Ehemalige Landsynagoge Roth

Ehemalige Landsynagoge Roth


Seit 1998 erinnert in der ehemaligen Landsynagoge in Roth eine Gedenkstätte an das Schicksal der Juden im Landkreis Marburg-Biedenkopf während des Holocausts. Mehrere jüdische Einwohner der Gemeinde deportierte die SS 1941/42 in die Ghettos Theresienstadt und Riga.

Geschichte

Im 18. Jahrhundert befand sich im hessischen Roth, heute ein Ortsteil der Gemeinde Weimar (Lahn), ein Zentrum jüdischen Lebens. Um 1737 lebten hier 13 jüdische Familien. Bis 1870 galt der Ort als Hauptsitz der Synagogengemeinde Roth, Fronhausen und Lohra. Hier gab es neben einer Synagoge auch eine Religionsschule für die Kinder der jüdischen Familien. Um 1933 gehörten der jüdischen Gemeinde des Ortes mehr als 30 Mitglieder an. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme kam es auch in Roth zunehmend zu Übergriffen gegen die jüdischen Einwohner durch Mitglieder und Anhänger der NSDAP. Während der Novemberpogrome 1938 drangen sie in die Synagoge ein und zerstörten die Inneneinrichtung vollständig. Das Gebäude wurde jedoch nicht in Brand gesetzt, um die benachbarten Gehöfte nicht zu gefährden. Anfang 1939 zwangen die Behörden die jüdische Gemeinde zum Verkauf der Synagoge. Einwohner Roths nutzen sie daraufhin als Schreinerwerkstatt und später als Getreidespeicher. Mehrere jüdische Einwohner waren zu dieser Zeit bereits nach Südafrika und in die USA ausgewandert. 15 verbliebene jüdische Einwohner des Ortes wurden von der SS in die Ghettos Theresienstadt und Riga deportiert.

Opfergruppen

1941/1942 deportierte die SS 15 jüdische Bewohner des Dorfes in die Ghettos Theresienstadt und Riga. Keiner von ihnen überlebte den Holocaust. Drei jüdische Familien aus Roth sahen sich aufgrund der nationalsozialistischen Bedrohung gezwungen auszuwandern.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

In der Zeit von 1990 bis 1998 erfolgte in mehreren Schritten die Restaurierung des baufälligen Gebäudes der Synagoge. 1995 hatte der Kreisausschuss des Landkreises Marburg-Biedenkopf das Grundstück für einen symbolischen Betrag von der Gemeinde Weimar erworben. Der Kreisausschuss ermöglichte daraufhin die Sanierung des Innenraums der Synagoge. Dieser wurde für museale Zwecke sachgerecht umgebaut. Dabei wurden Spuren der Zerstörung von 1938 im Originalzustand belassen. 1996 wurden im Rahmen eines Schülerprojektes Teile des ehemaligen Frauenbades - der Mikwe - freigelegt. 1997 übertrug der Landkreis die Nutzung des Gebäudes dem Arbeitskreis Landsynagoge Roth. Durch die Initiative des Arbeitskreises wurde 1998 eine Gedenkstätte in den Synagogenräumen eingeweiht. Ziel des Arbeitskreises ist es, die Erinnerung an die ermordeten Juden der ehemaligen Synagogengemeinde wach zu halten und den Kontakt mit den Überlebenden zu pflegen. Der Verein gestaltete die ehemalige Synagoge zu einem Lern- und Kulturort um. Die Mitglieder des Arbeitskreises Landsynagoge Roth wurden im Jahr 2006 mit dem ersten Förderpreis Hessische Heimatgeschichte ausgezeichnet.

Angebote

Führungen, Lesungen, Zusammenarbeit mit Schulen und mit der Universität Marburg (Schreibwerkstatt, Materialangebote an Lehrer, Ausstellung von Schülerarbeiten), kulturelle Veranstaltungen zum Thema Judentum im Mittelalter

Öffnungszeiten

Mai bis September erster und dritter Sonntag im Monat 15.00 bis 17.00 und nach Absprache

Kontakt

http://www.synagoge-roth.de

info@landsynagoge-roth.de

+49 (0)6421 340 0051

Lahnstraße 27
35096 Weimar/Lahn