Mahnmal zur Erinnerung an die deportierten badischen Juden

Mahnmal zur Erinnerung an die deportierten badischen Juden


Das Mahnmal in Neckarzimmern erinnert an das Schicksal der badischen Juden. Am 22. Oktober 1940 deportierte die SS jüdische Einwohner aus 137 badischen Gemeinden nach Frankreich. Die französische Vichy-Regierung ordnete daraufhin ihre Internierung im Lager Gurs an. Viele der badischen Juden starben in Auschwitz, nachdem die SS 1942 ihre erneute Deportation von Gurs in das Vernichtungslager veranlasst hatte.

Geschichte

1940 wurden alle Juden aus Elsaß und Lothringen in den von der Kollaborationsregierung in Vichy kontrollierten Teil Frankreichs abgeschoben. Für die Verwaltung der beiden Provinzen waren die Gauleiter der angrenzenden Reichsgaue Baden und Saar-Pfalz, Robert Wagner und Josef Bürckel, zuständig. Im Zusammenhang mit dieser Abschiebung beschlossen sie die Juden aus den Regionen Baden und Saar-Pfalz ebenfalls in den von der Vichy-Regierung regierten Teil Frankreichs zu deportieren. Die Deportationen waren nicht von der deutschen Reichsregierung in Berlin angeordnet worden; vielmehr erfolgten sie auf eigene Initiative der beiden Gauleiter unter strengster Geheimhaltung. Die so genannte »Wagner-Bürckel-Aktion« wurde am 22. und 23. Oktober 1940 durchgeführt und war eine der ersten Deportationen von Juden aus dem Deutschen Reich überhaupt. An diesen beiden Tagen forderten Angehörige der Gestapo die jüdischen Einwohner aus den Regionen Baden und Saar-Pfalz dazu auf, sich innerhalb einer Stunde mit wenig Gepäck auf öffentlichen Plätzen einzufinden. Von hier wurden sie zu Lastwagen und Bussen getrieben und weiter zu größeren Bahnhöfen transportiert. Für die Weiterfahrt in Richtung Frankreich standen insgesamt neun Züge bereit. Die französischen Behörden waren im Vorfeld nicht informiert worden. Als »Wehrmachtstransporte« getarnt konnten die Züge unbehelligt die Frankreich teilende Demarkationslinie passieren. Als die Vichy-Regierung erfuhr, dass es sich um deutsche Juden handelte, beschloss sie ihre Internierung im Lager Gurs nahe der spanischen Grenze. Das Lager war mit der Aufnahme der etwa 7.000 Menschen vollkommen überfordert. In Gurs wurden sie, nach Frauen und Männern getrennt, auf Holzbaracken verteilt. Aufgrund der unzureichenden Versorgung mit Nahrung und Medikamenten und der katastrophalen hygienischen Bedingungen wurden viele der internierten Menschen krank und starben innerhalb weniger Monate.

Opfergruppen

Etwa 6.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer aus dem Reichsgau Baden wurden in das Internierungslager Gurs deportiert. Aus dem ehemaligen Gau Saar-Pfalz wurden mehr als 1.000 Juden dorthin deportiert. Wie viele von ihnen aufgrund der Zustände in Gurs starben ist nicht bekannt. Als die Nationalsozialisten die »Endlösung der Judenfrage« beschlossen, ordnete der für Frankreich zuständige »Judenreferent« Theodor Dannecker im August 1942 die Deportation der in Gurs befindlichen Juden nach Auschwitz an. Unter den Deportierten befanden sich viele der badischen Juden.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Das Mahnmalprojekt entstand in Zusammenarbeit zwischen der Abteilung Jugendpastoral der Erzdiözese Freiburg und dem Evangelischen Amt für Kinder- und Jugendarbeit der Landeskirche Baden. Es wurde am 23. Oktober 2005 eingeweiht und befindet sich auf dem Gelände der Tagungsstätte der Evangelischen Jugend in Neckarzimmern. Das Betonfundament des sternenförmigen Denkmals ist etwa 25 mal 25 Meter groß. Es gilt als das einzige Mahnmal in Baden, das an die Deportation aller badischen Juden erinnert. Das Mahnmal unterliegt einer ständigen Veränderung: Geplant ist, verschieden gestaltete Steine aller 137 Gemeinden Badens, aus denen jüdische Einwohner deportiert wurden, am Denkmal aufzustellen.

Angebote

Rundbrief der Arbeitsstelle Frieden

Öffnungszeiten

Jederzeit zugänglich

Kontakt

https://www.mahnmal-neckarzimmern.de/

globales-lernen@kja-freiburg.de

+49 (0)761 514 4154

Steige 50
74865 Neckarzimmern