Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück

Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück


Im brandenburgischen Ravensbrück ließ die SS das größte Frauenkonzentrationslager auf deutschem Boden errichten. Die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück zeigt in verschiedenen Ausstellungen die Geschichte des Lagers und erinnert vor allem an das Schicksal der zehntausenden Frauen, die im KZ Ravensbrück inhaftiert waren und Zwangsarbeit leisten mussten.

Geschichte

Bei Ravensbrück, etwa neunzig Kilometer nördlich von Berlin ließ ab November 1938 das Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA) der SS ein Konzentrationslager für weibliche Häftlinge errichten. Fortan war das KZ Ravensbrück das einzige große Frauen-KZ auf deutschem Boden. Die ersten Häftlinge waren etwa 1.000 Frauen aus dem KZ Lichtenburg. Bis zur Jahreswende 1939/40 hatte die SS um die 2.000 Frauen aus den von der Wehrmacht besetzten europäischen Ländern in Ravensbrück inhaftiert. Drei Jahre später befanden sich bereits über 10.500 Häftlinge im Lager.
Im April 1941 wurde dem Frauen-KZ ein Männerlager angegliedert, das von der SS als Nebenlager des KZ Sachsenhausen geführt wurde. Ab dem Sommer 1942 entstand in unmittelbarer Nähe das »Jugendschutzlager Uckermark« für »asozial kriminalisierte« Mädchen und junge Frauen.
Viele der im Lager eintreffenden Frauen leitete die SS in die zahlreichen Nebenlager des KZ Ravensbrück zur Zwangsarbeit um. Das WVHA verlieh arbeitsfähige Häftlinge gegen Bezahlung an Rüstungsunternehmen, aber auch in zur SS gehörenden Betrieben mussten die Frauen Zwangsarbeit verrichten. In Ravensbrück arbeiteten sie im lagereigenen »Industriehof« in Werkstätten zur Textil- und Lederverwertung, aber auch als Erntehelfer in der Landwirtschaft.
Ab 1942 setzte die SS Frauen aus dem KZ Ravensbrück in einigen Konzentrationslagern als Zwangsprostituierte ein. Nach mehrmonatigem Einsatz kehrten die meisten Frauen körperlich und seelisch geschädigt nach Ravensbrück zurück.
Aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate unter den Häftlingen beschloss die SS 1943 den Bau eines Krematoriums. Anfang des Jahres 1945 errichtete die SS zusätzlich eine Gaskammer neben dem Krematorium, in der sie mehrere tausend Häftlinge ermordete.
Ende April 1945 befreite die Rote Armee etwa 3.000 im KZ zurückgelassene kranke Häftlinge. Zuvor hatte die SS tausende gehfähige Häftlinge auf einen Todesmarsch in Richtung Nordwesten geschickt.

Opfergruppen

Zwischen 1939 und 1945 waren annähernd 132.000 Frauen und Kinder und etwa 1.000 Mädchen des »Jugendschutzlagers Uckermark« im KZ Ravensbrück registriert. Zu den Inhaftierten gehörten politische Gefangene, Zeugen Jehovas, Kriminelle und Kriminalisierte, Jüdinnen, Sinti und Roma, »Asoziale« und Kriegsgefangene.
Die Häftlinge stammten aus mehr als zwanzig Ländern. Die größte Gruppe im KZ bildeten polnische Frauen. Es war aber auch eine hohe Anzahl deutscher, russischer und ukrainischer sowie jüdischer Frauen in Ravensbrück und seinen Nebenlagern inhaftiert.
Im Männerlager Ravensbrück befanden sich von 1941 bis 1945 schätzungsweise 20.000 Gefangene.
1944/45 verschleppte die SS Häftlinge aus den evakuierten Lagern östlich der Oder nach Ravensbrück. Etwa 6.000 dieser Gefangenen ließ die SS in Ravensbrück ermorden und im Krematorium verbrennen.
Viele der Häftlinge starben aufgrund der katastrophalen hygienischen Bedingungen im Lager. Vor allem in der letzten Kriegsphase brachen immer öfter Seuchen unter den Gefangenen aus.
Mehr als hundert Frauen starben an den Folgen medizinischer Experimente, die ab Sommer 1942 im KZ Ravensbrück von SS-Ärzten durchgeführt wurden.
Geschätzt wird, dass insgesamt 28.000 Frauen und Männer im KZ Ravensbrück, seinen Nebenlagern und auf den Todesmärschen vom April 1945 ums Leben kamen.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Nach Kriegsende nahm die Rote Armee das Gelände des KZ Ravensbrück in Besitz.
1959 wurde in Ravensbrück die nach Buchenwald (1958) zweite offizielle Nationale Mahn- und Gedenkstätte der DDR eingeweiht. Aus dieser Zeit stammt das am Ufer des Schwedtsees errichtete Mahnmal »Tragende« des Bildhauers Willi Lammert.
Seit 1. Januar 1993 gehört die Gedenkstätte Ravensbrück zur Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Es folgte eine Umgestaltung des von der offiziellen DDR-Ideologie geprägten Gedenkortes. Das »Museum des antifaschistischen Widerstandskampfes« in der ehemaligen Kommandantur ersetzten die Mitarbeiter der Gedenkstätte durch zwei neue Dauerausstellungen. Weitere drei Gedenkräume kamen hinzu. Thematisch behandeln sie die Geschichte der nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 in Ravensbrück Inhaftierten, die Geschichte der jüdischen Häftlinge sowie die der Sinti und Roma im KZ Ravensbrück.
Bis 1993/94 war das ehemalige Lagerareal aufgrund der Nutzung durch das sowjetische Militär nicht zugänglich. Seit dem Truppenabzug erfolgt nach und nach die Rekonstruierung des Geländes und seiner noch erhaltenen Gebäude. So wurden in mehreren Etappen der Industriehof, Teile des Barackenlagers, das Gelände der Siemens-Betriebsstätte und das ehemalige »Jugendschutzlager Uckermark« den Besuchern zugänglich gemacht.
Eines der ehemaligen Aufseherinnenhäuser in der früheren SS-Wohnsiedlung wurde denkmalgerecht saniert. Dort zeigt die Mahn- und Gedenkstätte seit 2004 eine Ausstellung zum weiblichen SS-Personal des KZ Ravensbrück. Zwei Jahre später kam eine weitere Ausstellung zur Geschichte des Zellenbaus hinzu.
Seit 2002 gehört zur Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück eine internationale Jugendbegegnungsstätte.

Angebote

Sonder- und Wechselausstellungen, Bibliothek, Archiv, historisch-politische Bildungsangebote, Seminar- und Projektangebote der Internationalen Jugendbegegnungsstätte für ein- und mehrtägige Aufenthalte in Ravensbrück

Öffnungszeiten

Mai bis September täglich 9.00 bis 20.00, Oktober bis April täglich 9.00 bis 17.00

Kontakt

http://www.ravensbrueck.de

info@ravensbrueck.de

+49 (0)33093 608-0

Straße der Nationen
16798 Fürstenberg/Havel