Massengräber polnischer Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen

Masowe groby polskich ofiar hitleryzmu


Im Wald von Spengawsken erinnern 39 Massengräber und ein Gedenkstein an polnische Zivilisten, die von deutsche Einheiten ab September 1939 erschossen wurden.

Geschichte

Spengawsken (polnisch: Szpęgawsk) liegt in der Nähe von Preußisch Stargard (Starogard Gdański). Von 1920 bis 1939 gehörte der Ort zu Polen und war Teil des sogenannten Korridors, der die Provinz Ostpreußen vom Deutschen Reich trennte.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939 begann die systematische Verfolgung von Angehörigen der polnischen Oberschicht. Einheiten von SS und Volksdeutschem Selbstschutz führten im Rahmen dieser »Intelligenzaktion« Erschießungen von Tausenden Zivilisten in den eroberten Gebieten durch, um Polen als Staat auszulöschen und das Gebiet zu »germanisieren«. Bis Mai 1940 fielen insgesamt 30.000 bis 40.000 Menschen diesem Massenmord zum Opfer.
Im Wald von Spengawsken töteten vor allem einheimische Deutsche zwischen 5.000 und 7.000 Polen. Ende 1944 gruben Angehörige eines SS-Sonderkommandos viele dieser Leichen aus und verbrannten sie, um Spuren zu beseitigen. Spengawsken ist nach Piasnitz (Piaśnica) bei Danzig (Gdańsk) mit etwa 13.000 Ermordeten der Ort mit den meisten Opfern dieser ersten Hinrichtungswelle in diesem Teil Polens.

Opfergruppen

Die Gedenkanlage im Wald von Spengawsken ist den bis zu 7.000 erschossenen polnischen Zivilisten, meist Angehörigen der Oberschicht wie Lehrer und Priester, aber auch Juden sowie etwa 2.000 psychiatrischen Patienten der Heilanstalt Konradstein (Kocborowo) bei Preußisch Stargard gewidmet.

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Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Nach Kriegsende wurde eine polnische Kommission gebildet, die in den Jahren 1945 bis 1947 die Mordstätte im Wald untersuchte und dafür 32 Massengräber mit je 250 bis 450 Leichen öffnete. Die menschlichen Überreste wurden dann in Preußisch Stargard eingeäschert, und in einer nun 39 Massengräber umfassenden Gedenkanlage erneut beigesetzt. Am 24. April 1954 wurde die Gedenkanlage eingeweiht. Der zentrale Stein trägt die Inschrift: »Erde geheiligt durch das Blut von Polen, die für die Freiheit des Vaterlandes fielen«.
Heute kümmern sich vor Ort verschiedene Gruppen, wie zum Beispiel Pfadfinder, um die Pflege der Anlage.

Öffnungszeiten

Die Gedenkanlage ist jederzeit zugänglich.

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