Emaillewarenfabrik Oskar Schindlers

Fabryka Emalia Oskara Schindlera


Das 2010 eröffnete Museum » Emaillewarenfabrik Oskar Schindlers«, kurz Schindlerfabrik, informiert über die Zeit der deutschen Besatzung Krakaus 1939–1945 sowie über die Geschichte der Rettung von über 1.000 Juden durch den Unternehmer Oskar Schindler (1908–1974).

Geschichte

Krakau (polnisch: Kraków) war bis 1596 Hauptstadt des Königreichs Polen. Juden lebten dort seit dem 12. Jahrhundert. Viele Juden lebten zudem in Kazimierz, das 1867 von Krakau eingemeindet wurde. In dieser Zeit gehörte Krakau zu Österreich-Ungarn, galt aber als Zentrum der polnischen Unabhängigkeitsbewegung. Eine Minderheit der Juden gehörte zur bürgerlichen Oberschicht, während die Mehrheit traditionell lebte und unter sich blieb, vor allem in Kazimierz.
1918 wurde Krakau Teil des unabhängigen Polen. Nach dem deutschen Angriff wurde Krakau bereits am 6. September 1939 besetzt. Im Oktober richteten die Besatzer in Zentralpolen das Generalgouvernement, eine Art Kolonie des Deutschen Reiches, ein, dessen Hauptstadt Krakau wurde. Generalgouverneur Hans Frank residierte in der alten polnischen Königsburg Wawel.
Juden wurden von Anfang an verfolgt. Von den etwa 60.000 Juden Krakaus ließ Frank 1940 etwa 43.000 abschieben. Im März 1941 mussten die Juden in ein Ghetto im Stadtviertel Podgórze umziehen. Die Lebensbedingungen dort waren katastrophal. 1942 ermordete die SS bei mehreren »Aktionen« mehr als 10.000 Juden aus dem Ghetto im Vernichtungslager Belzec mit Giftgas. Im März 1943 wurde das Ghetto aufgelöst; ein Teil ermordete die SS in Auschwitz, während die Arbeitsfähigen ins nahegelegene Konzentrationslager Plaszow (polnisch: Płaszów) verschleppt wurden.
Der Unternehmer Oskar Schindler kam 1939 nach Krakau und kaufte eine Emaillewarenfabrik auf. Dort ließ er jüdische Zwangsarbeiter beschäftigen, die er jedoch menschlich behandelte. Auf dem Fabrikgelände ließ er ein Außenlager des KZ Plaszow einrichten. Durch List und Bestechung gelang es ihm, mehrere hundert Juden in Sicherheit zu bringen. Als 1944 klar wurde, dass alle noch in Krakau lebenden Juden ermordet werden sollten, ließ Schindler seine Fabrik ins böhmische Brünnlitz (tschechisch: Brněnec) verlegen. Um möglichst viele Leben zu retten, ließ er bei der Zusammenstellung der Transportliste auch falsche Eingaben eintragen. Insgesamt 1.100 Juden entkamen auf diese Weise dem Tod, darunter Alte und Kinder.

Opfergruppen

Während des Krieges blieb Krakau weitgehend von Kampfhandlungen verschont, aber die Verluste an Menschenleben waren dennoch immens. Hans Frank ließ eine mörderische Terrorherrschaft errichten; Krakau sollte eine deutsche Stadt werden, dafür wurden Polen unterdrückt und ausgebeutet sowie Juden der Vernichtung preisgegeben. Fast alle 60.000 Krakauer Juden wurden durch die deutschen Besatzer ermordet. Tausende Polen wurden hingerichtet oder in Konzentrationslager überstellt, vor allem Angehörige der Oberschicht. Bereits im November 1939 ließ Frank 183 Krakauer Professoren verhaften und in die Konzentrationslager Sachsenhausen und Dachau verschleppen. Auch die materiellen Verluste waren in Krakau sehr hoch, viele geraubte Kulturgüter sind bis heute verschollen.
Oskar Schindler gelang es im Herbst 1944, 801 Männer und 297 Frauen auf seine Liste zu setzen und sie nach Brünnlitz (tschechisch: Brněnec) zu bringen. Sie wurden im Mai 1945 durch die Rote Armee befreit.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Die durch Oskar Schindler geretteten Juden setzten sich nach Kriegsende für seine öffentliche Anerkennung als Retter ein. 1962 wurde Schindler in der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem geehrt, während er in Deutschland weitgehend unbekannt blieb und finanzielle Schwierigkeiten hatte. Nach seinem Tod 1974 ließ er sich in Israel bestatten.
Die Geschichte der Rettung der »Schindlerjuden« wurde 1993 durch Steven Spielbergs Film »Schindlers Liste« weltberühmt. Der Film löste in Krakau einen Tourismusboom aus: Hunderttausende Besucher wollen seither jährlich die Spuren jüdischen Lebens in Krakau entdecken, vor allem im Stadtteil Kazimierz.
2005 kaufte die Stadt Krakau das Gelände der ehemaligen Emaillewarenfabrik Schindlers auf. Das dreistöckige Verwaltungsgebäude im Stadtteil Podgórze blieb im Gegensatz zum Außenlager erhalten. 2010 eröffnete im Gebäude das Museum » Emaillewarenfabrik Oskar Schindlers«, ein Ableger des Historischen Museums Krakau. Die interaktive und multimediale Dauerausstellung hat nicht so sehr die Geschichte von Oskar Schindler, sondern vielmehr die deutsche Besatzung Krakaus 1939–1945 insgesamt zum Thema. Der Besucher soll einen Eindruck vom Kriegsalltag bekommen, sowohl der polnischen Bevölkerung als aus auch der ins Ghetto gesperrten Juden. Weitere Themen sind unter anderem die polnische Widerstandsbewegung, das Konzentrationslager Plaszow sowie die Befreiung der Stadt im Januar 1945.

Angebote

Daueraustellung, Sonderausstellungen, Gruppen- und Individualführungen, thematische Führungen und Spaziergänge, Vorträge, Workshops

Öffnungszeiten

Montags 10.00 bis 14.00, dienstags bis sonntags 10.00 bis 18.00

Kontakt

https://muzeumkrakowa.pl/oddzialy/fabryka-emalia-oskara-schindlera

fabrykaschindlera@muzeumkrakowa.pl

+48 (0)12 257 00 96

ul. Lipowa 4
30-702 Kraków