Kazerne Dossin

Kazerne Dossin


Die frühere Dossin-Militärkaserne in Mechelen (Flandern) wurde während der deutschen Besatzung Belgiens als Sammellager für Juden genutzt, um sie von hierher zu deportieren. Seit Mai 1995 gibt es hier eine Gedenkstätte und ein Museum.

Geschichte

Nachdem in Mai 1940 die deutsche Wehrmacht Belgien besetzte und eine Militärverwaltung eingerichtet wurde, entstanden auch Abteilungen, die sich um die »Judenfrage« kümmern sollten. Diese – die Sicherheitspolizei und der Sicherheitsdienst (Sipo-SD) – folgten den Anweisungen des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin. Dort leitete Adolf Eichmann die Abteilung IV B 4, die die so genannte Judenpolitik und später die »Endlösung der Judenfrage« koordinierte. »Judenreferent« der Sipo-SD in Brüssel war zwischen 1941 und 1943 Kurt Asche, danach Fritz Erdmann. Wie auch in anderen besetzten Ländern sorgten in Belgien die immer zahlreicheren Erlasse der deutschen Militärverwaltung dafür, dass die im Land lebenden Juden unterdrückt und ausgegrenzt wurden. Von Oktober 1940 bis September 1943 gaben die Besatzer achtzehn antijüdische Erlasse heraus mit dem Ziel, die spätere Deportation und Vernichtung der Juden vorzubereiten.
Ab Juli 1942 nutzte die SS die alte Dossin-Kaserne in Mechelen (Flandern) als zentrales Sammellager für Juden. Am 4. August 1942 fuhr der erste Transport aus Mechelen nach Auschwitz-Birkenau. Zunächst waren nur ausländische Juden von den Deportationen betroffen, aber ab September 1943 wurden auch die belgischen Juden verhaftet. Bis zur Befreiung Belgiens wurden insgesamt 24.916 Juden und 351 Roma und Sinti aus dem Sammellager Mechelen in die Konzentrationslager im Osten deportiert. Weniger als fünf Prozent von ihnen überlebten. Einige Juden konnten sich verstecken und im Untergrund überleben. Andere schlossen sich der Widerstandsbewegung an.

Opfergruppen

Das Museum erinnert an die 24.916 Juden und 351 Sinti und Roma, die aus dem Durchgangslager Mechelen in die Konzentrationslager im Osten deportiert wurden. Nur etwa fünf Prozent von ihnen überlebten.

Erfahre mehr über Belgien

Das neutrale Belgien wurde im Mai 1940 angegriffen und stand fortan unter deutscher Militärverwaltung. Das deutschsprachige Gebiet um Eupen-Malmedy im Osten Belgiens wurde Teil des Deutschen Reiches. Damals lebten etwa 90.000 Juden im Land, darunter viele Flüchtlinge. Im Oktober 1940 wurden die ersten antijüdischen Verordnungen erlassen. Die Verfolgungs- und Beraubungspolitik der Besatzungsmacht mündete 1942 in die Vorbereitung systematischer Deportationen. Nachdem nur wenige Juden den Aufrufen zu angeblichen Zwangsarbeitseinsätzen folgten, führte der SS- und Polizeiapparat Razzien durch. Nach einem Aufenthalt im Zwischenlager Mechelen wurden die Verhafteten in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt und dort sofort ermordet. Insgesamt fielen etwa 25.000 Juden und mehr als 350 Roma aus Belgien den Deportationen zum Opfer. Die Festung Breendonk bei Antwerpen diente ab September 1940 als Gefängnis, Auffang- und Durchgangslager, von wo vor allem politische Gegner der nationalsozialistischen Besatzer in deutsche Konzentrationslager transportiert wurden. Ende 1944 kam es im Rahmen der Ardennenoffensive im Südosten des Landes – in Lüttich und der Gegend um Malmedy – zu weitreichenden Zerstörungen mit zahlreichen zivilen Opfern, als deutsche Truppen erfolglos versuchten, die bereits bis Aachen vorgerückten Alliierten aufzuhalten. Etwa 90.000 Belgier wurden Opfer von Krieg und Besatzung. Die Mehrzahl der jüdischen Bevölkerung konnte dank der Hilfe nichtjüdischer Belgier überleben. Die belgische Gedenkkultur war und ist – entsprechend der politischen Struktur des Landes – mehrfach gespalten: Im französischsprachigen, wallonischen Landesteil ging lange eine verbreitete Überbewertung des Widerstandes mit der einseitigen Wahrnehmung Flanderns als »schwarz«. Dort wiederum beschönigten viele die Zusammenarbeit mit den deutschen Besatzern als Kampf für die vom belgischen Staat verfolgte flämische Nation. Die Verfolgung der Juden wurde verdrängt, ein Gedenken lediglich von der jüdischen Gemeinschaft aufrechterhalten. Seit den 1980er Jahren setzten sich an belgischen Gedenkorten jene Darstellungen durch, die nicht nur die flämische, sondern auch die wallonische Kollaboration zeigten und sowohl Widerstand als auch Unterdrückung zum Thema machten. Bei der Eröffnung des jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseums im flandrischen Mechelen im Jahr 1995 wurde deutlich, dass die von jüdischen und nichtjüdischen Belgiern geteilte Lagererfahrung eine Brücke zwischen den unterschiedlichen Erinnerungen schafft. Die gleichberechtigte Existenz verschiedener Gedenkstätten wie zum Beispiel der Stätte des nationalen Widerstands in Breendonk und des Museums in Mechelen scheint inzwischen selbstverständlich zu sein.

Erinnerung

Nach dem Krieg fiel die Kaserne an den belgischen Staat zurück, die Armee richtete eine Schule zur Militärverwaltung ein. Als Ende der 1970er Jahre die Armee die Kaserne verließ, wurden dort Wohnungen gebaut. Gleichzeitig häuften sich Aufrufe, ein Museum in der ehemaligen Kaserne zu errichten, vor allem von Seiten der »Vereniging voor Joodse Weggevoerden in België« (deutsch: »Vereinigung jüdischer Deportierter in Belgien«) und der »Centraal Israelitisch Consistorie van Belgie« (deutsch: »Zentrales Israelitisches Konsistorium Belgiens«). Erst in den 1990er Jahren wurde das Projekt schließlich verwirklicht. Im Mai 1995 weihte der belgische König das neue Museum ein.
2012 wurde gegenüber der Kaserne ein Neubau des Museums mit einer neuen Dauerausstellung eingeweiht, die bisherigen Museumsräume wurden in eine Gedenkstätte umgewandelt. Die treibende Kraft hinter der Neustrukturierung war die flämische Regierung. Der Entwurf für den Neubau in der Form eines weißen Monoliths stammt von bOb Van Reeth und seinem Büro AWG Architecten.

Angebote

Dauerausstellung, Bibliothek, Archiv, Suchdienst. Veranstaltungen

Öffnungszeiten

Gedenkstätte, Museum und Dokumentationszentrum Holocaust und Menschenrechte

Montags, dienstags, donnerstags und freitags 9.00 bis 17.00
Samstags uns sonntags 9.30 bis 17.00

Geschlossen Mittwochs, Weihnachten, Neujahr und an jüdischen Feiertagen

Kontakt

https://www.kazernedossin.eu

info@kazernedossin.eu

+32 (0)15 290660