Gedenktafel für die »Réseau Alliance« an der Europabrücke
Gedenktafel für die »Réseau Alliance« an der Europabrücke
Mit den Gedenktafeln auf der Kehler und auf der Straßburger Seite der Europabrücke wird an die getöteten Mitglieder der französischen Widerstandsgruppe »Réseau Alliance« erinnert.
Geschichte
Die Widerstandsgruppe »Réseau Alliance« wurde 1940 in Frankreich gegründet. Kurz zuvor hatte die deutsche Wehrmacht den nördlichen Teil des Landes besetzt. Die Gruppe gehörte der französischen Widerstandsbewegung, der Résistance, an. Die Mitglieder der »Réseau Alliance« konnten aufgrund ihrer Positionen in Militär und Wirtschaft des Landes wichtige Informationen über deutsche Truppenbewegungen und deren Bewaffnung sammeln. Die Informationen gaben sie an die Führungsstäbe der Alliierten und der Exilregierung unter der Führung von Charles de Gaulle weiter. Etwa 3.000 Männer und Frauen gehörten der »Réseau Alliance« an. Als Decknamen benutzten sie Tiernamen, ihre Organisation wurde daher von den deutschen Abwehrstellen »Arche Noah« genannt. Die Mitglieder der Widerstandsgruppe halfen dabei, gezielte Anschläge auf die deutschen Besatzer zu verüben. Aufgrund ihrer Erfolge ließ der militärische Nachrichtendienst der Wehrmacht die Mitglieder der »Réseau Alliance« verstärkt verfolgen. Die ersten Verhaftungen nahmen die deutschen Abwehrstellen in Dijon und Straßburg im Frühjahr 1944 vor. Von den Hunderten verhafteten Frauen und Männern der »Réseau Alliance« blieben nur wenige am Leben. Nach ihrer Ergreifung wurden sie in verschiedenen Gefängnissen und Konzentrationslagern inhaftiert. Gegen sie wurden Gerichtsverfahren eingeleitet; der Reichskriegsgerichtshof III in Freiburg verhängte in den meisten Fällen die Todesstrafe. Als die Alliierten bei ihrem Vormarsch immer größere Erfolge erzielten, ließ die Abwehr im November 1944 in den so genannten »Blutwochen im Schwarzwald« alle noch nicht verurteilten Mitglieder der Widerstandsgruppe ohne Gerichtsverfahren ermorden.
Opfergruppen
Zwischen September 1944 und Januar 1945 wurden insgesamt 439 Mitglieder der Widerstandsgruppe »Réseau Alliance« in Konzentrationslagern und an verschiedenen Orten in Süddeutschland verurteilt und hingerichtet. Allein im September 1944 starben im KZ Natzweiler-Struthof 107 Frauen und Männer der »Réseau Alliance« durch Genickschuss oder Erhängen. Am 23. November 1944 wurden in Kehl neun Widerstandskämpfer von der SS erschossen und ihre Leichen anschließend in den Rhein geworfen.
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Deutschland
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert.
Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar.
In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen.
Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.
Erinnerung
Die Gedenktafel und die Stele befinden sich auf je einer Seite der Frankreich und Deutschland verbindenden »Europabrücke«. Die Gedenktafel auf der Kehler Seite wurde 1996 auf Betreiben der »Kehler Ärzteinitiative« errichtet. Sie erinnert an die neun Mitglieder der Widerstandsgruppe, die am 23. November 1944 in Kehl erschossen wurden. Die Stele auf der französischen Seite der Europabrücke erinnert an die in Kehl und Bühl ermordeten Widerstandskämpfer und nennt die Namen von den am 24. November 1944 in Rastatt erschossen zwölf Opfern. Seit 2005 sind beide Gedenkorte Teil des zur grenzüberschreitenden Landesgartenschau Kehl/Straßburg geschaffenen »Weges der Versöhnung« und des »Weges der Erinnerung und der Menschenrechte«. Sie stehen im »Garten der zwei Ufer/Jardin des deux Rives«, den die beiden Städte ebenfalls zur Landesgartenschau angelegt haben.