Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus Itzehoe

Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus


Das Mahnmal in Itzehoe ist 1946 als erstes Denkmal Nordeuropas für die für die Opfer des Nationalsozialismus eingeweiht worden. Das auf Initiative des ungarischen Juden Gyula Trebitsch errichtete Bauwerk wurde 1957 innerhalb von Itzehoe an einen weniger prominenten Platz versetzt. Erst 1995 wurde es erneut zentral und sichtbar am ursprünglichen Standort aufgestellt.

Geschichte

Der Anteil an Juden in der Bevölkerung Itzehoes war wie im Rest Holsteins sehr gering. In Itzehoe lebten 1933 nur wenige jüdische Familien, die fast alle kaufmännisch aktiv waren. Während der nationalsozialistischen Herrschaft war Itzehoe kein unbedeutender Ort. Neben der Verfolgung und Entrechtung jüdischer Bürger und politischer Gegner diente die Stadt als Stützpunkt für Wehrmachtseinheiten. Zudem wurden Zwangsarbeiter aus Polen, Russland, anderen besetzten sowjetischen Ländern und Italien in örtlichen Fabriken eingesetzt, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten. Außerdem wurde in der ehemaligen Hanseaten-Kaserne in Itzehoe 1939 das sog. Oflag X A/Z eingerichtet. In diesem wurden bis 1939 vor allem polnische Offiziere, aber auch Offiziere anderer Nationen als Kriegsgefangene inhaftiert. Im näheren Umkreis befand sich ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme, in dem Häftlinge unter anderem für die Rüstungsindustrie ausgebeutet wurden.

Opfergruppen

Von elf in Itzehoe lebenden Juden deportierte die SS sechs und ermordete sie in Konzentrationslagern in den besetzten Ostgebieten. Fünf der Itzehoer Juden konnten in den 1930er Jahren auswandern und sich so vor dem Holocaust retten.
Einige der Zwangsarbeiter, die in der Region unter sklavenähnlichen Bedingungen arbeiteten, starben hier.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Das Mahnmal wurde 1946 von dem aus Ungarn stammenden Holocaust-Überlebenden und Filmemacher Gyula Trebitsch und weiteren Überlebenden initiiert. Trebitsch wurde von amerikanischen Soldaten aus dem KZ Wöbbelin befreit und kam zur medizinischen Behandlung nach Itzehoe. Als Vorsitzender der kleinen jüdischen Gemeinde Itzehoes von etwa 44 Mitgliedern setzte er sich für ein Mahnen und Gedenken aller Opfer des Nationalsozialismus ein. Der Hamburger Architekt Johann Friedrich »Fritz« Höger, der besonders in den 1930er Jahren in den Nationalsozialismus verstrickt war, hat das Denkmal entworfen. Es wurde auf den Malzmüllerwiesen in Itzehoe errichtet und war eines der ersten Denkmäler dieser Art in Deutschland. In den Jahren nach der Einweihung nahm die öffentliche Aufmerksamkeit jedoch stark ab. Zudem wurde das Denkmal in Teilen der Bevölkerung vermehrt abgelehnt. 1957 wurde es schließlich im Auftrag der Stadtverwaltung in einen abgelegenen Stadtpark versetzt und geriet weitgehend in Vergessenheit.

Erst in den späten 1980er-Jahren begann eine Debatte über die erneute Versetzung an den ursprünglichen Standort. Gyula Trebitsch und weitere engagierte Personen trieben dies voran. 1995 kehrte das Mahnmal durch die Bemühungen von Bürgern und Institutionen an seinen ursprünglichen Platz zurück, wo es von Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis feierlich erneut eingeweiht wurde.

2017 erfolgte eine umfassende Sanierung des Bauwerks. Im Jahr 2021 wurde anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Mahnmals eine Hinweistafel aufgestellt, die dessen Geschichte und Bedeutung erläutert. Der gebürtige Itzehoer Journalist und Autor Michael Legband veröffentlichte zum Jubiläum des Denkmals 2022 ein Buch über Erinnerungskultur in Itzehoe. Das Denkmal wird aktiv durch lokale Initiativen wie die Arbeitsgemeinschaft Mahnen, aber auch das Sophie-Scholl-Gymnasium Itzehoe für Gedenkveranstaltungen genutzt, um der Opfer zu Gedenken und die Erinnerung wachzuhalten.

Angebote

Gedenkeranstaltungen

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

Breitenburger Str. 22
25524 Itzehoe