Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden setzt sich seit seiner Eröffnung 2011 kritisch mit den Themen Krieg und Gewalt auseinander. Das Museum war zuvor bereits Armeemuseum der Nationalen Volksarmee (NVA), der Wehrmacht und der Königlich Sächsischen Armee.
Geschichte
In Dresden, Hauptstadt des Königreichs Sachsen, entstand um 1870 eine der größten Kasernenanlagen Europas. Im Norden der Stadt ließ der König Albert von Sachsen einen Komplex aus Kasernen, Lazaretten und Lagerräumen errichten, die sogenannte Albertstadt. Im Arsenal lagerten hunderte Geschütze und tausende Feuerwaffen. Auch Beutewaffen wurden hier gesammelt. 1897 wurde die Waffensammlung für das Publikum geöffnet: Die Zurschaustellung der eigenen Waffentechnik sowie in Kriegen erbeuteter Waffen war wichtiger Bestandteil der nationalen Identitätsstiftung in der militaristisch geprägten Gesellschaft des Kaiserreichs. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs blieb das inzwischen umbenannte Königlich Sächsische Armeemuseum teilweise geschlossen. Erst 1924 öffnete das Sächsische Armeemuseum wieder vollständig für Besucher. Während des Nationalsozialismus wurde das Museum von der Wehrmacht verwaltet. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 lagerte die Wehrmacht im Heeresmuseum Dresden vor allem Beutewaffen. Die starke Bombardierung durch die Alliierten im Februar 1945 überstand das Armeemuseum weitgehend unbeschadet.
Opfergruppen
Das Armee- beziehungsweise Heeresmuseum in Dresden ist ein Ort, an dem sich die verschiedenen deutschen Armeen selbst inszenierten und Krieg und Gewalt verherrlichten. Menschen kamen hier nicht zu Schaden.
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Deutschland
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert.
Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar.
In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen.
Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.
Erinnerung
Mit dem Ende des Krieges 1945 war ungewiss, ob das Armeemuseum in Dresden jemals wieder öffnen würde. Viele Ausstellungsstücke waren ausgelagert oder als Kriegsbeute abtransportiert worden. Zudem hatten die Alliierten verboten, Ausstellungen und Museen mit »militärischem Charakter« zu betreiben. Da große Teile der Dresdner Innenstadt durch die Bombardierung in Trümmern lagen, entschied sich die Stadtverwaltung dazu, das ungenutzte und unbeschädigte Arsenalgebäude als Stadthalle zu verwenden. Dort wurden Veranstaltungen, Ausstellungen und politische Versammlungen abgehalten. Nach der Staatsgründung der DDR und der Gründung der Nationalen Volksarmee (NVA) eröffnete in Potsdam 1961 erstmals eine militärgeschichtliche Sammlung der DDR. Mitte der 1960er Jahre entschied sich die Führung der NVA, in das Dresdener Arsenalgebäude umzuziehen und die Tradition des Militärmuseums unter anderen Vorzeichen fortzuführen. 1972 eröffnete das Armeemuseum Dresden nach langer Umbauphase, das ganz im Zeichen der NVA als Schützerin des Sozialismus stand.
Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 übernahm die Bundeswehr das Museum und baute es in den folgenden Jahren zum zentralen Museum der Bundeswehr aus. 2001 gewann der Architekt Daniel Libeskind den Wettbewerb für einen umfassenden Umbau des Museumsgebäudes. Libeskind erweiterte das alte Gebäude um einen Neubau, der in Keilform durch den Altbau aus dem Gebäude herausragt. Diese Dekonstruktion des alten Arsenals soll die wechselhafte Geschichte des deutschen Militärs verdeutlichen. Symbolisch unterstreicht der Keilbau die mit dem Militär verknüpften Themen von Zerstörung und Gewalt. Gleichzeitig weist die Spitze des Keils in Richtung der wiederaufgebauten Dresdner Altstadt. Nach siebenjähriger Bauzeit wurde das Militärgeschichtliche Museum der Bundeswehr im Herbst 2011 eröffnet.
Angebote
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Öffnungszeiten
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Montag: 10.00 bis 21.00
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