Neuer Jüdischer Friedhof

Nowy Cmentarz Żydowski


Der Neue Jüdische Friedhof in Lodz (polnisch: Łódź) ist, gemessen an der Zahl der Gräber, der größte jüdische Friedhof Europas. Auf dem Friedhof befinden sich etwa 180.000 Gräber, darunter das Mausoleum des Industriellen Izrael Poznański (1833-1900). Mehr als 40.000 Opfer des Ghettos Litzmannstadt wurden hier beigesetzt.

Geschichte

Lodz war zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein kleines, unbedeutendes Dorf mit weniger als 500 Einwohnern. Nur ein Jahrhundert später war es eine pulsierende Metropole mit über 600.000 Einwohnern. Die Textilindustrie verhalf der Stadt zu einem rasanten Aufschwung, überall schossen neue Fabriken aus dem Boden. Schon bald erhielt Lodz den Beinamen »Manchester des Ostens«.

Durch den industriellen Aufschwung zog Lodz viele Menschen aus verschiedenen Regionen an. Juden, Polen und Deutsche kamen in die Stadt, die Teil des Russischen Zarenreiches war. Das Zusammenleben verlief weitgehend friedlich, und für die Einwohner von Lodz entstand die Bezeichnung »Lodzermenschen«. Der polnische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Władysław Reymont (1867-1925) setzte dieser einzigartigen Mischung von Nationalitäten und Religionen in seinem Roman »Das gelobte Land« ein literarisches Denkmal.

Um der wachsenden jüdischen Bevölkerung der Stadt gerecht zu werden, wurde 1892 der Neue Jüdische Friedhof angelegt. Auf einer Fläche von 40 Hektar befinden sich rund 180.000 Gräber - mehr als auf jedem anderen jüdischen Friedhof in Europa. Das Mausoleum des Lodzer Großindustriellen Izrael Poznański ist wahrscheinlich die größte jüdische Grabstätte der Welt und die einzige, die mit Mosaiken geschmückt ist.

Außer in Warschau lebten vor dem Zweiten Weltkrieg in keiner anderen europäischen Stadt so viele Juden wie in Lodz. Die 223.000 Juden stellten ein Drittel der Bevölkerung der Textilmetropole. Kurz nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen begannen die Nationalsozialisten, für die jüdische Bevölkerung der Stadt das Ghetto Litzmannstadt zu errichten. Ab Mai 1940 durfte kein Jude mehr außerhalb des Ghettos wohnen. Zwischen 1940 und 1944 starben 43.441 Menschen im Ghetto. Sie fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem »Ghettofeld«, einem Teil des Jüdischen Friedhofs.

Opfergruppen

Im Ghetto Litzmannstadt selbst starben 43.441 jüdische Kinder, Frauen und Männer. Die weitaus größere Zahl der Juden aus dem Ghetto Litzmannstadt wurden in die Vernichtungslagern Kulmhof (polnisch: Chełmno), Auschwitz, Majdanek, Treblinka und Sobibor deportiert und zum größten Teil dort ermordet. So erlebten nur etwa 870 der einst 200.000 Juden in Verstecken die Befreiung des Ghettos durch die Rote Armee am 17. Januar 1945.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Nach dem Krieg wurde Lodz schnell zu einem Zentrum für Holocaust-Überlebende in Polen. Daher finden sich auf dem Friedhof auch einige Gräber aus dieser Zeit. Heute gibt es in Lodz nur noch eine kleine jüdische Gemeinde.

1956 wurde auf dem Friedhof ein Denkmal zum Gedenken an die Opfer des Ghettos von Lodz errichtet. Es zeigt einen glatten Obelisken, eine Menora und eine abgebrochene Eiche mit Blättern, die aus dem Baum wachsen als Symbol des Todes, insbesondere des Todes in jungen Jahren.

In den folgenden Jahren wurde der Friedhof mehr und mehr dem Verfall preisgegeben. Die Gebäude der Synagoge und der Mikwe wurden abgerissen - an die Zeit, als hier noch regelmäßig Begräbnisse stattfanden, erinnert nur noch ein bis heute erhaltenes Bestattungshaus.

Seit den 1990er Jahren werden Pflege- und Bauarbeiten durchgeführt, um den Friedhof vor dem Verfall zu retten: Das Ghettofeld wurde instandgesetzt, die Mosaiken in der inneren Steinkuppel des Poznański-Mausoleums wurden restauriert und das Bestattungshaus saniert.

Der Friedhof wurde 2015 zum historischen Denkmal erklärt. Inzwischen gibt es Bestrebungen, den Friedhof von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkennen zu lassen.

Öffnungszeiten

April bis Oktober:
Sonntag bis Donnerstag 9.00 bis 17.00
Freitag 9.00 bis 15.00
Samstag geschlossen

November bis März:
Sonntag bis Donnerstag 9.00 bis 15.00
Freitag 9.00 bis 13.00
Samstag geschlossen

Kontakt

http://kehilalodz.com/

biurogmina@kehilalodz.com

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ul. Bracka 40
91-717 Łódź