Jüdisches Museum und Toleranzzentrum Moskau

Еврейский музей и центр толерантности


Im November 2012 eröffnete in Moskau das vermutlich größte jüdische Museum der Welt. Es vermittelt seinen Besuchern die Geschichte der Juden in Russland vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart und informiert allgemein über jüdische Kultur und Geschichte.

Geschichte

Bis zum 18. Jahrhundert lebten kaum Juden in Russland, erst mit der Expansion des russischen Zarenreichs Richtung Westen kam die zahlenmäßig größte jüdische Bevölkerung Europas unter russische Herrschaft. Die Juden lebten vor allem in den Gebieten des heutigen Ostpolens, der Ukraine, Weißrusslands und dem Baltikum, dem damaligen Polen-Litauen. Mit den Teilungen Polens wurde dieses Gebiet dem russischen Zarenreich angegliedert. Zarin Katharina II. verfügte, dass Juden nur in diesem sogenannten Ansiedlungsrayon im Westen Russlands leben und arbeiten durften. Viele Juden lebten dort weitestgehend selbstbestimmt in Kleinstädten und Dörfern auf dem Land, den Schtetls. Immer wieder gab es im Zarenreich Pogrome gegen Juden. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts durften Juden den Ansiedlungsrayon verlassen und ihre Berufe frei wählen. Nach der Oktoberrevolution 1917 wurde Juden nach und nach die Religionsausübung erschwert, Synagogen wurden geschlossen. Während der stalinistischen Säuberungen (1937/38) wurden viele jüdische Geistliche verhaftet.
Nach dem Angriff auf die Sowjetunion 1941 ermordeten die Nationalsozialisten fast alle Juden, die auf dem Gebiet des ehemaligen Ansiedlungsrayons gelebt hatten.
Auch lange nach dem Krieg und dem Tod Stalins (1953) setzte sich die sowjetische Führung dafür ein, Synagogen zu schließen und religiöse Traditionen zu unterdrücken. Dies änderte sich erst mit der Entspannungspolitik unter Michail Gorbatschow.

Opfergruppen

Juden wurden im russischen Zarenreich immer wieder Opfer von Unterdrückung und Pogromen, später in der Sowjetunion wurden Juden oft aus religiösen oder aus politischen Gründen verfolgt. Die über fünf Millionen Juden, die im ehemaligen Ansiedlungsrayon lebten, fielen ab 1941 unter deutsche Besatzung. Fast alle von ihnen wurden von den Nationalsozialisten ermordet.

Erfahre mehr über Russische Föderation

In der Russischen Föderation ist der 9. Mai – der Gedenktag an den Sieg der Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg gegen den »Hitlerfaschismus« – der bedeutendste Feiertag, der aus der sowjetischen Vergangenheit übernommen wurde. Am 23. August 1939 hatte die Sowjetunion unter Josef Stalin (1878–1953) zunächst einen »Nichtangriffspakt« mit dem Deutschen Reich geschlossen. Beide Regime verständigten sich darin über ihre »Interessensphären« in Ostmitteleuropa und beschlossen unter anderem die gemeinsame Teilung Polens. Ab dem 22. Juni 1941 marschierten die deutsche Wehrmacht und ihre Verbündeten in sowjetisches Territorium ein. Bei Kriegsende 1945 waren auf dem besetzten sowjetischen Gebiet nach neueren Schätzungen insgesamt bis zu 28 Millionen Tote in Armee und Bevölkerung zu beklagen. Die sowjetische Erinnerungskultur ist im heutigen Russland wieder dominierend. Ihre Sinnbilder – wie die monumentalen Denkmäler in Sankt Petersburg oder Wolgograd – sind noch immer beliebt und weiterhin Schauplatz großer Gedenkveranstaltungen am 9. Mai. Diese Erinnerungsstätten sind allerdings weniger Orte der Trauer und des Totengedenkens als vielmehr der Heldenverehrung. Der Opfer wurde lange Zeit gar nicht, später als »Opfer des Faschismus« gedacht. Die Wirkungsmacht dieser Sicht auf die Vergangenheit lässt sich beispielhaft am Konflikt um eine 1995 aufgestellte Skulptur vor dem Museum des Großen Vaterländischen Kriegs in der Hauptstadt Moskau ablesen. Das Denkmal »Tragödie der Völker« ist den etwa zwanzig Millionen zivilen Opfer der Jahre 1941 bis 1944 in der Sowjetunion gewidmet und sollte einen Wendepunkt in der Erinnerungskultur Russlands markieren. Nach heftiger Kritik an der auch in der Bevölkerung als zu pessimistisch empfundenen Aussage musste das Denkmal hinter das Gebäude versetzt werden. Zugleich gab es aber auch nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen wie »Memorial«, die sich mit verdrängten Kapiteln der Geschichte beschäftigten, wie mit den Gefangenen der Roten Armee und Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg. Sie galten nach ihrer Rückkehr als Verräter, wurden pauschal der Kollaboration mit den Deutschen verdächtigt und erneut in Lagern inhaftiert. Auch im Rahmen des staatlich-offiziellen Gedenkens gab es immer wieder engagierte lokale Kulturämter, die besondere Denkmäler und eine die Opfer einbeziehende Gedenkkultur durchsetzten. Dass an einigen Orten, häufig mit geringsten finanziellen Mitteln, kleine Erinnerungsstätten entstanden sind, ist oft auch dem Engagement von Privatpersonen oder von jüdischen Gemeinden zu verdanken. Etwa 100.000 sowjetische Juden auf dem Gebiet der heutigen Russischen Föderation waren nach 1941 vor allem Massenerschießungen der SS-Einsatzgruppen und ihrer Helfer zum Opfer gefallen. Zu Sowjetzeiten wurde an sie als »friedliche Bürger« erinnert. Erst seit Anfang der 1990er Jahre ging man dazu über, an offiziellen Denkmälern zusätzliche Tafeln anzubringen und die jüdischen Opfer zu benennen oder durch eine Übersetzung der Inschrift ins Hebräische ins Gedächtnis zu rufen. In Ansätzen gab es auch russische Forschung zum Holocaust. 2012 eröffnete in Moskau das auch von internationalen Experten anerkannte Jüdische Museum und Toleranzzentrum. Gleichzeitig wurde das politische Regime in Russland immer nationalistischer, in der Staatspropaganda dominiert ein offen revisionistisches Geschichtsnarrativ, das mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine noch aggressiver wurde. Währenddessen wurden wichtige zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch »Memorial«, massiv unterdrückt.

Erinnerung

Im Jahr 2012 eröffnete das erste jüdische Museum in Moskau: Es ist ein kleineres Museum der jüdischen Gemeinde, das über die Geschichte des russischen Judentums informiert. Nur ein halbes Jahr später eröffnete im November 2012 das Jüdische Museum und Toleranzzentrum Moskau. Das Museum wurde in der Bachmetewskij-Garage eingerichtet, einem ehemaligen Busdepot aus dem Jahr 1927, das vom russischen Architekten Konstantin Melnikow entworfen wurde und als Meisterwerk des russischen Konstruktivismus gilt. Die Museumsgründung wurde vor allem durch Spenden aus Russland und dem Ausland finanziert und vom russischen Präsidenten Wladimir Putin politisch und finanziell unterstützt. Mit Baukosten von 50 Millionen Dollar und mit etwa 8.500 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist es vermutlich das größte Museum Europas dieser Art. Es vermittelt vor allem jüdische Kultur und Religion allgemein sowie die Geschichte der Juden im ehemaligen Zarenreich, ihr Leben zwischen Schtetl und Assimilation sowie ihr Los in der Sowjetunion und während der deutschen Besatzung. Besonderheiten sind ein 4D-Kino und zahlreiche Multimediastationen, mit denen die Besucher interaktiv jüdischer Kultur und Geschichte begegnen können.

Angebote

Ausstellung, Buchhandlung, pädagogische Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene

Öffnungszeiten

Sonntag-Donnerstag 10.00 bis 22.00,
Freitag 10.00 bis 15.00.
An Samstagen und jüdischen Feiertagen geschlossen.

Kontakt

http://www.jewish-museum.ru/

info@jewish-museum.ru

+7 495 645-05-50

ul. Obraszowa, 11
127055 Moskva