In der belarussischen Kleinstadt Mir erinnern drei Denkmäler an über 2.500 Juden, die dort zwischen dem Sommer 1941 und dem 13. August 1942 von den Deutschen und ihren einheimischen Helfern ermordet worden sind.
Mir, etwa 85 Kilometer südwestlich von Minsk an den Ufern der Miranka gelegen, wurde 1395 gegründet. Juden lebten dort ab dem 17. Jahrhundert. 1921 machten Juden etwa die Hälfte der 4.000 Einwohner von Mir aus. In der Zwischenkriegszeit gehörte Mir zu Polen, wurde aber im Herbst 1939 infolge des Hitler-Stalin-Pakts sowjetisch. Am Vorabend des deutschen Angriffs befanden sich viele jüdische Flüchtlinge aus dem von Deutschen besetzten Teil Polens in der Stadt.
Die deutsche Wehrmacht besetzte Mir am 26. Juni 1941, vier Tage nach ihrem Überfall auf die Sowjetunion. Wenige Tage später ließen die Deutschen eine lokale Hilfspolizei aufstellen, mit deren Hilfe sie die jüdischen Einwohner enteigneten und zwangen, Kennzeichnung zu tragen.
Am 20. Juli 1941 erschossen deutsche Einheiten 19 Juden, vor allem Intellektuelle.
Bei einer Massenerschießung am 9. November 1941 ermordeten die Deutschen und ihre einheimischen Helfer den Großteil der jüdischen Bevölkerung. Die Hilfspolizisten trieben die Juden aus ihren Häusern zum Marktplatz oder erschossen sie direkt in den Straßen. 85 Juden wurden als Fachkräfte aussortiert und weggesperrt. Die übrigen Juden erschossen sie zum Teil direkt auf dem Marktplatz oder trieben sie zu anderen Erschießungsstätten, etwa am jüdischen und tatarischen Friedhof der Stadt. Etwa 800 Juden blieben von der »Aktion« verschont. Sie mussten wenige Tage später in ein Ghetto umziehen, das im Mai 1942 in den Schloss Mir verlegt wurde. Die Lebensbedingungen waren dort wesentlich schlechter, jedoch schützen die Mauern auch vor den willkürlichen Übergriffen der Hilfspolizisten. Am 10. August 1942 wagte eine im Ghetto neu gegründete Widerstandsgruppe einen Ausbruch, bei dem bis zu 300 Personen die Flucht gelang. Alle im Schloss zurückgebliebenen Juden wurden ermordet. Die jüdische Gemeinde von Mir war ausgelöscht.
Am 20. Juli 1941 ermordeten deutsche Einheiten etwa 19 Juden.
Am 9. November 1941 ermordeten Mitglieder der Ortskommandantur des unweit von Mir gelegenen Stolbtsy (belarussisch: Stoŭbcy) unterstützt von lokalen Hilfspolizisten etwa 1.500 Juden und damit den Großteil der jüdischen Bevölkerung von Mir.
Im Mai 1942 wurde das zuvor unbewachte Ghetto in wenige Räume des Stadtschlosses verlegt und die Juden dort auf engstem Raum eingesperrt. Trotz der miserablen Umstände bildete sich eine Widerstandsgruppe. Im Sommer 1942 erfuhren sie von Oswald (auch: Shmuel) Rufeisen (1922 – 1998), der sich als Volksdeutscher mit dem Namen Josef Oswald tarnte und für die Deutschen als Übersetzter arbeitete, dass die Vernichtung des Ghettos kurz bevorstehe. Viele Ghettoeinwohner waren nicht in der Lage zu fliehen oder misstrauten Rufeisen, am 10. August 1942 flohen dennoch 150 bis 300 Juden in die Wälder. Dort versuchten sie sich Partisanengruppen anzuschließen, was jedoch nicht gelang. Etwa 65 Juden wurden von der deutschen Gendarmerie und ihren Helfern an den folgenden Tagen wieder gefasst. An der Verfolgung nahmen auch örtliche Zivilisten teil. Nur etwa 40 überlebten den Krieg. Unter ihnen war auch Rufeisen, der sich in Mir versteckt hielt.
Wenige Tage später, am 13. August 1942 ermordeten Mitglieder der deutschen Gendarmerie und ihre Helfer alle etwa 560 im Ghetto zurückgebliebenen Juden im Wäldchen Jablonowtschina unweit der Stadt.
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Die Rote Armee eroberte Mir am 26. Juni 1944 zurück. Sowjetische und polnische Gerichte verurteilten nach dem Krieg mehrere Mitglieder der lokalen Hilfspolizei, die die Deutschen bei Mordaktionen unterstützt hatten.
Zwei der bekannten ehemaligen Massenerschießungsstätten befinden sich in der Nähe des berühmten Schlosses Mir. 1966 und 1967 wurde an diesen Orten jeweils ein Obelisk aufgestellt.
Einen Kilometer südöstlich von Mir befindet sich seit 1966 ein weiteres Denkmal im Wäldchen Jablonowtschina, wo die Opfer der letzten Massenerschießung im Sommer 1942 liegen.
Oswald Rufeisen, mit dessen Hilfe um die 200 Juden aus dem Ghetto hatten fliehen können, überlebte den Krieg im Versteck bei einer Nonne. Er konvertierte zum Katholizismus und zog nach dem Krieg nach Polen, um sich dort zum Priester ausbilden zu lassen. In den 1960ern Jahren wanderte er nach Israel aus. Bis zu seinem Tod 1998 lebte er als Mönch bei den Karmelitern und war Priester einer katholischen Gemeinde in Haifa. 1992 versammelten sich die Überlenden des Ghettos in Mir, um sich bei Rufeisen persönlich zu bedanken. Er wurde auch in Buch und Film gewürdigt, so produzierte die israelische Gedenkstätte Yad Vashem einen Dokumentarfilm über sein Leben. Die russische Schriftstellerin Ljudmila Ulizkaja lehnte ihre Hauptfigur ihres Romans »Daniel Stein« an die Person Rufeisens an. 2002 erhielt die Nonne Jelisaweta Bartikowa, die Rufeisen versteckt hatte, die israelische Auszeichnung »Gerechte unter den Völkern«.
Heute hat die Stadt etwa 2.300 Einwohner, aber eine jüdische Gemeinde gibt es nicht mehr. Ein privates Museum – von Viktor Sakel betrieben – berichtet über die jüdische Vergangenheit des Ortes.
In Mir gibt es vier Friedhöfe, jeweils einen jüdischen, einen christlich-orthodoxen, einen katholischen und einen tatarischen. Obwohl viele Grabsteine des jüdischen Friedhofs während und nach dem Zweiten Weltkrieg entwendet wurden, sind noch über hundert dort erhalten.
Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.
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rkimble@uoregon.edu
Uliza Tankistow
231444 Mir