Jüdisches Zentrum Oświęcim

Centrum Żydowskie w Oświęcimiu


In der polnischen Kleinstadt Oświęcim (deutsch: Auschwitz) war vor dem Zweiten Weltkrieg eine große jüdische Gemeinde beheimatet. Seit 2000 erinnert das Jüdische Zentrum Oświęcim an sie, aber auch allgemein an alle jüdischen Opfer des Holocaust. Das Jüdische Zentrum befindet sich nur etwa zwei Kilometer vom ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz entfernt.

Geschichte

Die polnische Kleinstadt Oświęcim (deutsch: Auschwitz) liegt im Süden Polens nahe Krakau. Jahrhundertelang lag die Stadt im Grenzgebiet zwischen deutschem und polnischem Einflussgebiet. So wechselte auch der Ortsname mehrfach zwischen dem polnischen und dem deutschen Namen. Aufgrund ihrer Lage an den Ufern der Sola (polnisch: Soła) bekam Oświęcim im Mittelalter das Stadtrecht verliehen und wuchs zu einer wichtigen Handelsstadt heran. Juden lebten hier bereits seit dem frühen Mittelalter. Im 19. Jahrhundert, als dieser Teil Polens zum Habsburgerreich gehörte, wurde Oświęcim ein wichtiges kulturelles Zentrum für das regionale Judentum. Stetig wuchs die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder, mehrere Synagogen entstanden. Nach dem Ersten Weltkrieg, nunmehr wieder zu Polen gehörend, wuchs die Stadt rasant. 1939 lebten etwa 14.000 Menschen in der Stadt, über die Hälfte von ihnen waren Juden.
Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht im September 1939 begannen die Besatzer sofort Maßnahmen gegen Juden zu ergreifen: Viele mussten ihre Geschäfte schließen oder an Nichtjuden verkaufen. Einige Juden versuchten zu fliehen. Die Nationalsozialisten zerstörten alle Synagogen der Stadt, bis auf eine, die als Materiallager weiter genutzt wurde. Ab Februar 1940 mussten einige hundert Juden aus Oświęcim Zwangsarbeit leisten, zum Teil beim Aufbau des Konzentrationslagers Auschwitz. Später mussten alle Juden in ein bestimmtes Stadtviertel umziehen. Etwa 600 Juden aus Oświęcim deportierte die SS im Oktober 1940 in Arbeitslager. Alle noch in der Stadt verbliebenen Juden vertrieb die SS im April 1941 aus dem Ort und trieb sie in Ghettos der umliegenden Orte Sosnowitz (polnisch: Sosnowiec), Bendsburg (polnisch: Będzin) und Krenau (polnisch: Chrzanów). Von dort aus wurden sie in Vernichtungslager deportiert, unter anderem nach Auschwitz.

Opfergruppen

Beinahe alle Juden aus Oświęcim, sowie jüdische Flüchtlinge, die sich dort aufhielten, wurden durch die Nationalsozialisten deportiert und ermordet. Insgesamt kamen etwa 8.000 Juden aus Oświęcim während des Holocaust um.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es in Oświęcim keine jüdische Gemeinde mehr. Der Ort, an dem sich das bekannteste Vernichtungslager der Nationalsozialisten befand, wurde zum weltweiten Symbol für die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Es war weit weniger bekannt, dass es in der Stadt Oświęcim eine lebendige jüdische Gemeinde gegeben hatte. 1995 gründete eine amerikanische Initiative eine Stiftung zur Errichtung eines jüdischen Kulturzentrums in Oświęcim. Das einzige erhalten gebliebene jüdische Gotteshaus, die Chewra-Lomdei-Meshnajot-Synagoge, wurde restauriert und wieder eingerichtet. Seit 2000 zeigt das Jüdische Zentrum Oświęcim Geschichte und Kultur der Oświęcimer Juden sowie wechselnde Ausstellungen. Das Museum ist ein Ableger des 1997 geöffneten »Museum of Jewish Heritage« (deutsch: Museum für jüdisches Erbe) in New York. Es unterhält auch ein Begegnungs- und Bildungszentrum mit internationalem Anspruch.

Angebote

Bildungsprogramme für Jugendliche und Erwachsene; Lesungen, Konferenzen und Seminare zur jüdischen Geschichte, Kultur, Religion, zu politischen Themen und zum Holocaust.

Öffnungszeiten

Oktober bis März 10.00 bis 17.00
April bis September 10.00 bis 18.00
An Samstagen und jüdischen Feiertagen geschlossen

Kontakt

http://www.ajcf.pl

info@ajcf.pl

+48 (0)510 781 199

Plac ks. Jana Skarbka 5
32-600 Oświęcim