Platz des Unsichtbaren Mahnmals

Platz des Unsichtbaren Mahnmals


Der »Platz des Unsichtbaren Mahnmals« in Saarbrücken erinnert an das Schicksal der ehemaligen Gefangenen des Gestapogefängnisses im Saarbrücker Schloss. Gleichzeitig soll es an alle verfolgten und ermordeten Opfer des nationalsozialistischen Regimes erinnern.

Geschichte

Am 1. März 1935 wurde das Saargebiet offiziell in das Deutsche Reich eingegliedert. Kurz darauf mietete die Staatspolizeistelle Saarbrücken mehrere Diensträume im Nordflügel des Saarbrücker Schlosses an. In dessen Kellern richtete die Gestapo als Vorbereitung für die Festnahme politischer Gegner fünf Arrestzellen ein. Zu den ersten Verhafteten gehörten Sozialdemokraten, Kommunisten, Katholiken und Gewerkschafter. Ab 1942 waren zunehmend französische, sowjetische und polnische Zwangsarbeiter in den Zellen inhaftiert. Zeitweise mussten sich bis zu sechs Personen in einer Zelle aufhalten.
Im Oktober 1940 ordnete das badische Innenministerium an, alle Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland auszuweisen. Daraufhin wurden beinahe alle jüdischen Einwohner aus dem Saarland am 22. Oktober 1940 nach Frankreich deportiert. Die französische Vichy-Regierung ordnete ihre Internierung im Lager Gurs an. Dort wurden sie, nach Frauen und Männern getrennt, auf Holzbaracken verteilt. Aufgrund der unzureichenden Versorgung mit Nahrung und Medikamenten und der katastrophalen hygienischen Bedingungen wurden viele der internierten Menschen krank und starben innerhalb weniger Monate.

Opfergruppen

Das Schicksal der meisten Inhaftierten des Gestapogefängnisses ist unklar. Manche von ihnen verbrachten nur Stunden in den Arrestzellen, andere blieben mehrere Monate eingesperrt.
Insgesamt deportierten die Nationalsozialisten am 22. und 23. Oktober 1940 beinahe 7.000 Menschen aus Baden, der Pfalz und dem Saarland nach Frankreich. Viele der saarländischen Juden starben in Auschwitz, nachdem die SS 1942 ihre erneute Deportation von Gurs in das Vernichtungslager veranlasst hatte.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Im Jahr 1975 wurde bei Restaurierungsarbeiten in den Kellerräumen des Schlosses eine der Gestapozellen entdeckt. Häftlinge hatten in dieser durch Inschriften an den Wänden auf sich und ihr Schicksal aufmerksam gemacht. Etwa 120 französische, russische, polnische und ukrainische Personennamen konnten daraufhin entziffert werden.
Im April 1990 regte Jochen Gerz, damals Professor an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, mit einer Gruppe von Studenten die Errichtung eines unsichtbaren Mahnmals gegen Rassismus an. Als Standort für das Mahnmal wählte Gerz den Schlossplatz; ausschlaggebend dafür war dessen unmittelbare Nähe zum ehemaligen Gestapogefängnis. Im Juli 1990 entschloss sich die Projektgruppe zur Realisierung des Denkmals auf inoffiziellem Weg. Nachdem der Stadtverband Saarbrücken Kenntnis von dem Projekt erlangte, förderte er dessen offizielle Vollendung.
Der Pflasterung vor dem Schloss wurden bis April 1993 nach und nach 2.146 Pflastersteine entnommen. In jeden Stein wurde auf der Unterseite der Name eines jüdischen Friedhofs in Deutschland eingemeißelt, der Stein anschließend mit der beschrifteten Seite nach unten wieder eingesetzt. Am 23. Mai 1993 wurde das sogenannte Mahnmal gegen Rassismus in Anwesenheit des damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, der Öffentlichkeit übergeben. Ausstellungstafeln am Rande des Schlossplatzes informieren über die Entstehung und die Hintergründe des Denkmals. Bereits 1988 erarbeitete das Historische Museum Saar eine Dauerausstellung mit dem Titel »Zehn statt tausend Jahre - Die Zeit des Nationalsozialismus an der Saar 1935-1945«. Die Ausstellung wurde 2008 überarbeitet. In einem Katalog sind sämtliche gefundene Inschriften der 1975 entdeckten Gestapozelle abgebildet und übersetzt. Die restaurierte Gestapozelle gehört ebenfalls zum Ausstellungsbereich des Museums.

Öffnungszeiten

Jederzeit zugänglich

Kontakt

http://www.historisches-museum.org/

hms@hismus.de

+49 (0)681 506 450 1

Schlossplatz
66119 Saarbrücken