KZ-Gedenkstätte Mauthausen

KZ-Gedenkstätte Mauthausen


Ab März 1938 ließ die SS ein Konzentrationslager (KZ) nahe der oberösterreichischen Gemeinde Mauthausen errichten. Insgesamt etwa 200.000 Menschen aus ganz Europa – darunter politisch Verfolgte, Kriegsgefangene und Juden – durchliefen das KZ Mauthausen bis zu dessen Befreiung Anfang Mai 1945. 1949 eröffnete auf dem Lagergelände eine Gedenkstätte. Ein Museum mit Dauerausstellung besteht seit 1970.

Geschichte

Bereits im März 1938, unmittelbar nach dem »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich, begann die SS mit der Errichtung des Konzentrationslagers Mauthausen in der Nähe eines verlassenen Steinbruchs. Im August trafen die ersten Häftlinge, Straftäter und so genannte Asoziale, aus dem deutschen Konzentrationslager Dachau ein, im Mai 1939 brachte die SS die ersten politischen Gefangenen nach Mauthausen. Nach Kriegsbeginn trafen mit dem sich ausdehnenden deutschen Herrschaftsbereich zunehmend Häftlinge aus ganz Europa in Mauthausen und dem 1940 eingerichteten Nebenlager Gusen ein. Unter ihnen waren tschechoslowakische, holländische, spanische, sowjetische und jugoslawische Kriegsgefangene und Zivilisten. Ab 1942 folgten Internierte aus Frankreich, Belgien, Griechenland und Luxemburg. Die Häftlinge leisteten Zwangsarbeit in den Mauthausener und Gusener Granitsteinbrüchen, die die SS-eigene Firma »Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH« unterhielt. 1942 fiel die Entscheidung, wegen des allgemeinen Arbeitskräftemangels Häftlinge des Mauthausen-Komplexes in die Kriegswirtschaft einzubeziehen. Ab Herbst 1943 waren Gefangene in der regionalen Rüstungsindustrie eingesetzt. An mehreren Orten der Umgebung arbeiteten sie an dem Ausbau riesiger Stollenanlagen, in denen die Flugzeug- und Raketenproduktion vor Bombenangriffen geschützt fortgeführt werden sollte.
Mit der Zunahme der Zwangsarbeit und in Folge eines dramatischen Anstiegs der Gefangenenzahlen – allein 1943 gab es etwa 21.000 Neuzugänge – entstanden bald über vierzig Nebenlager um Mauthausen. Zu den größeren gehörten die Lager in Ebensee, Gusen, Gunskirchen und Melk. Etwa 20.000 Juden aus den Lagern Auschwitz und Plaszow im besetzten Polen verschleppte die SS zwischen Mitte 1944 bis Januar 1945 zur Zwangsarbeit nach Mauthausen. Die wenigsten der überwiegend aus Ungarn stammenden Juden überlebten. Amerikanische Truppen befreiten die Lager am 5. Mai 1945.

Opfergruppen

Von den insgesamt etwa 200.000 Menschen, die Mauthausen durchliefen, kamen rund 120.000 ums Leben. Die Insassen des Mauthausen-Komplexes stammten aus ganz Europa, die größte nationale Häftlingsgruppe bildeten Polen. Mehr als 50.000 polnische Gefangene wurden nach Mauthausen verschleppt, etwa 30.000 von ihnen starben.
Die Mehrheit der Lagerinsassen fiel den schlechten Lebensbedingungen und der körperlich erschöpfenden Zwangsarbeit zum Opfer. Auch nahm die Zahl der Gefangenen ab 1943 drastisch zu. In den überfüllten Lagern – im März 1945 war mit 84.000 Insassen die Höchstzahl erreicht – brachen Typhus- und Ruhrepidemien aus. In den letzten fünf Monaten vor der Befreiung des Lagers im Mai 1945 starben allein etwa 25.000 Menschen.
Juden waren durch besonders schlechte Bedingungen noch stärker als andere Häftlingsgruppen von Hunger und Epidemien betroffen. Die Sterberate jüdischer Häftlinge lag bei über 95 Prozent.

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Am 12. März 1938 rückte die deutsche Wehrmacht unter dem Jubel zahlreicher Einwohner in die Republik Österreich ein. Am folgenden Tag wurde der »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich proklamiert, das fortan »Ostmark« hieß. Einheimische Nationalsozialisten begannen umgehend mit der Verfolgung der jüdischen Minderheit und von Regimegegnern. Ab Mai 1938 besaßen die deutschen antijüdischen Gesetze auch im eingegliederten Österreich Gültigkeit. Bis Ende 1939 gelang über 126.000 Juden, meist aus Wien, die Flucht. Bereits im Herbst 1939 begannen erste Deportationen österreichischer Juden in das besetzte Polen. Bis 1945 verschleppte die SS fast 48.600 Juden aus Österreich und 16.600 weitere, die in anderen Ländern Zuflucht gefunden hatten, in den besetzten Osten, wo sie fast ausnahmslos ermordet wurden. Über 40.000 nichtjüdische Zivilisten fanden den Tod, darunter über 8.000 aus dem Burgenland verschleppte Sinti und Roma. 1945 teilten die Alliierten das Land in vier Besatzungszonen auf. Die sowjetische Besatzungsmacht errichtete ein »Befreiungsdenkmal« in Wien. Die Vertreter der provisorischen Allparteienregierung Österreichs aus Sozialisten, Kommunisten und Volkspartei nutzten dessen Übergabe am 19. August 1945, um Österreich als »das erste freie Land, das der Hitlerischen Aggression zum Opfer gefallen ist«, zu bezeichnen. Diese Haltung fand für Jahrzehnte breiten Widerhall in Politik und Bevölkerung. In den 1960er Jahren begannen allerdings heftige Auseinandersetzungen über die Beteiligung von Österreichern am Nationalsozialismus. Sie fanden bei einer Demonstration im März 1965 ihren Tiefpunkt, als ein rechtsextremer Student dem ehemaligen KZ-Häftling Ernst Kirchweger (*1898) tödliche Verletzungen zufügte. Kirchweger war das erste politische Todesopfer in Österreich nach 1945. In der Folgezeit wurden in der österreichischen Öffentlichkeit vermehrt Stimmen laut, die vor einer Verharmlosung der Jahre 1938 bis 1945 warnten. Mehrfach erschütterten Skandale um politisch Verantwortliche und deren Vergangenheit das Land, so während der »Waldheim-Debatte« zwischen 1986 und 1992. Der Vorwurf, der österreichische Bundespräsident und ehemalige UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim (1918–2007) sei an Kriegsverbrechen auf dem Balkan beteiligt gewesen, spaltete das Land. Waldheim konterte, er habe »wie hunderttausend andere Österreicher« lediglich seine Pflicht getan. Erst Anfang der 1990er gestand der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (*1937) eine österreichische Mitschuld am Holocaust ein. Bereits 1963 nahm das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands seine Arbeit auf, das die Geschichte des Holocaust und den Rechtsextremismus in Österreich untersucht sowie eine kleine Ausstellung zeigt. Die 1970 in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eröffnete Dauerausstellung blieb für lange Zeit fast die einzige zur Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich. 1983 beschloss der Wiener Gemeinderat, ein »Mahnmal gegen Krieg und Faschismus« zu errichten. Das durch den Bildhauer Alfred Hrdlicka (*1928) entworfene Erinnerungszeichen wurde 1991 eingeweiht, das »Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa« folgte 2000. Zeichen des staatlichen Umdenkens in Österreich sind Gesetze zur Entschädigung geraubten Eigentums, Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter sowie eine Historikerkommission, die zwischen 1998 und 2003 den Vermögensentzug während des Nationalsozialismus untersuchte. 2009 wurden ehemalige Deserteure der Wehrmacht juristisch rehabilitiert, 2014 ein Denkmal für sie eingeweiht.

Erinnerung

Die sowjetischen Besatzungsbehörden übergaben das ehemalige Konzentrationslager im Juni 1947 an den österreichischen Staat, der es im Gegenzug zum »Nationaldenkmal« erklärte. 1949 eröffnete die Gedenkstätte Mauthausen, die in der Folgezeit noch zahlreiche Ausbauten und Erweiterungen erfuhr: Verschiedene Initiativen, und Organisationen von Opfergruppen ließen Denkmale errichten. Vor dem Haupttor des ehemaligen Konzentrationslagers entstand ein »Internationaler Denkmalhain«, in dem über 20 Staaten ihre eigenen nationalen Denkmale aufstellten. Zu ihnen gehören u. a. ein Denkmal des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR (1967), das der Berliner Bildhauer Fritz Cremer und der Architekt Kurt Tausendschön entwarfen sowie ein von Fritz König gestaltetes Denkmal der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 1983.
Seit 1956 ist auch der Steinbruch Teil der Gedenkstätte und ergänzt als historischer Ort die wenigen erhaltenen Gebäude des einstigen Lagers. Seit 1970 gibt es auf dem Gelände ein Museum mit Dauerausstellung und themenbezogenen Wechselausstellungen. 2003 eröffnete ein Besucherzentrum.

Angebote

Besucherzentrum mit Dauerausstellung und
Seminarräumen, Gruppenführungen auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers, Audioguides für Einzelbesucher

Öffnungszeiten

1. März bis 26. Oktober täglich 9.00 bis 17.30 (Einlass bis 16.45)
27. Oktober bis 28. Februar täglich 9.00 bis 15.45 (Einlass bis 15.00)
geschlossen vom 24. bis 26. Dezember sowie am 31. Dezember und 1. Januar

Kontakt

http://www.mauthausen-memorial.at

office@mauthausen-memorial.org

+43 (0)7238 226 90

Erinnerungsstraße 1
4310 Mauthausen