der Roma vor. Eröffnet 1991, war es das erste Museum seiner Art weltweit.
Geschichte
Seit dem 14. Jahrhundert leben Roma auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik. Die Roma waren als geschickte Handwerker, besonders als Schmiede, geschätzt, und für ihre orientalische Musik beliebt. Sie waren jedoch bald Verfolgung ausgesetzt: Sie galten als »gottlos« und wurden der Spionage für die Türken verdächtigt. 1710 trat im Habsburgerreich ein kaiserlicher Erlass in Kraft, der die Tötung männlicher Roma und das Abschneiden von Ohren und Nasen bei Frauen und Kindern schon beim bloßen Verdacht auf Vergehen erlaubte. Diese Bestimmungen wurden zwar nur vereinzelt in die Tat umgesetzt, sie führten jedoch zu einer wachsenden Isolierung der Roma in der Gesellschaft. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts, unter der Herrschaft von Maria Theresia und Joseph II, endete die willkürliche Verfolgung der Roma, stattdessen wurde ihre Assimilierung vorangetrieben. Sie wurden zur Sesshaftigkeit gezwungen und bekamen Land zugeteilt. Ihre Sprache wurde verboten, während ihre Christianisierung vorangetrieben wurde. Viele Kinder wurden in christliche Familien gegeben, Jugendliche zum Heiraten mit Christen gezwungen. Es entwickelte sich eine mehr oder weniger sesshafte Romabevölkerung. Die Industrialisierung hingegen führte zu einem sozialen Abstieg der zumeist als Handwerker tätigen Roma. In der 1918 gegründeten Tschechoslowakei waren fast alle Roma Analphabeten und verarmt. Unter der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkrieges wurden »Zigeuner« als Rasse verfolgt und zur Vernichtung bestimmt. Nur etwa zehn Prozent der Roma aus Böhmen und Mähren überlebten die Verfolgung. In der Nachkriegstschechoslowakei wurden viele Roma aus dem slowakischen Landesteil in zuvor von Sudetendeutschen bewohnten Gebieten angesiedelt. Die Lage der Roma verbesserte sich unter dem kommunistischen Regime kaum. Nach 1989 hat sich ihre Lage teilweise sogar noch verschlimmert, oft sind sie Opfer von Diskriminierung und rechtsradikaler Gewalt geworden.
Opfergruppen
Das Museum widmet sich der Geschichte und Kultur der Roma in und außerhalb Tschechiens. Ein besonderes Anliegen des Museums ist die Aufklärung über den nationalsozialistischen Völkermord an den Sinti und Roma und die Aufrechterhaltung der Erinnerung an die Opfer.
Erfahre mehr über
Tschechische Republik
Die tschechischen Länder Böhmen, Mähren und Tschechisch-Schlesien gehörten bis 1918 zu Österreich-Ungarn und schlossen sich nach dem Ersten Weltkrieg mit der Slowakei zur Tschechoslowakei zusammen. Von Herbst 1938 bis Frühjahr 1939 wurde der Staat in mehreren Schritten durch das Deutsche Reich zerschlagen: Im September 1938 schloss Deutschland das überwiegend von einer deutschen Bevölkerung bewohnte Grenzland im Norden und Westen als »Sudetengau« dem Reichsgebiet an. Übrig blieb die sogenannte Resttschechei, deren Gebiet am 14. März 1939 von der deutschen Wehrmacht eingenommen wurde. Zugleich erklärte die Slowakei ihre Unabhängigkeit. Die Tschechoslowakei hörte auf, zu existieren; die tschechischen Länder standen fortan als Reichsprotektorat Böhmen und Mähren unter deutscher Kontrolle. Der entstehende Widerstand der Bevölkerung wurde blutig unterdrückt, zugleich begann die Verfolgung von Juden und Roma. Von den rund 120.000 Juden der böhmischen Länder wurden etwa 78.000 während des Holocaust ermordet. Dabei diente die ehemalige Festung Theresienstadt (Terezín) als zentraler Ort der Internierung und Durchgangslager in die Vernichtungszentren im Osten. Zudem wurden etwa 8.000 nichtjüdische Tschechen ermordet, davon etwa 1.700 während der Terrorwelle nach dem tödlichen Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich (1904–1942) am 27. Mai 1942. Als Reaktion machten deutsche Polizeikräfte das Dorf Liditz (Lidice) und den Weiler Ležáky dem Erdboden gleich. 1945, vier Tage vor Kriegsende, brach in Prag und anderen tschechischen Städten ein bewaffneter Aufstand aus, der sich vor allem gegen tschechische Kollaborateure und die deutsche Minderheit richtete.
Die Erinnerung an die Jahre von 1938 bis 1945 ist vor allem durch das Trauma der völligen Zerschlagung des Landes geprägt. Im Zentrum standen die Verbrechen der Nationalsozialisten und lange Zeit der Wunsch nach Rache. Eine der Folgen war die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung. Zu dieser Erinnerung gehört heute aber auch das schmerzliche Bewusstsein des relativ schwachen Widerstands und der verbreiteten Kollaboration.
Die wiederhergestellte Tschechoslowakei war ab 1948 kommunistisch. Die Erinnerung an den Holocaust hatte kaum Platz, zumal das Land in den frühen 1950er Jahren, auf dem Höhepunkt der stalinistischen Säuberungen, von einer judenfeindlichen Welle erschüttert wurde. In der Erinnerungskultur wurde – neben den im »Ostblock« üblichen Huldigungen an die siegreiche Rote Armee – besonders die Erinnerung an das Massaker von Lidice gepflegt. Hier war es möglich, die Brutalität der Nationalsozialisten darzustellen, ohne an den Holocaust erinnern zu müssen.
Mit dem Ende des Staatssozialismus 1989 änderte sich dies; eine Entwicklung, die in der Reformzeit des Prager Frühlings 1968 bereits einmal eingesetzt hatte, aber mit dem Einmarsch von Staaten des Warschauer Pakts gestoppt worden war. Schrittweise gerät in Teilen der tschechischen Gesellschaft so auch die Erinnerung an eine heute zerstörte, in Jahrhunderten gewachsene Kultur des Zusammenlebens von Tschechen, Deutschen und Juden in den Blick, nicht nur in der Hauptstadt Prag werden ihre Spuren immer sichtbarer Der wichtigste Ort der Erinnerung an die Opfer des Holocaust ist die Gedenkstätte auf dem Gebiet des ehemaligen Ghettos Theresienstadt (Terezín). Zum offenen Konflikt kam es seit den 1990er Jahren in Zusammenhang mit dem ehemaligen Konzentrationslager Lety, in das böhmische Roma gezwungen worden waren, bevor sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Lange war hier ein Schweinemastbetrieb untergebracht, der ein würdiges Gedenken unmöglich machte. Dieser wurde 2022 abgerissen, um für eine Gedenkstätte Platz zu machen.
Erinnerung
Das Museum wurde 1991 gegründet, in einem vorwiegend von Roma bewohnten Viertel Brünns. Die Entstehung dieser weltweit bis dahin einzigartigen Einrichtung geht auf eine Initiative von Intellektuellen aus den Reihen der Roma zurück. Bis 2005 eine unabhängige Institution, wird das Museum seitdem vom tschechischen Staat verwaltet. In einem Teil der Dauerausstellung behandelt das Museum die Kultur der Roma weltweit, während sich ein anderer Teil mit der Geschichte der Roma in Böhmen und Mähren beschäftigt.
Das Museum hat sich für die Einrichtung mehrerer Denkmale für die während des Zweiten Weltkrieges ermordeten Roma eingesetzt. Die bekanntesten sind die Denkmale an den Orten der ehemaligen »Zigeunerlager« Lety (Einweihung: 1995) und Hodonin (1997).
Angebote
Dauerausstellung, Bibliothek und Studienraum, Archiv mit Zeitzeugeninterviews und Fotodokumentation, jährliche Gedenkfeier am 7. März, dem Jahrestag des ersten und größten Transports mährischer Roma nach Auschwitz-Birkenau
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag: 10.00 bis 18.00,
Sonntag: 10.00 bis 17.00.