Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände

Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände


Im Jahr 2001 eröffnete das auf Initiative des Stadtrats Nürnberg errichtete »Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände«. Es zeigt die Geschichte des Nationalsozialismus und die mit ihr verbundene Geschichte des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg. Ab 1933 ließ die Führung der NSDAP auf einem riesigen Areal mehrere Repräsentationsbauten errichten, in denen die Organisation von 1933 bis 1938 jährlich ihre Reichsparteitage abhielt.

Geschichte

Die Nationalsozialisten nutzten das Gelände am Nürnberger Dutzendteich bereits 1923 für den »Deutschen Tag«, einer Versammlung rechtsradikaler und paramilitärischer Organisationen, sowie 1927 und 1929 für die Parteitage der NSDAP. Schon im 19. Jahrhundert war dieses Gelände als Naherholungsgebiet bekannt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 fand der fünfte »Reichsparteitag« in Nürnberg statt. Im Anschluss beauftragte Adolf Hitler 1934 den Architekten Albert Speer, repräsentative Gebäude zu errichten und das Gelände zum »Reichsparteitagsgelände« umzugestalten. In den folgenden Jahren entstanden mehrere riesige Gebäude und Aufmarschplätze wie die Luitpoldarena, die Große Straße und das Zeppelinfeld. Einige der geplanten Bauten, wie die Kongresshalle oder das Deutsche Stadion, wurden jedoch nie fertig gestellt. Insgesamt wurde mit dem Bau von zwölf Gebäuden begonnen, zusätzlich wurde eine Infrastruktur aufgebaut mit einer Transformatorenstation, einer SS-Kaserne, zwei Bahnhöfen und einem Zeltlager für Angehörige von SS, SA, Wehrmacht und Hitlerjugend (HJ). In der Nähe des Reichsparteitagsgeländes baute die staatliche Freizeitorganisation »Kraft durch Freude« (KdF) die so genannte KdF-Stadt, ein Gelände mit mehreren Holzgebäuden, in denen Besucher der Reichsparteitage Unterhaltungsangebote wahrnehmen konnten. Von 1933 bis 1938 fanden jährlich Reichsparteitage auf dem Gelände statt. Während des Krieges wurden auf der Baustelle des Reichsparteitagsgeländes auch Zwangsarbeiter eingesetzt. Das für HJ und andere Organisationen vorgesehene Lager wurde zum »Stalag (Mannschaftsstamm- und Straflager) XIII D Langwasser« umfunktioniert. Zwischen 1942 und 1945 bombardierten die Alliierten das Reichsparteitagsgelände mehrfach.

Opfergruppen

Das Nürnberger Reichsparteitagsgelände war von 1933 bis 1938 vor allem ein Ort der Propaganda. Die Veranstaltung des Parteitages und das Gelände dienten dem Zweck der Machtdemonstration im In- und Ausland. Ab 1939 wurden schätzungsweise 30.000 Kriegsgefangene im Lagerbereich des Reichsparteitagsgeländes, fortan »Stalag XIII D Langwasser«, untergebracht. Etwa 2.000 von ihnen mussten auf der Großbaustelle Zwangsarbeit leisten. Ab 1940 bezog die Bauleitung Natursteine auch aus den KZ-Steinbrüchen Flossenbürg, Mauthausen, Groß-Rosen und Natzweiler-Struthof, in denen KZ-Häftlinge unter mörderischen Bedingungen arbeiten mussten. 1941 und 1942 fanden am Bahnhof Märzfeld auf dem Reichsparteitagsgelände Deportationen von Juden aus Nürnberg und Umgebung statt.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Nach dem Zweiten Weltkrieg verfuhren die Alliierten und die Stadt Nürnberg auf unterschiedliche Weise mit dem insgesamt etwa 16 km² großen Gebiet. Die Luitpoldarena wurde 1958/59 wieder zu einem Park. Die Große Straße diente der US-Luftwaffe zunächst als Rollfeld, 1968 gab sie sie auf ganzer Länge frei, seitdem wird die Große Straße bis heute bei Großveranstaltungen als Parkplatz genutzt. Die Baugrube für das Deutsche Stadion lief schon während des Krieges mit Grundwasser voll, sie besteht heute in Form des Silbersees; in unmittelbarer Nähe befindet sich die Mülldeponie Silberbuck. Die Überreste des so genannten Märzfeldes wurden 1966/67 gesprengt. Dort und im Lagerbereich des Reichsparteitagsgeländes entstand der neue Stadtteil Langwasser. Das Städtische Stadion wurde nach 1945 mehrmals umgebaut und umbenannt und ist heute die Spielstätte des 1. FC Nürnberg. Vom Zeppelinfeld und seiner Tribüne sind noch Überreste vorhanden, dort finden Freiluftveranstaltungen statt. Die unvollendete Kongresshalle ging nach 1945 in den Besitz der Stadt über, 1973 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. Im Nordflügel befindet sich seit 2001 das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände.

Angebote

Ausstellung, pädagogische Angebote

Öffnungszeiten

Montag bis Freitag: 9.00 bis 18.00
Samstag und Sonntag: 10.00 bis 18.00

Kontakt

https://museen.nuernberg.de/dokuzentrum/

dokumentationszentrum@stadt.nuernberg.de

+49 (0)911 231 753 8

Bayernstraße 110
90478 Nürnberg