Stalag XVIII C »Markt Pongau«

Stalag XVIII C »Markt Pongau«


Im März 1941 begann die Wehrmacht mit dem Bau des Kriegsgefangenenlagers Stalag XVIII C »Markt Pongau«. Das Lager befand sich in Markt Pongau (heute: Sankt Johann im Pongau) im Nordwesten Österreichs nahe Salzburg. Die Kriegsgefangenen – in der Mehrheit aus Frankreich und der Sowjetunion – leisteten Zwangsarbeit in Betrieben der Umgebung und in der Landwirtschaft. An die fast 4.000 Opfer des Lagers, überwiegend sowjetische Kriegsgefangene, erinnern heute verschiedene Denkmale, Gedenktafeln und Grabsteine.

Geschichte

Im März 1941 begann die Wehrmacht mit der Errichtung eines Kriegsgefangenenlagers für etwa 10.000 Kriegsgefangene in dem Ort Markt Pongau. Das Stammlager (»Stalag«) war noch nicht fertig gestellt, als im Sommer 1941 bereits die ersten Kriegsgefangenen aus Frankreich eintrafen.
Bis Ende des Jahres 1941 stieg die Zahl der Gefangenen auf 30.000. Im so genannten »Südlager« waren vor allem Franzosen, Serben und Polen untergebracht, im etwas später errichteten »Nordlager« sowjetische Kriegsgefangene. Viele von ihnen mussten in Zelten unterkommen, da wegen der Überfüllung des Lagers nicht ausreichend Baracken vorhanden waren. Die Gefangenen leisteten Zwangsarbeit in Betrieben und in der Landwirtschaft.
Die sowjetischen Gefangenen, die die NS-Ideologie als »minderwertig« einstufte, waren im Lager besonders schlechten Bedingungen ausgesetzt. Tausende starben an Unterernährung und Krankheiten. Obwohl sie nur etwa ein Drittel der Inhaftierten im Lager ausmachten, waren unter den sowjetischen Gefangenen bei Weitem die meisten Todesopfer zu beklagen. Die Lagerleitung richtete eigens eine Grabstätte in der Nähe des Lagers ein, den so genannten »Russenfriedhof«.

Opfergruppen

Insgesamt sind etwa 4.000 Kriegsgefangene im Lager umgekommen. Die Mehrzahl, etwa 3.700, stammte aus der Sowjetunion.

Erfahre mehr über Österreich

Am 12. März 1938 rückte die deutsche Wehrmacht unter dem Jubel zahlreicher Einwohner in die Republik Österreich ein. Am folgenden Tag wurde der »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich proklamiert, das fortan »Ostmark« hieß. Einheimische Nationalsozialisten begannen umgehend mit der Verfolgung der jüdischen Minderheit und von Regimegegnern. Ab Mai 1938 besaßen die deutschen antijüdischen Gesetze auch im eingegliederten Österreich Gültigkeit. Bis Ende 1939 gelang über 126.000 Juden, meist aus Wien, die Flucht. Bereits im Herbst 1939 begannen erste Deportationen österreichischer Juden in das besetzte Polen. Bis 1945 verschleppte die SS fast 48.600 Juden aus Österreich und 16.600 weitere, die in anderen Ländern Zuflucht gefunden hatten, in den besetzten Osten, wo sie fast ausnahmslos ermordet wurden. Über 40.000 nichtjüdische Zivilisten fanden den Tod, darunter über 8.000 aus dem Burgenland verschleppte Sinti und Roma. 1945 teilten die Alliierten das Land in vier Besatzungszonen auf. Die sowjetische Besatzungsmacht errichtete ein »Befreiungsdenkmal« in Wien. Die Vertreter der provisorischen Allparteienregierung Österreichs aus Sozialisten, Kommunisten und Volkspartei nutzten dessen Übergabe am 19. August 1945, um Österreich als »das erste freie Land, das der Hitlerischen Aggression zum Opfer gefallen ist«, zu bezeichnen. Diese Haltung fand für Jahrzehnte breiten Widerhall in Politik und Bevölkerung. In den 1960er Jahren begannen allerdings heftige Auseinandersetzungen über die Beteiligung von Österreichern am Nationalsozialismus. Sie fanden bei einer Demonstration im März 1965 ihren Tiefpunkt, als ein rechtsextremer Student dem ehemaligen KZ-Häftling Ernst Kirchweger (*1898) tödliche Verletzungen zufügte. Kirchweger war das erste politische Todesopfer in Österreich nach 1945. In der Folgezeit wurden in der österreichischen Öffentlichkeit vermehrt Stimmen laut, die vor einer Verharmlosung der Jahre 1938 bis 1945 warnten. Mehrfach erschütterten Skandale um politisch Verantwortliche und deren Vergangenheit das Land, so während der »Waldheim-Debatte« zwischen 1986 und 1992. Der Vorwurf, der österreichische Bundespräsident und ehemalige UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim (1918–2007) sei an Kriegsverbrechen auf dem Balkan beteiligt gewesen, spaltete das Land. Waldheim konterte, er habe »wie hunderttausend andere Österreicher« lediglich seine Pflicht getan. Erst Anfang der 1990er gestand der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (*1937) eine österreichische Mitschuld am Holocaust ein. Bereits 1963 nahm das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands seine Arbeit auf, das die Geschichte des Holocaust und den Rechtsextremismus in Österreich untersucht sowie eine kleine Ausstellung zeigt. Die 1970 in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eröffnete Dauerausstellung blieb für lange Zeit fast die einzige zur Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich. 1983 beschloss der Wiener Gemeinderat, ein »Mahnmal gegen Krieg und Faschismus« zu errichten. Das durch den Bildhauer Alfred Hrdlicka (*1928) entworfene Erinnerungszeichen wurde 1991 eingeweiht, das »Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa« folgte 2000. Zeichen des staatlichen Umdenkens in Österreich sind Gesetze zur Entschädigung geraubten Eigentums, Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter sowie eine Historikerkommission, die zwischen 1998 und 2003 den Vermögensentzug während des Nationalsozialismus untersuchte. 2009 wurden ehemalige Deserteure der Wehrmacht juristisch rehabilitiert, 2014 ein Denkmal für sie eingeweiht.

Erinnerung

Verschiedene Denkmäler, Gedenktafeln und Grabsteine auf dem Ortsfriedhof und auf dem so genannten »Russenfriedhof« erinnern heute an die Opfer des Kriegsgefangenenlagers. Auf dem »Russenfriedhof« liegt die Mehrzahl der Opfer begraben. Mahnmale erinnern dort an 3.600 Gefangene, davon 3.542 aus der damaligen UdSSR.
Für die Gedenkstätte ist die Gemeinde Sankt Johann im Pongau, das österreichische Innenministerium und die Kriegsgräberfürsorge »Schwarzes Kreuz« zuständig. Auch einzelne Personen im Ort und Schülerinitiativen engagieren sich seit Jahrzehnten dafür, die Erinnerung an die Geschichte des Lagers und seine Opfer wach zu halten.

Öffnungszeiten

Die Denkmale auf dem Ortsfriedhof sind jederzeit zugänglich.

Kontakt

https://www.erinnern.at/gedaechtnisorte-gedenkstaetten/katalog/stalag_xviii_c

annemarie.zierlinger@sbg.at

+43 (0) 6412 5747


5600 Sankt Johann im Pongau