Denkort Bunker Valentin

Denkort Bunker Valentin


Seit Mai 2011 erinnert der »Denkort Bunker Valentin« an die Opfer des Außenlagers Bremen-Farge und sechs weiterer Lager in der Umgebung. Zwischen 1938 und 1945 wurden die Häftlinge als Zwangsarbeiter zum Bau des U-Boot-Bunkers »Valentin« und eines unterirdischen Treibstofflagers für Wehrmacht und Marine eingesetzt.

Geschichte

Die Wirtschaftliche Forschungsgemeinschaft (WiFo), eine Tarngesellschaft des Reichswirtschaftsministeriums, begann 1936 in einem Waldstück in der Nähe von Bremen-Farge mit dem Bau eines unterirdischen Treibstofflagers zur Versorgung der Wehrmacht. 1938/39 entstand ein erstes Lager, in dem die Baufirma Gottlieb Tesch für die WiFo Zwangsarbeiter unterbrachte. Im selben Jahr entstanden die »Marinegemeinschaftslager« I und II für den Bau eines Marinetreibstofflagers, in denen später auch sowjetische Kriegsgefangene inhaftiert waren. In den folgenden Jahren entstanden weitere Lager in der Umgebung: 1940 richtete die Gestapo ein Arbeitserziehungslager (AEL) in Farge ein, zudem wurden ein Kriegsgefangenen- und ein »Ostarbeiter«-Lager eingerichtet. Die meisten Häftlinge mussten auf der Baustelle des Treibstofflagers Zwangsarbeit leisten. Im Sommer 1943 begann die Organisation Todt (OT) zusammen mit regionalen Baufirmen mit dem Bau des U-Boot-Bunkers »Valentin« an der Unterweser in Farge, einer verbunkerten U-Boot-Werft. Ein Teil der Häftlinge wurde fortan auf dieser Baustelle eingesetzt. Zusätzlich wurde im Herbst 1943 ein Außenlager des KZ-Neuengamme in der Rekumer Feldmark errichtet. Allein im Außenlager Bremen-Farge waren über 2.000 Zwangsarbeiter gefangen. Sie mussten täglich mindestens zehn Stunden auf der Baustelle des Bunkers schwerste körperliche Arbeit ausführen. Die unzureichende Versorgung und die harte Arbeit führten bald zu vielen Todesfällen. Nach einem alliierten Bombenangriff am 27. März 1945, bei dem die Decke des Bunkers durchschlagen wurde, stellten die Verantwortlichen die Bauarbeiten ein, ohne dass ein U-Boot in der Werft je fertig gestellt worden wäre. Die SS räumte das Außenlager in Farge am 10. April 1945, die Häftlinge mussten zu Fuß zurück nach Neuengamme bei Hamburg marschieren. In Bremen-Farge und Umgebung gab es mindestens sieben Lager für Zwangsarbeiter. Sie wurden von alliierten Truppen in den ersten Maitagen 1945 befreit.

Opfergruppen

In den verschiedenen Lagern in der Umgebung von Farge waren bis zu 12.000 Menschen inhaftiert. Die meisten von ihnen mussten auf der Baustelle des Bunkers Zwangsarbeit leisten. Sie kamen aus allen Teilen Europas als Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge, als Zwangsarbeiter oder »Ostarbeiter«. Die Zahl der Todesopfer durch Zwangsarbeit und Lagerhaft lässt sich nur schätzen: Mindestens 1.100 Menschen starben während der Bauarbeiten. Nach der Räumung des Außenlagers Bremen-Farge und dem Marsch der Häftlinge nach Neuengamme wurden viele Häftlinge von dort auf sogenannte KZ-Schiffe in der Neustädter Bucht verschleppt und starben, als die Schiffe nach einem Bombenangriff sanken.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die Alliierten das WiFo-Gelände und den Bunker-Rohbau. Ab 1957 betrieb das deutsche Verteidigungsministerium die WiFo-Tankanlagen bis sie 1961 von der Industrieverwaltungsgesellschaft (IVG) übernommen wurden. Im Oktober 1966 eröffnete die Bundeswehr in einem renovierten Teil des Bunkers »Valentin« ein Marinematerialdepot, in dem Marineausrüstung gelagert wurde. Ebenfalls in den 1960er Jahren übernahm die Bundeswehr das Gelände des ehemaligen »Marinegemeinschaftslagers«. In den 1980er Jahren entbrannte eine Diskussion über Zwangsarbeit in Farge und die Möglichkeiten zur Gestaltung einer Gedenkstätte am Bunker. Seit 1990 können Besucher nach vorheriger Anmeldung bei der Bundeswehr eine Führung durch Teile des Bunkers bekommen; 1995 ließen Verantwortliche der Bundeswehr einen Gedenkstein für die Opfer des Außenlager Farge aufstellen. 1999 gründete sich der private Verein »Geschichtslehrpfad Lagerstraße e.V.«, der Besuchern erstmals die ehemaligen Lagergelände zugänglich machte und Führungen anbot. Der Bunker wurde 2005 unter Denkmalschutz gestellt, die Bundeswehr gab das Marinedepot im Jahr 2010 auf. Im Jahr 2009 begann das Land Bremen, den Bunker in ein Gedenkstätte umzuwandeln. Nach dem Auszug der Bundeswehr und Ausbauarbeiten am historischen Bunkergebäude, konnte am 8. Mai 2011 ein Teil des Bunkers als Gedenkstätte »Denkort Bunker Valentin« eröffnet werden. Im Gebäude gibt es eine Überblicksausstellung, Mitarbeiter führen durch den Bunker oder zu den Überresten der umliegenden ehemaligen Lager.

Angebote

Führungen

Öffnungszeiten

Nach Vereinbarung.

Kontakt

http://www.denkort-bunker-valentin.de

mail@bunkervalentin.de

+49 (0)421 696 736 70

Rekumer Siel 1
28777 Bremen