Holocaustdenkmäler in Athen

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Zwei Denkmäler erinnern in Athen an die griechischen Juden, die im Holocaust ermordet wurden. Eines entstand bereits in den 1950er Jahren auf dem Jüdischen Friedhof im Vorort Nikea, das andere wurde 2010 im Stadtzentrum eingeweiht.

Geschichte

Athen war von April 1941 bis September 1943 italienisch besetzt. In dieser Zeit suchten viele Juden aus den deutsch besetzten Gebieten Griechenlands in der Hauptstadt Zuflucht. Nachdem Italien vor den Alliierten kapitulierte, übernahm im September 1943 die deutsche Wehrmacht die Kontrolle über dessen Besatzungszone. Kurz darauf begannen die Nationalsozialisten auch in Athen damit, die jüdischen Einwohner zu registrieren. Allerdings wurden sie dabei mit unerwarteten Schwierigkeiten konfrontiert. Die jüdische Bevölkerung lebte seit jeher über die Stadt verstreut, was ihre Erfassung schwieriger machte. Der Vorsteher der Jüdischen Gemeinde, dessen Einfluss sich die Besatzungsbehörden bei der Registrierung nützlich machen wollten, floh in die Berge. Zudem gab es unter den Athenern eine große Hilfsbereitschaft gegenüber Juden, die als gleichberechtigte Bürger angesehen wurden. Viele halfen, indem sie Juden versteckten, sie bei der Flucht unterstützten oder, wie manche Angehörige der Polizei, gefälschte Pässe ausstellten. Auch der orthodoxe Erzbischof von Athen, Damaskinos Papandreou, nahm viele Juden unter seinen Schutz. Nur wenige Hundert der schätzungsweise 4.000 bis 7.000 Juden in Athen ließen sich in den folgenden Monaten überhaupt registrieren. Unter diesen Umständen entschieden Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst, am 24. und 25. März 1944 eine große Verhaftungsaktion durchzuführen. Zusammen mit Verbänden der Wehrmacht und mit Kollaborateuren aus der griechischen Polizei spürten sie etwa 800 Juden auf, die sich in der Stadt versteckt hielten. Am 2. April 1944 wurden sie zusammen mit den zuvor registrierten Juden über Larissa nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Der Transport erreichte das Vernichtungslager am 11. April 1944.

Opfergruppen

Etwa 1.900 Juden wurden im April 1944 von Athen aus in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. 1.300 von ihnen stammten aus Athen, die anderen 600 aus den Regionen Preveza, Arta, Agrinio und Patras. Sie waren zuvor von den deutschen Besatzungsbehörden in das Durchgangslager Chaidari im Nordwesten Athens verschleppt worden.
Insgesamt wurden während des Holocaust etwa 59.000 Juden aus Griechenland ermordet.

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Im April 1941 marschierte die Wehrmacht in das Königreich Griechenland ein. Das Land wurde zwischen dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten Italien und Bulgarien aufgeteilt. Die anschließende Plünderung der Landwirtschaft und der wenigen industriellen Anlagen des Landes verursachte im Winter 1941/42 eine Hungersnot, die vermutlich über 100.000 Griechen das Leben kostete. In der deutschen Besatzungszone bestimmten Raub, öffentliche Misshandlungen, Verhaftungen, Mord und Zwangsarbeit den Alltag der Juden. Zwischen dem 15. März und Mitte August 1943 organisierte ein SS-Sonderkommando – von den örtlichen Militärverwaltungen unterstützt – 19 Transporte mit etwa 46.000 Juden von Saloniki in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Treblinka. Bereits Anfang März hatten die Behörden im bulgarischen Besatzungsgebiet, der griechischen Provinz Thrakien, über 4.000 Juden verhaftet, die die SS daraufhin nach Treblinka verschleppte. Im Herbst 1943 – nach der Kapitulation Italiens – rückte die Wehrmacht in die italienisch besetzte Zone Griechenlands ein. Im März 1944 deportierte die SS auch die dort ansässigen über 8.500 Juden – aus Athen, Ioannina oder von der Insel Rhodos – nach Auschwitz-Birkenau, deren Auslieferung Italien verweigert hatte. Die Zahl der ermordeten griechischen Juden liegt bei etwa 59.000. Das deutsche Besatzungsregime führte zu einer immer stärkeren griechischen Widerstandsbewegung, die 1943/44 von der Wehrmacht durch zahlreiche, brutale Übergriffe, Vergeltungsaktionen und Massenerschießungen bekämpft wurde. Ganze Dörfer, wie zum Beispiel Kalavrita und Distimo, wurden ausgelöscht. Insgesamt fanden wahrscheinlich über 100.000 griechische Zivilisten den Tod. Bereits während der deutschen Besatzung, ab 1944, hatten sich rechte, königstreue und linke, kommunistische Gruppierungen in Griechenland bekämpft. Diese Auseinandersetzung wurde von 1946 bis 1949 in einem Bürgerkrieg fortgeführt. Die siegreiche – von Großbritannien und den USA unterstützte – Rechte verfolgte einen strikt antikommunistischen Kurs. Um einem drohenden Wahlsieg der Linken zuvorzukommen, putschte sich 1967 das Militär an die Macht und regierte das Land in den folgenden sieben Jahren. Erst nach der Aufnahme Griechenlands in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 1981 kam es zur Anerkennung auch des linken Widerstandes im Zweiten Weltkrieg und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1990/91 schließlich zur Überwindung des gespaltenen Gedenkens und zu einer Aufarbeitung des Bürgerkriegs 1946–1949. Die griechische Gedenkkultur ist heute in weiten Teilen noch immer durch das Gedenken an den Widerstand gegen die Deutschen dominiert. Inschriften beziehen die Bezeichnung »Holocaust« nicht selten auf den Mord an der Zivilbevölkerung, beispielsweise als »Holocaust von Kalavrita«. Das Gedenken an die Ermordung von 85 Prozent der griechischen Juden blieb lange Zeit den jüdischen Gemeinden überlassen. In Saloniki, der Stadt mit der früher größten Gemeinde, stand bis 1997 auf dem jüdischen Friedhof das einzige Denkmal zur Erinnerung an den Holocaust. Mit den Feierlichkeiten anlässlich der Ernennung zur Europäischen Kulturhauptstadt 1997 errichtete die Stadt an zentraler Stelle ein Holocaustdenkmal, das 2005 an eine andere Stelle umgesetzt wurde. 2010 wurde auch in Athen ein neues Holocaustdenkmal enthüllt. Ein Holocaustmuseum in Saloniki, an dem sich auch die Bundesrepublik Deutschland mit zehn Millionen Euro beteiligt, ist im Bau.

Erinnerung

Heute gibt es in der griechischen Hauptstadt eine größere jüdische Gemeinde mit mehreren Tausend Mitgliedern. In den 1950er Jahren errichtete sie ein Holocaustdenkmal auf dem neuen Jüdischen Friedhof im Vorort Nikea. Das über die Jüdische Gemeinde hinaus kaum bekannte Denkmal aus Marmor erinnert an alle griechischen Opfer des Holocaust. Auf der zentralen Stele sind die Zahlen der Deportierten und der Ermordeten aus den größeren jüdischen Gemeinden Griechenlands eingraviert.
Nach jahrelangen Bemühungen der Jüdischen Gemeinde konnte im Mai 2010 mit Unterstützung der Stadt ein weiteres Holocaustdenkmal mitten im Stadtzentrum errichtet werden. Das Werk der griechisch-amerikanischen Künstlerin DeAnna Maganias befindet sich in einem Garten in der Nähe einer Synagoge, in der während der Besatzungszeit Athener Juden festgehalten wurden. Das Denkmal ist eine Anordnung von Steinen in Form eines Davidsterns. Auf den Steinen sind die Namen griechischer Orte eingraviert, deren jüdische Gemeinden im Holocaust zerstört wurden.

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105 53 Athen