Nationale Gedenkstätte Gurs

Mémorial National de Gurs


Das Mémorial National de Gurs auf dem Gelände des ehemaligen Lagers in Gurs am Fuße der Pyrenäen ist heute einer von drei Orten nationalen Gedenkens an die Opfer der deutschen Besatzung und der französischen Kollaborationsregierung von Vichy. Im Frühjahr 1939 erbaut, diente das Lager zunächst als Internierungsort für Flüchtlinge aus Spanien. Seit 1940 hielten die französischen Behörden hier auch etwa 17.000 Juden fest. Mehrere tausend von ihnen wurden ab 1942 in Vernichtungslager, vornehmlich nach Auschwitz, verschleppt.

Geschichte

Am 15. März 1939 ließ das von dem Sozialisten Marx Dormoy geführte französische Innenministerium in Gurs Land beschlagnahmen, um hier ein Lager für geflohene Kämpfer des Spanischen Bürgerkriegs (1936–1939) zu errichten. Die Internierten, Anhänger der gegen General Franco unterlegenen Sozialisten sowie Basken, hatten damit gerechnet, von ihrem Nachbarland unterstützt zu werden. Sie fanden sich jedoch in Gurs hinter Stacheldraht wieder. Bis Anfang Mai 1940 hatten nahezu alle Spanier das Lager verlassen können, danach hielten sich vor allem ausländische Spanienkämpfer dort noch auf. Nach Beginn des »Westfeldzugs« der deutschen Wehrmacht im gleichen Monat und dem Vorrücken deutscher Truppen in Frankreich begannen jedoch neue Internierungen. Die französische Regierung hielt nun tausende »Unerwünschte« in Gurs fest, vor allem Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich und Österreich. Nun befanden sich auch zahlreiche Kinder im Lager. Bereits im Juni 1940 zwang die deutsche Wehrmacht Frankreich zur Kapitulation. Der Norden fiel unter deutsche Besatzung, in den südlichen Landesteilen, zu denen auch Gurs gehörte, hatte die von Deutschland abhängige Regierung von Vichy das Sagen. Mit ihrer Unterstützung verschleppten deutsche Behörden im Oktober 1940 nahezu alle Juden Badens und der Pfalz ins Innere Frankreichs: Züge der französischen Eisenbahn brachten sie ebenfalls nach Gurs. Ab August 1942 wurden dann über 3.900 Häftlinge des Lagers, überwiegend Juden, an die deutsche SS ausgeliefert. Sie verbrachte sie über Drancy bei Paris in die deutschen Vernichtungslager im besetzten Polen.
Das Lager Gurs wurde endgültig am 31. Dezember 1945 aufgelöst, nachdem es im Anschluss an die Befreiung Südfrankreichs zuletzt noch als Lager für deutsche Kriegsgefangene und französische Kollaborateure gedient hatte.

Opfergruppen

Insgesamt wurden in Gurs rund 60.000 Menschen festgehalten. Die größte Gruppe machten dabei mit 27.000 die Flüchtlinge aus Spanien bzw. ehemalige Kämpfer des Bürgerkrieges aus. Viele von ihnen kamen zwar noch 1939 frei, im Mai 1940 wurden jedoch noch einmal 3.700 Spanier in das Lager zurückgeführt. Zwischen 1940 und 1943 hielten die französischen Behörden hier auch mehr als 17.000 Juden fest. Bis zur Kapitulation der französischen Armee am 22. Juni 1940 handelte es sich dabei in erster Linie um eine Internierung »unerwünschter« Ausländer, vornehmlich jüdischer Frauen. Vielen der Festgehaltenen, unter ihnen die Philosophin Hannah Arendt, gelang es, bis Herbst 1940 noch freizukommen.
Im Oktober 1940 wurden dann über 6.500 Juden aus Baden und Pfalz nach Gurs verschleppt. Bis zum Sommer 1942 waren über 1.000 von ihnen aufgrund der schlechten Versorgung und der katastrophalen hygienischen Verhältnisse ums Leben gekommen. Zwischen August 1942 und März 1943 verließen sechs Deportationstransporte Gurs. Sie führten in das Durchgangslager Drancy bei Paris. Die über 3.900 Verschleppten waren fast ausschließlich Juden. Sie wurden von Drancy aus in die Vernichtungslager im besetzten Polen deportiert, wo die SS die überwiegende Mehrzahl von ihnen unmittelbar nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordete. Das französische Innenministerium ließ das Lager Gurs im November 1943 schließen, im April 1944 wurden jedoch 80 »Zigeuner« sowie eine Gruppe weiblicher Häftlinge aus dem Lager Brens (Département Tarn) hier interniert.
Nach der Befreiung der Region von der deutschen Wehrmacht, die seit 1942 auch den Süden Frankreich besetzt hielt, wurden in Gurs deutsche Kriegsgefangene und französische Kollaborateure interniert.

Erfahre mehr über Frankreich

Frankreich geriet nach der Niederlage seiner Armee im Juni 1940 unter deutschen Einfluss. Der Norden fiel unter deutsche Militärverwaltung, der Süden blieb zunächst unbesetzt. Im südfranzösischen Kurort Vichy wurde eine von Deutschland abhängige Regierung gebildet. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lebten etwa 300.000 Juden in Frankreich. Ihre genaue Zahl ist nicht bekannt, da die Religionszugehörigkeit in Frankreich nicht registriert wurde. Ende 1940 wurden im Norden die ersten antijüdischen Verordnungen erlassen. Der Politik der Zwangsregistrierung, Ausgrenzung und Beraubung folgten systematische Festnahmen durch die französische Gendarmerie. Vor allem Juden ohne französischen Pass gerieten ins Visier des deutschen SS- und Polizeiapparates sowie der einheimischen Behörden. Mit dem Anwachsen des französischen Widerstandes ging der deutsche Militärbefehlshaber General Otto von Stülpnagel (1878–1948) dazu über, als Abschreckung Unbeteiligte erschießen und insbesondere Juden festnehmen zu lassen. Diese Verhafteten gehörten zu den ersten, die ab März 1942 in die Vernichtungslager im besetzten Polen verschleppt wurden. Etwa 75.000 Menschen wurden in über siebzig Transporten verschleppt und ermordet. Die Mehrzahl der französischen Juden überlebte, zumeist in Verstecken im südlichen Landesteil. Krieg und Verfolgung fielen in Frankreich etwa 600.000 Menschen zum Opfer, unter ihnen 270.000 Zivilisten. Während andere Opfergruppen bis heute wenig differenziert behandelt werden, hat sich seit Ende der 1980er Jahre die Forschung zu Patienten, die in Heimen und Kliniken zu Tode kamen, verstärkt. Heute wird von bis zu 50.000 Opfern ausgegangen. In beiden Landesteilen hatte es während der Besetzung Verfolgung, Kollaboration und Widerstand gegeben. Insbesondere die Erinnerung an den Kampf der »Résistance« als Ausdruck französischer Vaterlandsliebe und das Leid der »Deportation« boten nach dem Krieg die Möglichkeit, Gegensätze zwischen Konservativen (Gaullisten) und nach Moskau ausgerichteten Kommunisten zu überbrücken. Dem entsprechen die Widmungen zahlreicher Museen und Gedenkstätten – wie das »Mémorial des Martyrs de la Déportation« (Denkmal für die Märtyrer der Deportation) in Paris aus dem Jahr 1956 und das 2005 in der KZ-Gedenkstätte Natzweiler eröffnete »Centre Européen du Résistant Déporté« (Europäisches Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers). Ab Anfang der 1990er Jahre entstanden Einrichtungen wie das Maison d’Izieu (Haus von Izieu) bei Lyon, wo an 44 verschleppte jüdische Kinder erinnert wird, die Nationale Gedenkstätte im ehemaligen Lager Gurs sowie ein Erinnerungszentrum in Oradour sur Glane – einer Ortschaft, die die SS 1944 zerstört hatte. Die zentrale Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust ist die 2005 eröffnete »Mémorial de la Shoah« im Zentrum der Hauptstadt. Mittlerweile haben mehrere französische Staatspräsidenten die Mitverantwortung des Landes für den Holocaust in Frankreich anerkannt. Die 1988 eröffnete und 2002 erweiterte Gedenkstätte in Caen, die an die Landung der Westalliierten in der Normandie 1944 erinnert, ist die meistbesuchte Gedenkstätte außerhalb von Paris. Hier finden die jährlichen nationalen Gedenkfeiern an den Sieg über das nationalsozialistische Deutschland statt. Zudem gibt es zahlreiche regionale Museen, in denen die Auseinandersetzung mit Verfolgung, Widerstand und Deportation im Mittelpunkt steht.

Erinnerung

Gurs blieb als Gedenkort lange vergessen. Der Karlsruher Oberbürgermeister ergriff 1957 gemeinsam mit dem Oberrat der Israeliten Badens die Initiative, den Häftlingsfriedhof instand zu setzen. 1961 begannen die Arbeiten, die zwei Jahre andauerten. 1980 gründete sich dann ein Freundeskreis ehemaliger Häftlinge. 1994 gestaltete der israelische Künstler Dani Karavan im Auftrag des französischen Staates eine Erinnerungsstätte; sie besteht aus mehreren großen Skulpturen aus Holz und Beton, die die Konturen der Baracken und des Lagerplatzes wiedergeben. Eine Dauerausstellung zeigt seit 2004 Dokumente und Erinnerungen zur Geschichte des Lagers.
Ein Erinnerungspfad weist einen Weg durch das Gelände.

Angebote

Pädagogische Angebote, Publikationen

Öffnungszeiten

Das ehemalige Lagergelände ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

http://www.campgurs.com

contact@campgurs.com

Mémorial du Camp de Gurs
64190 Gurs