Mahnmal Gleis 17 – Berlin Grunewald

Mahnmal Gleis 17 – Berlin Grunewald


Am westlichen Stadtrand von Berlin befindet sich der S-Bahnhof Grunewald. Von diesem Bahnhof aus fuhren von Herbst 1941 bis vermutlich Frühjahr 1942 Deportationszüge mit Berliner Juden in Ghettos und Vernichtungslager im Osten. Das von der Deutschen Bahn initiierte Mahnmal Gleis 17 erinnert an die Deportationstransporte der Deutschen Reichsbahn.

Geschichte

Am 18. Oktober 1941 begannen das Reichssicherheitshauptamt in Zusammenarbeit mit dem Reichsverkehrsministerium damit, Juden aus Berlin zu deportieren. An diesem Tag verließ ein Sonderzug der Deutschen Reichsbahn mit mehr als 1.000 Berliner Juden den Bahnhof Grunewald. Ziel dieses ersten Transportes war das Ghetto Lodz. Polizei und SS hatten zuvor den Transport in einem jüdischen Sammellager, das sich in der Synagoge in der Levetzowstraße im Bezirk Moabit befand, zusammengestellt. Die meisten der Männer, Frauen und Kinder trieben sie daraufhin zu Fuß nach Grunewald. Bis März 1945 folgten insgesamt mehr als 180 weitere Transporte aus Berlin in Ghettos sowie ab August 1942 auch auf direktem Weg in Vernichtungslager. Ab 1942 fuhren Deportationszüge auch vom Anhalter Bahnhof und vom Güterbahnhof Moabit ab. Die Planung der Deportationen oblag dem Reichssicherheitshauptamt, für die Durchführung waren die örtlichen Staatspolizeileitstellen zuständig. Bei den Deportationen waren die nationalsozialistischen Behörden auf die Zusammenarbeit mit der Deutschen Reichsbahn angewiesen. Bestanden die Sonderzüge anfangs noch aus älteren Personenzügen, stellte die Reichsbahn ab 1942 vermehrt Güterwaggons für die Deportationen zur Verfügung. Die »Beförderung« der Juden stellte die Bahn der jüdischen Gemeinde in Rechnung - pro gefahrenen Kilometer vier Pfennig für Erwachsene und zwei Pfennig für Kinder über vier Jahren.

Opfergruppen

Über 50.000 Juden starben nach Deportationen aus Berlin. Viele Transporte endeten in den Ghettos Theresienstadt, Minsk, Riga, Kaunas und Lodz. Ab Juli 1942 gingen mehrere Transporte mit Berliner Juden direkt nach Auschwitz-Birkenau und in andere Vernichtungslager. Etwa 500 Juden aus Städten und Gemeinden in der Umgebung der Hauptstadt wurden ebenfalls von Berlin aus deportiert.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Bereits Ende der 1980er Jahre wurde auf Initiative des Landes Berlin ein Wettbewerb für ein Mahnmal zur Erinnerung an die vom Bahnhof Grunewald abgehenden Deportationen ausgeschrieben. Es gewann der Entwurf des polnischen Künstlers Karol Broniatowski. Das Mahnmal – ein 18 Meter langer Betonblock mit darin eingelassenen schemenhaften Umrissen Deportierter - konnte 1991 am historischen Ort eingeweiht werden. Im Zuge der kritischen Auseinandersetzung mit der Funktion der Reichsbahn in der Zeit des Nationalsozialismus beschloss der Vorstand der Deutschen Bahn die Errichtung eines zentralen Denkmals. Den dazu ausgeschriebenen Wettbewerb gewann das Architektenteam »Hirsch, Lorch und Wandel«. Seit 1998 erinnert am S-Bahnhof Grunewald das von ihnen konzipierte Denkmal Gleis 17 an die Deportationstransporte der Reichsbahn von 1941 bis 1945. 186 Stahlgussobjekte, die für die Anzahl der aus Berlin abgehenden Transporte stehen, sind in den Schotter entlang des Gleises 17 eingebettet. Auf ihnen steht das jeweilige Datum des Transports, die Anzahl der Deportierten und die Route der Deportation. Außerdem wurden die ehemaligen Verladerampen auf der Länge von etwa 160 Meter nachgebaut.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich

Kontakt

https://www.deutschebahn.com/de/konzern/geschichte/mahnmal-1187914

oeffentlichkeitsarbeit@deutschebahn.com

Am Bahnhof Grunewald 1
14193 Berlin