Seit 1988 bietet das Schwule Museum in Berlin-Kreuzberg Einblicke in verschiedene Facetten homosexuellen Lebens in Vergangenheit und Gegenwart. Die Dauerausstellung informiert auch über die Verfolgung von Homosexuellen in der Zeit des Nationalsozialismus.
Geschichte
Insbesondere in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin eine Stadt, in der sich homosexuelles Leben weitgehend frei entfalten konnte. Es gab zahlreiche Netzwerke, Zeitschriften und Lokale von Schwulen und Lesben. Homosexualität und der Umgang mit ihr spielte auch im kulturellen Leben eine große Rolle.
Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verschlechterten sich die Lebensbedingungen für Homosexuelle in Deutschland schlagartig. Bereits im Frühjahr 1933 ließen die Behörden die meisten Lokale, in denen sich Schwule und Lesben trafen, schließen. Am 6. Mai 1933 plünderten Nationalsozialisten das von Magnus Hirschfeld gegründete »Institut für Sexualwissenschaft«, große Teile der Bibliothek vernichteten sie vier Tage später bei der Bücherverbrennung am heutigen Bebelplatz.
1935 verschärften die Nationalsozialisten Paragraph 175 des Strafgesetzbuches. Dieser verurteilte Homosexualität und drohte mit Strafverfolgung homosexueller Männer. Statt als »Vergehen« wurde der sehr dehnbare Begriff »Unzucht« nunmehr als »Verbrechen« eingestuft, es drohten bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe. Der ebenfalls neu formulierte Paragraph 175a bestimmte für sogenannte erschwerte Fälle bis zu zehn Jahre Zuchthaus. Vor allem in größeren Städten verfolgte die Polizei homosexuelle oder vermeintlich homosexuelle Männer. Viele wurden bei geringstem Verdacht von ihren Nachbarn bei der Gestapo denunziert. Ungefähr 50.000 Männer verurteilten die nationalsozialistischen Gerichte nach den Paragraphen 175 und 175a. Ein Teil der Verurteilten kam in Haftanstalten, zwischen 5.000 und 15.000 Männer wurden dagegen in Konzentrationslager überstellt. Hier wurden sie als gesonderte Häftlingsgruppe mit einem rosa Winkel gekennzeichnet. Aufgrund ihrer Homosexualität wurden sie in der Regel von anderen Häftlingen gemieden.
Opfergruppen
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden über 50.000 Männer nach den Paragraphen 175 und 175a verurteilt. Mehrere tausend Schwule wurden in Konzentrationslager verschleppt. Ein großer Teil von ihnen starb in den Konzentrationslagern aufgrund von Hunger, Krankheiten und Misshandlungen oder weil sie Opfer gezielter Mordaktionen wurden.
Erfahre mehr über
Deutschland
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert.
Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar.
In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen.
Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.
Erinnerung
Seit Anfang der 1980er Jahre gab es in West-Berlin Bestrebungen ein Museum zu gründen, das die Geschichte der Homosexualität und die Lebensweise von Schwulen zum Thema haben sollte. 1986 gründete sich der »Verein der Freunde eines Schwulen Museums in Berlin e.V.«. Aufgrund dieser Initiative konnte 1987 das Schwule Museum in Berlin-Kreuzberg eingeweiht werden. Zwischen 1989 und 2013 befand es sich in einem Hinterhaus am Mehringdamm unweit von bekannten Szenelokalen. 2013 zog das Museum in die Lützowstraße im Stadtteil Tiergarten um. Mit dem Umzug, der durch öffentliche Fördergelder ermöglicht wurde, konnte auch das thematische Angebot des Museums erweitert werden. Bis in Zukunft eine neu konzipierte Dauerausstellung eröffnet wird, gibt es zahlreiche Einzelausstellungen.
Angebote
Regelmäßige Führungen, Lesungen, Konzerte, Archiv und Bibliothek, wechselnde Ausstellungen
Öffnungszeiten
Täglich außer dienstags 14.00 bis 18.00, samstags 14.00 bis 19.00