Denkmal für die Opfer des Ghettos

Pomnik Eksterminacji Ludności Żydowskiej


In der ostpolnischen Großstadt Lublin erinnert ein Denkmal an die Juden der Stadt, die während der deutschen Besatzung von der SS zunächst in ein Ghetto gezwungen und ab 1942 in den Vernichtungslagern ermordet wurden.

Geschichte

Die Großstadt Lublin ist eine der ältesten Städte Polens und liegt im Osten des Landes. Die Stadt existiert seit dem frühen Mittelalter, bereits ab dem 15. Jahrhundert siedelten sich hier auch Juden an. Lublin wurde zu einem wichtigen Zentrum für Kultur und Handel. Nach einem Brand im 16. Jahrhundert wurde die Stadt im Stil der Renaissance wiederaufgebaut. Zu dieser Zeit wuchs Lublin auch zu einem wichtigen Zentrum jüdischer Kultur heran, in der Stadt gab es eine berühmte Jeschiwa, eine Talmudschule. Im 19. und 20. Jahrhundert entstanden in Lublin, das bis zur Unabhängigkeit Polens 1918 zu Russland gehörte, viele jüdische Vereine, Organisationen und politische Parteien.
Vor dem deutschen Einmarsch in Polen 1939 lebten in der Stadt etwa 40.000 Juden bei einer Gesamteinwohnerzahl von 122.000. Die jüdische Gemeinde von Lublin war damit eine der größten im Vorkriegspolen. Nach der Besetzung der Stadt mussten die Lubliner Juden Zwangsarbeit leisten und wurden von den Besatzern terrorisiert. Die Führung des SS beschloss im Distrikt Lublin ein Lager einzurichten, in das alle Juden aus dem Generalgouvernement und dem Deutschen Reich deportiert werden sollten. Tausende wurden Richtung Lublin verschleppt, bis die Deutschen das Vorhaben 1941 aufgaben. Im März 1941 mussten etwa 34.000 Lubliner Juden in ein Ghetto umziehen. Von Lublin aus koordinierte der SS- und Polizeiführer die »Aktion Reinhardt«, die die Ermordung aller Juden im Generalgouvernement in Vernichtungslagern zum Ziel hatte. Die SS löste das Lubliner Ghetto im Frühjahr 1942 auf und ermordete die Juden im Vernichtungslager Belzec. Die wenigen übriggebliebenen Juden wurden im Herbst 1942 im Konzentrationslager Majdanek, das sich in einem Vorort von Lublin befand, ermordet.

Opfergruppen

Mindestens 34.000 Juden aus Lublin kamen in den Vernichtungslagern während der »Aktion Reinhardt« ums Leben. Nur wenige hundert Juden aus Lublin überlebten.

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Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Einige überlebende Juden kehrten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach Lublin zurück. Sie gründeten eine jüdische Gemeinde, die bis in die 1970er Jahre bestand. Danach zerfiel die Gemeinde. Heute leben nur noch wenige Juden in der Stadt. 1963, am 20. Jahrestag der Auflösung des Ghettos errichtete die jüdische Gemeinde ein Denkmal zu Erinnerung an die Opfer des Ghettos. Es besteht aus schwarzem Granit und hat die Form eines jüdischen Grabsteins. Am Fuße des Denkmals sind Orte angegeben, an denen Juden aus der Region Lublin ermordet wurden. Die Widmung des Denkmals lautet: »Ehre der ewigen Erinnerung der polnischen Bürger jüdischer Nationalität aus der Woiwodschaft Lublin, die durch die Hitlerfaschisten in den Jahren des Zweiten Weltkrieges bestialisch ihres Lebens beraubt wurden«. Die Widmung wird ergänzt durch ein Zitat auf Polnisch und Jiddisch aus dem »Großen Gesang vom ausgerotteten jüdischen Volk« des Dichters Jizchak Katzenelson (1886-1944): »All meine Toten such ich […] in jedem Haufen Asche« (Übersetzung nach Wolf Biermann).
Das Denkmal stand bis 2006 auf dem »Plac Ofiar Getta« (deutsch: »Platz der Ghettoopfer«), danach wurde es wegen geplanter Bauarbeiten innerhalb des Stadtzentrums umgesetzt. Die Umsetzung bleibt umstritten.

Öffnungszeiten

Das Denkmal und die Gedenktafel ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

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