Mahnmal für Roma und Sinti - »Zigeunerlager« Lackenbach

Mahnmal für Roma und Sinti - »Zigeunerlager« Lackenbach


In Lackenbach, einem Dorf im Südosten Österreichs nahe der Grenze zu Ungarn, richtete die SS im November 1940 ein »Zigeuner-Anhaltelager« ein. Zeitweise waren bis zu 2.350 Roma und Sinti im Lager zusammengepfercht. Die Mehrzahl von ihnen kam später im Ghetto Lodz oder in den deutschen Vernichtungslagern im besetzten Polen ums Leben. Am 6. Oktober 1984 konnte auf Initiative des Kulturvereins österreichischer Roma ein Mahnmal für die Opfer des Lagers Lackenbach eingeweiht werden.

Geschichte

Das »Zigeuner-Anhaltelager« Lackenbach war das größte Sammellager für Sinti und Roma in Österreich zwischen 1940 und 1945. Die SS richtete es im November 1940 auf dem Gelände eines ehemaligen Gutshofs ein. Das Lager und seine Verwaltung unterstanden der Kriminalpolizeileitstelle (Kripo) in Wien. In Lackenbach waren überwiegend Roma aus dem Burgenland inhaftiert, hinzu kamen Sinti aus anderen Teilen Österreichs und aus Süddeutschland. Bereits im Frühjahr ließ die Kripo Wien massenhaft Menschen in das Lager einweisen, oftmals ganze Familien. So befanden sich im Herbst 1941 etwa 2.350 Frauen, Männer und Kinder in Lackenbach. Die Häftlinge mussten bei Bauern und Firmen in der Umgebung Zwangsarbeit leisten und waren Misshandlungen durch die Lagerleitung ausgesetzt. Die extrem schlechten Lebensbedingungen – keine sanitären Einrichtungen und mangelnde Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln – führten zu einer Flecktyphusepidemie, an der zwischen 250 und 300 Menschen starben.
Die Mehrzahl der insgesamt etwa 4.000 Lagerhäftlinge verschleppte die SS zwischen 1941 und 1943 in das Ghetto Lodz oder in die deutschen Vernichtungslager im besetzten Polen.
Im April 1945 befreite die sowjetische Armee die Überlebenden des Lagers.

Opfergruppen

Von den insgesamt mehr als 4.000 Roma und Sinti, die zwischen 1940 und 1945 im Lager festgehalten wurden, kam über die Hälfte ums Leben.
Im Lager Lackenbach selbst starben mehr als 230 Häftlinge. Etwa 2.000 verschleppte die SS in zwei Transporten in das Ghetto Lodz, wo die meisten von ihnen starben. Die wenigen, die das Ghetto überlebten, wurden im Vernichtungslager Kulmhof (polnisch: Chełmno) ermordet. 1943 ließ die SS weitere etwa 400 Menschen nach Auschwitz-Birkenau verschleppen.

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Am 12. März 1938 rückte die deutsche Wehrmacht unter dem Jubel zahlreicher Einwohner in die Republik Österreich ein. Am folgenden Tag wurde der »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich proklamiert, das fortan »Ostmark« hieß. Einheimische Nationalsozialisten begannen umgehend mit der Verfolgung der jüdischen Minderheit und von Regimegegnern. Ab Mai 1938 besaßen die deutschen antijüdischen Gesetze auch im eingegliederten Österreich Gültigkeit. Bis Ende 1939 gelang über 126.000 Juden, meist aus Wien, die Flucht. Bereits im Herbst 1939 begannen erste Deportationen österreichischer Juden in das besetzte Polen. Bis 1945 verschleppte die SS fast 48.600 Juden aus Österreich und 16.600 weitere, die in anderen Ländern Zuflucht gefunden hatten, in den besetzten Osten, wo sie fast ausnahmslos ermordet wurden. Über 40.000 nichtjüdische Zivilisten fanden den Tod, darunter über 8.000 aus dem Burgenland verschleppte Sinti und Roma. 1945 teilten die Alliierten das Land in vier Besatzungszonen auf. Die sowjetische Besatzungsmacht errichtete ein »Befreiungsdenkmal« in Wien. Die Vertreter der provisorischen Allparteienregierung Österreichs aus Sozialisten, Kommunisten und Volkspartei nutzten dessen Übergabe am 19. August 1945, um Österreich als »das erste freie Land, das der Hitlerischen Aggression zum Opfer gefallen ist«, zu bezeichnen. Diese Haltung fand für Jahrzehnte breiten Widerhall in Politik und Bevölkerung. In den 1960er Jahren begannen allerdings heftige Auseinandersetzungen über die Beteiligung von Österreichern am Nationalsozialismus. Sie fanden bei einer Demonstration im März 1965 ihren Tiefpunkt, als ein rechtsextremer Student dem ehemaligen KZ-Häftling Ernst Kirchweger (*1898) tödliche Verletzungen zufügte. Kirchweger war das erste politische Todesopfer in Österreich nach 1945. In der Folgezeit wurden in der österreichischen Öffentlichkeit vermehrt Stimmen laut, die vor einer Verharmlosung der Jahre 1938 bis 1945 warnten. Mehrfach erschütterten Skandale um politisch Verantwortliche und deren Vergangenheit das Land, so während der »Waldheim-Debatte« zwischen 1986 und 1992. Der Vorwurf, der österreichische Bundespräsident und ehemalige UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim (1918–2007) sei an Kriegsverbrechen auf dem Balkan beteiligt gewesen, spaltete das Land. Waldheim konterte, er habe »wie hunderttausend andere Österreicher« lediglich seine Pflicht getan. Erst Anfang der 1990er gestand der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (*1937) eine österreichische Mitschuld am Holocaust ein. Bereits 1963 nahm das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands seine Arbeit auf, das die Geschichte des Holocaust und den Rechtsextremismus in Österreich untersucht sowie eine kleine Ausstellung zeigt. Die 1970 in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eröffnete Dauerausstellung blieb für lange Zeit fast die einzige zur Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich. 1983 beschloss der Wiener Gemeinderat, ein »Mahnmal gegen Krieg und Faschismus« zu errichten. Das durch den Bildhauer Alfred Hrdlicka (*1928) entworfene Erinnerungszeichen wurde 1991 eingeweiht, das »Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa« folgte 2000. Zeichen des staatlichen Umdenkens in Österreich sind Gesetze zur Entschädigung geraubten Eigentums, Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter sowie eine Historikerkommission, die zwischen 1998 und 2003 den Vermögensentzug während des Nationalsozialismus untersuchte. 2009 wurden ehemalige Deserteure der Wehrmacht juristisch rehabilitiert, 2014 ein Denkmal für sie eingeweiht.

Erinnerung

Die Gebäude des ehemaligen »Zigeunerlagers« Lackenbach wurden in den 1970er Jahren abgerissen und das Gelände zum Teil mit Einfamilienhäusern überbaut.
Erst die Initiative des Kulturvereins Österreichischer Roma erwirkte die Errichtung eines Mahnmals für die im Lager umgekommenen Sinti und Roma. Die Einweihung fand am 6. Oktober 1984 statt.
Das von dem Architekten Matthias Szauer geschaffene Mahnmal befindet sich unweit des historischen Lagergeländes. Lange Zeit war es das einzige größere Denkmal in Österreich, das den während des Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Roma und Sinti gewidmet war.
Das Mahnmal trägt die Inschrift: »Sie mussten leiden und sterben nur weil sie anders waren. Hier stand in der Zeit von 1940 – 1945 das von den Nationalsozialisten errichtete Zigeunerlager. Hier starben hunderte unter Qualen und Entbehrungen. Von hier aus wurden einige Tausend Zigeuner in Vernichtungslager deportiert. Gewidmet vom Land Burgenland.«

Öffnungszeiten

Das Mahnmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

http://www.kv-roma.at

office@kv-roma.at

+43 (0)1 310 642 1

Ecke Ritzinger Straße/ Bergstraße
7322 Lackenbach