Kriegsgefangenenlager »Stalag IVB« Mühlberg/Elbe

Kriegsgefangenenlager »Stalag IVB« Mühlberg/Elbe


Nahe der brandenburgischen Kleinstadt Mühlberg an der Elbe befand sich von 1939 bis 1945 ein Kriegsgefangenenlager der deutschen Wehrmacht. Nach 1945 nutzten Organe der sowjetischen Besatzungsmacht das Lager als Spezial- und Internierungslager. Heute erinnern Denkmäler an die tausenden Opfer beider Lager.

Geschichte

Im September 1939 begann eine Pioniereinheit der deutschen Wehrmacht auf der Neuburxdorfer Flur bei Mühlberg mit der Errichtung eines »Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlagers« (M.-Stalag IVB).
Zu den ersten Kriegsgefangenen zählten ab Oktober 1939 Soldaten der polnischen Armee. Sie mussten im Winter 1939/1940 notdürftig in Zelten leben, da die Baracken noch nicht fertiggestellt waren. Ab Mai 1940 nahm das »Stalag IVB« französische, ein Jahr später serbische und sowjetische Kriegsgefangene auf. Ab 1943 wurden auch niederländische, italienische, belgische, britische und US-Soldaten in Mühlberg interniert.
Die Belegungsstärke des Lagers schwankte ständig, da die Wehrmacht die meisten Kriegsgefangenen in Arbeitskommandos einteilte und in Zweiglager verlegte. Arbeitsunfähige blieben dagegen im Lager. Das »Stalag IVB« entwickelte sich zu einem Durchgangs- und Registrierlager, da die Wehrmacht im Laufe des Zweiten Weltkrieges zehntausende Gefangene durch das Lager schleuste.
Am 1. Januar 1945 verzeichnet die Lagerstatistik 25.052 Kriegsgefangene für Mühlberg. Damit befanden sich hier mehr als doppelt so viel Kriegsgefangene als ursprünglich geplant. Die größte Gruppe bildeten zu diesem Zeitpunkt die sowjetischen Gefangenen. Diese unterlagen nicht dem Schutz der Genfer Konventionen. Besonders sie mussten unter menschenunwürdigen Bedingungen im Lager leben. Die hohe Sterblichkeitsrate unter ihnen geht auf diese Umstände zurück.
Nach der Befreiung am 23. April 1945 durch die Rote Armee wurde das Lager unter anderem für die Rückführung von »Ostarbeitern« und gefangen genommenen Angehörigen der »Wlassow-Armee« (russischer Freiwillige, die auf der deutschen Seite kämpften) genutzt. Im September 1945 übernahm die sowjetische Geheimpolizei NKWD das völlig heruntergekommene Lager, baute es aus und betrieb es bis 1948 als Speziallager Nr. 1. Über 21.000 Deutsche waren hier ohne Gerichtsurteil gefangen. Etwa 4.000 wurden in die Sowjetunion verschleppt, 6.700 starben im Lager.

Opfergruppen

Die Gesamtzahl der im »Stalag IVB« verstorbenen Kriegsgefangenen lässt sich mit annähernd 3.000 angeben.
Im sowjetischen Internierungs- und Speziallager nach 1945 starben etwa 6.700 Menschen. Der NKWD ließ ihre Leichen außerhalb des Lagers in Massengräbern verscharren.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Bereits am 5. November 1944, während das »Stalag IVB« noch bestand, wurde ein von den deutschen Militärbehörden genehmigtes Denkmal auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Neuburxdorf eingeweiht. Französische Kriegsgefangene wollten auf diese Weise an ihre verstorbenen Kameraden und an ihre Zeit in Gefangenschaft erinnern. Seit Kriegsende gilt es als Ehrenmal für alle im »Stalag IVB« verstorbenen Gefangenen.
Auf dem ehemaligen Lagergelände in Mühlberg wurde 2004 mit Unterstützung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. eine bereits bestehende Gedenkanlage erneuert. Sie erinnert an die Opfer des Speziallagers Nr. 1 des NKWD.
Im Stadtmuseum Mühlberg können sich Besucher in einer Ausstellung zur Geschichte des Lagers von 1939 bis 1948 informieren.
1991 entstand die »Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V.«, die sich durch Spenden und Fördermittel finanziert. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Namen aller Inhaftierten zu erfassen und über deren Schicksale Auskunft zu geben. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde Mühlberg ist sie verantwortlich für die Pflege des ehemaligen Lagergeländes und der Gedenkanlagen.

Angebote

Lehr- und Gedenkpfad auf dem ehemaligen Lagergelände, Organisation von Informationsveranstaltungen und Lesungen in Schulen, Museen, Bibliotheken der Region, Projektarbeit mit Schülern, Sammlung und Archivierung von Erinnerungsstücken und Texten Überlebender

Öffnungszeiten

Das ehemalige Lagergelände ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

http://www.lager-muehlberg.de/

infolager-muehlberg.de museum-muehlberg1547@lkee.de (Museum Mühlberg)

+49 (0)35342 837 000 (Museum Mühlberg)


04931 Mühlberg/Elbe