Die »Ordensburg Vogelsang« ist eine von drei nationalsozialistischen »Ordensburgen«, die der Ausbildung von Führungspersonal der NSDAP dienen sollte. Der an der Urfttalsperre in der Eifel gelegene, monumentale Bau wurde zwischen 1934 und 1939 errichtet. Heute erinnern die Dauerausstellung sowie wechselnde Sonderausstellungen an die Verbrechen und die rassistische und menschenverachtende Ideologie der NSDAP.
1933 forderte Adolf Hitler Stätten zur Ausbildung von zukünftigem Führungspersonal der NSDAP zu schaffen und beauftragte den Reichsorganisationsleiter der NSDAP und Chef der Deutschen Arbeitsfront (DAF), Robert Ley, mit der Planung von derartigen Einrichtungen, den »Ordensburgen«.
Als eine von drei reichsweit geplanten Einrichtungen begannen 1934 die Bauarbeiten der Ordensburg Vogelsang. Der erste Bauabschnitt war bereits nach zwei Jahren 1936 fertiggestellt und der Lehrbetrieb vor Ort wurde aufgenommen. Bis 1939 wurde vor Ort noch weitergebaut. Angesichts der Kriegsvorbereitungen wurden die Arbeitskräfte jedoch an kriegswichtigeren Stellen benötigt. Dadurch kam die Baustelle zum Erliegen.
Die Schüler in der Einrichtung mussten verschiedene Voraussetzungen zur Aufnahme erfüllen. Neben körperlicher Gesundheit, der Parteimitgliedschaft und ersten Erfahrungen in der Parteiarbeit, wurde ein abgeleisteter Militärdienst und ein Abstammungsnachweis vorausgesetzt. Der Großteil der Schüler war zum Zeitpunkt des Schulbesuchs etwa 25 Jahre alt. Ziel der Ordensburgen war die Ausbildung einer nationalsozialistischen Parteielite. Insbesondere der Begriff »Herrenmensch« sollte die »Ordensjunker« prägen und ihnen ihre Position innerhalb der Elite verdeutlichen. Schulische Leistungen waren für die Aufnahme nicht von Interesse. Stilistisch erinnerte jegliche Kunst auf dem Gelände an die ihnen indoktrinierte Ideologie.
Nach Kriegsbeginn 1939 übernahm die Wehrmacht die Burg Vogelsang. Damit endete die Ausbildung von Ordensjunkern in der Eifel mit insgesamt etwa 450 Absolventen in drei Jahren. Die Infrastruktur wurde zeitweise auf dem Westfeldzug genutzt. 1941 wurden Klassen von Adolf-Hitler-Schulen nach Vogelsang verlegt. 1944 wurde die Burg als »Wehrertüchtigungslager«, genutzt, um Jugendliche auf den Kriegseinsatz vorzubereiten. 1941 wurde eine Krankenstation, 1943 eine Entbindungsstation eingerichtet.
Der Name Vogelsang leitet sich von der Flurbezeichnung des Standorts ab.
Zwischen 1942 und 1945 waren insgesamt 42 vor allem weibliche Zwangsarbeiter, davon 39 aus der Ukraine, Belarus und Russland – sogenannte »Ostarbeiter« – und drei aus Polen nach Vogelsang verschleppt und zu Arbeit gezwungen worden. Zeitzeugenberichte aus Opfersicht liegen nicht vor. Ehemalige Schüler, die zu der Zeit in Vogelsang waren, berichten von wenig Kontakt zu den Zwangsarbeitern, aber davon, dass sie um den Arbeitszwang dieser wüssten.
Ansonsten ist die Burg Vogelsang ein klassischer »Täterort«. Hier wurden keine Verbrechen begangen, sondern Menschen mit nationalsozialistischer Ideologie und »Rassenlehre« indoktriniert. Ungefähr die Hälfte der ehemaligen Schüler starb im Kriegseinsatz. Berichte über die Ordensjunker im Einsatz erzählen von ihrem ausgeprägten Fanatismus und Kriegswahn. Es ist davon auszugehen, dass viele mindestens organisatorisch an Kriegsverbrechen in den besetzten Ostgebieten beteiligt waren. Einzelne sind nach dem Krieg juristisch verfolgt worden und teilweise für den Tod tausender Menschen als verantwortlich befunden worden.
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Nach der Kapitulation Deutschlands fiel das Gebäude samt umliegendem Gelände an die britische Militärverwaltung. Diese errichteten um die Burg Vogelsang einen Truppenübungsplatz und entfernten Symbole des Nationalsozialismus. 1950 überließen die Briten Vogelsang den belgischen Streitkräften. Daraufhin entstand das »Camp Vogelsang«, das fortan als belgischer Truppenübungsstandort genutzt wurde. Kriegszerstörungen wurden durch die belgische Verwaltung behoben und neben der Instandhaltung weitere Funktionsgebäude errichtet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg schlossen sich ungefähr zwei Drittel der noch lebenden Absolventen aller Ordensburgen im »Alteburger Kreis« zusammen. Die Vereinigung organisierte bis in die 1970er Jahre interne Veranstaltungen. Der letzte Rundbrief des Alteburger Kreises wurde 1997 verschickt. Bis zum Ende des Bestehens lassen Äußerungen auf die weiterhin rechtsextreme/nationalsozialistische Gesinnung der Mitglieder schließen.
Zum 1. Januar 2006 übergab die belgische Verwaltung das Areal an die Bundesrepublik Deutschland. Damit wurde die Einrichtung »Vogelsang IP« (Internationaler Platz) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Neben der Schaffung eines Besucherzentrums unter dem Namen »Forum Vogelsang IP«, werden verschiedene Gebäude des Komplexes durch unterschiedlichste Vereine oder Unternehmen genutzt. Seit 2017 sind in einer ehemaligen Soldatenunterkunft auf dem Gelände Flüchtlinge untergebracht.
Bereits 2006 wurde ein vorübergehendes Besucherzentrum vor Ort eingerichtet. 2016 wurde das Forum Vogelsang IP nach über vier Jahren Bauzeit fertiggestellt. Seit 2016 beherbergen die Gebäude die Dauerausstellung »Bestimmung: Herrenmensch. NS-Ordensburgen zwischen Faszination und Verbrechen«.
Vogelsang versteht sich seit 2006 als »Internationaler Platz« und damit als toleranter, vielfältiger und friedlicher Erinnerungsort.
Dauerausstellung, Sonderausstellungen, Führungen, Gedenkveranstaltungen, Seminare, Workshops, Kulturveranstaltungen, virtueller Rundgang (https://route-des-erinnerns.de/vogelsang/#go-section-360)
Außerschulischer Lernort, Bildungsangebote
Tagungs- und Veranstaltungszentrum
Täglich 10.00 bis 17.00 Uhr
info@vogelsang-ip.de
+49 (0) 2444 915 790
Vogelsang 70
53937 Schleiden