Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Homosexualität wurde während des Nationalsozialismus als kriminelle Handlung eingestuft und strafrechtlich verfolgt. Zehntausende homosexuelle Männer wurden in der Folge von Gerichten verurteilt und in Zuchthäuser oder Konzentrationslager überstellt. Das Denkmal am südlichen Rand des Tiergartens erinnert an die Opfer der Verfolgung von Homosexuellen im Nationalsozialismus.
Geschichte
Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verschlechterten sich die Lebensbedingungen für Homosexuelle in Deutschland schlagartig. Bereits im Frühjahr 1933 ließen die Behörden die meisten Lokale, in denen sich Schwule und Lesben trafen, schließen. Am 6. Mai 1933 plünderten Nationalsozialisten das von Magnus Hirschfeld gegründete »Institut für Sexualwissenschaft«, große Teile der Bibliothek vernichteten sie vier Tage später bei der Bücherverbrennung am heutigen Bebelplatz.
1935 verschärften die Nationalsozialisten Paragraph 175 des Strafgesetzbuches. Dieser verurteilte Homosexualität und drohte mit Strafverfolgung homosexueller Männer. Statt als »Vergehen« wurde der sehr dehnbare Begriff »Unzucht« nunmehr als »Verbrechen« eingestuft, es drohten bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe. Der ebenfalls neu formulierte Paragraph 175a bestimmte für sogenannte erschwerte Fälle bis zu zehn Jahre Zuchthaus. Vor allem in größeren Städten verfolgte die Polizei homosexuelle oder vermeintlich homosexuelle Männer. Viele wurden bei geringstem Verdacht von ihren Nachbarn bei der Gestapo denunziert. Ungefähr 50.000 Männer verurteilten die nationalsozialistischen Gerichte nach den Paragraphen 175 und 175a. Ein Teil der Verurteilten kam in Haftanstalten, zwischen 5.000 und 15.000 Männer wurden dagegen in Konzentrationslager überstellt. Hier wurden sie als gesonderte Häftlingsgruppe mit einem rosa Winkel gekennzeichnet. Aufgrund ihrer Homosexualität wurden sie in der Regel von anderen Häftlingen gemieden.
Nach dem Krieg bestand der Paragraph 175 in der Bundesrepublik bis 1969 unverändert weiter. Zehntausende Männer wurden in dieser Zeit strafrechtlich verfolgt, während Betroffene, die im Nationalsozialismus nach diesem Paragraphen verurteilt wurden, weiterhin als vorbestraft galten. Erst 1994 hob der Deutsche Bundestag den Paragraphen auf.
Opfergruppen
Ein großer Teil der Häftlinge mit einem rosa Winkel starb in Konzentrationslagern aufgrund von Hunger, Krankheiten und Misshandlungen oder weil sie Opfer gezielter Mordaktionen wurden.
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Deutschland
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert.
Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar.
In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen.
Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.
Erinnerung
Laut Bundestagsbeschluss vom 12. Dezember 2003 soll das Denkmal die verfolgten und ermordeten Opfer ehren, die Erinnerung an das Unrecht wach halten und ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben setzen. Die Idee, ein Denkmal für die verfolgten Homosexuellen zu errichten wurde durch den Lesben- und Schwulenverband und durch die Initiative »Der homosexuellen NS-Opfer gedenken« ins Leben gerufen. Das Denkmal wurde von den Künstlern Michael Elmgreen und Ingar Dragset entworfen. Die Gestaltung des Denkmals in Form einer einzelnen Betonstele nimmt Bezug auf das benachbarte Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Durch ein in der Stele eingelassenes kleines Fenster sehen Besucher eine Filmsequenz - eine Interpretation einer gleichgeschlechtlichen Kussszene. Geplant ist, den Film alle zwei Jahre auszutauschen. Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wird von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas betreut.