Jüdisches Museum Bologna

Fondazione Museo Ebraico di Bologna


Das Jüdische Museum Bologna zur Geschichte der Juden in Italien wurde 1999 eröffnet. Ein Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit den Themen Holocaust und Antisemitismus in Italien und erinnert an die etwa 200 Juden der Region Emilia-Romagna, die in Vernichtungslager deportiert und ermordet wurden.

Geschichte

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Bologna reicht bis in die spätrömische Zeit zurück. 1859 erhielten Juden in Italien die vollen Bürgerrechte. Nachdem unter Mussolini 1938 diskriminierende »Rassengesetze« eingeführt wurden, wählten viele Juden den Weg in die Emigration. 1943 hatte die jüdische Gemeinde in Bologna noch 864 Mitglieder. Kurz nach Italiens Abkehr vom Bündnis mit Deutschland und seinem Waffenstillstand mit den Alliierten am 8. September 1943 besetzten deutsche Truppen Nord- und Mittelitalien und richteten dort einen Puppenstaat, die »Italienische Sozialrepublik« ein, die in ihrer Gründungscharta Juden zu einer »feindlichen Nationalität« erklärte. Zeitgleich begannen die Besatzer mit der Verhaftung und Verschleppung der italienischen Juden. Als »Judenreferent« war Theodor Dannecker verantwortlich für die Organisation der Deportationen. Überall im deutsch besetzten Teil Italiens gingen die Besatzer und ihre italienischen Helfer nach dem gleichen Schema gegen die Juden vor: In einer ersten Phase – vom November 1943 bis zum 30. Januar 1944 – wurden die Juden verhaftet und in den Gefängnissen der wichtigsten Städte gesammelt, bis ihre Anzahl groß genug war, um Deportationstransporte in die Vernichtungslager zusammenzustellen. In Bologna wurden die Juden im – in einem ehemaligen Kloster eingerichteten – Gefängnis San Giovanni in Monte festgehalten. Die Verhaftungen begannen in Bologna am 7. November 1943 und betrafen mindestens 84 Mitglieder der jüdischen Gemeinde, darunter Rabbiner Alberto Orvieto. Später, ab Februar 1944, wurden die Verhafteten in das Durchgangslager Fossoli überstellt und von dort aus über die Alpen in die Vernichtungslager im besetzten Polen deportiert.

Opfergruppen

Bis zu 7.000 italienische Juden wurden zwischen 1943 und 1945 ermordet. Im jüdischen Museum Bologna wird insbesondere der – auch namentlich aufgeführten – 200 ermordeten Mitglieder der jüdischen Gemeinden der Region Emilia-Romagna erinnert. Ein Teil von ihnen wurde vor ihrer Deportation ins Vernichtungslager im Durchgangslager Fossoli bei Modena festgehalten. Mindestens 84 Mitglieder der jüdischen Gemeinde Bologna wurden nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Unter ihnen befand sich auch Alberto Orvieto, der mit einigen Unterbrechungen 44 Jahre lang, von 1899 bis 1943, Rabbiner von Bologna war. Nur einer der 84 kehrte zurück. Ihre Namen sind auf einer Gedenktafel an der wiederaufgebauten Synagoge in der Via Mario Finzi eingraviert. Mario Finzi wiederum war Leiter der Delasem, der Hilfsdelegation für Emigranten (Italienisch: Delegazione assistenza emigrati) in Bologna. Er verhalf Dutzenden italienischen und ausländischen Juden mit gefälschten Ausweisen zur Flucht. Finzi wurde im Mai 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Rund 20 Juden aus Bologna schlossen sich der Partisanenbewegung an und starben in Kampfhandlungen, unter ihnen Franco Cesana, mit seinen 13 Jahren einer der jüngsten Partisanen in Italien überhaupt.
Weitere 30 Personen, die zwar offiziell nicht zur jüdischen Gemeinde Bolognas gehörten, aber nach den Rassengesetzen als Juden galten, wurden nach Auschwitz deportiert. Alle übrigen konnten mit Hilfe der Delasem oder von Widerstandsgruppen fliehen oder in Krankenhäusern, Pfarrhäusern oder bei Privatpersonen untertauchen.

Erfahre mehr über Italien

Das Königreich Italien wurde seit 1922 von Benito Mussolini (1883–1945), dem »Duce« (Führer), und seiner faschistischen Partei diktatorisch regiert. Bis Mitte der 1930er Jahre spielte Antisemitismus in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle; diskriminierende Maßnahmen wurden erst 1938 eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt lebten über 46.000 Juden in Italien. Das italienische Staatsgebiet umfasste damals auch die Halbinsel Istrien sowie einige heute griechische Inseln, darunter Rhodos mit seiner traditionsreichen jüdischen Gemeinde. Die italienische Regierung, enger Verbündeter des Deutschen Reiches, beteiligte sich bis zum Herbst 1943 nicht an Massendeportationen von Juden in deutsche Vernichtungslager. Erst als das Land von Norden her durch die deutsche Wehrmacht besetzt wurde – der Süden war bereits durch amerikanische und britische Truppen befreit –, begann der deutsche SS- und Polizeiapparat, den Plan der systematischen Ermordung der italienischen Juden umzusetzen. Über eine Zwischeninternierung wurden die Menschen durch halb Europa nach Auschwitz deportiert, viele von ihnen unmittelbar danach in die Gaskammern getrieben. Die Zahl der ermordeten oder gewaltsam zu Tode gekommenen Juden aus Italien (ohne die italienisch besetzten Gebiete) beträgt zwischen 7.000 und 8.500 Personen. Zehntausende italienische Juden und jüdische Flüchtlinge konnten sich durch Emigration retten oder versteckten sich mit Hilfe von Nichtjuden. Über 2.000 gerieten nicht mehr in den deutschen Machtbereich, weil sie in Süditalien rechtzeitig durch die Alliierten befreit wurden. Von 1943 bis 1945 kam es in Norditalien zu heftigen Kämpfen zwischen den deutschen Besatzern und italienischen Partisanen der kommunistisch dominierten Widerstandsbewegung »Resistenza«. Die deutschen Truppen reagierten mit grausamen Vergeltungsmaßnahmen und Massakern, zum Beispiel in Marzabotto und den Ardeatinischen Höhlen bei Rom. Insgesamt fanden während des Zweiten Weltkrieges über 400.000 Italiener – Soldaten, Zivilisten und Partisanen – den Tod. Nach Kriegsende wurde der Partisanenkampf zum zentralen Aspekt italienischen Selbstverständnisses und in der Erinnerungskultur zum Mythos der eigenen Befeiung vom Faschismus. Eine Auseinandersetzung mit der weitverbreiteten Unterstützung Mussolinis im eigenen Land unterblieb meist. Die bekannten Gedenkorte, wie das frühere Konzentrationslager Risiera di San Sabba bei Triest oder die Einrichtungen in Marzabotto und den Ardeatinischen Höhlen, sind – wie auch zahlreiche Museen – dem Widerstand gewidmet. Erinnerungsstätten auf dem Gelände früherer Internierungslager für Juden sind dagegen selten und gedenken eher der Retter als der Verfolgten, wie es die Villa Emma in Nonatola zeigt, in der versteckte jüdische Kinder überlebten. Die Ausrichtung auf Menschenrechtserziehung, die auf Gegenwart und Zukunft bezogen ist, stellt das Bindeglied vieler dieser Einrichtungen dar. Mittlerweile rückt die Erinnerung an die deportierten und ermordeten Juden mehr in den Vordergrund. 2013 eröffnete die Memoriale della Shoah di Milano am Mailänder Hauptbahnhof. Die Errichtung eines zentralen Holocaustdenkmals in Rom wurde 2023 beschlossen.

Erinnerung

Die jüdische Gemeinde Bologna wurde 1945 neu gegründet und die Synagoge, die durch einen Bombenangriff 1943 zerstört worden war, wiederaufgebaut und 1954 geweiht. In den 1980er Jahren begann die jüdische Gemeinde Bologna, die heute rund 200 Mitglieder zählt, gemeinsam mit anderen jüdischen Gemeinden der Region Orte jüdischen Lebens zu restaurieren. Daraus entstand ein staatlich gefördertes Programm zur Erschließung jüdischer Geschichte in der Emilia-Romagna. Im ehemaligen mittelalterlichen Ghetto wurde 1999 das jüdische Museum Bologna eröffnet. Das Museum wird von einer Stiftung verwaltet, die von der Provinz Bologna, der Region Emilia-Romagna sowie durch die Stadt Bologna, die jüdische Gemeinde und die »Freunde des Museums« getragen wird.
Die multimedial ausgerichtete Dauerausstellung widmet sich der fast 4.000-jährigen jüdischen Geschichte, vor allem mit Hinblick auf jüdisches Leben in Bologna und der Emilia-Romagna vom Mittelalter bis zur Gegenwart.
Das Museum verweist auch auf weitere Orte, die das jüdische kulturelle Erbe spürbar machen. In der Stadt Bologna selbst sind dies insbesondere das ehemalige Ghetto, die Synagoge, der jüdische Friedhof und das Museum für mittelalterliche Geschichte. In der weiteren Region Emilia-Romagna sind unter anderem das jüdische Museum Ferrara und die antike Synagoge von Reggio Emilia zu nennen. Auch über das Museum zum Gedenken an die Verfolgung in Carpi und das ehemalige Durchgangslager Fossoli informiert die Ausstellung.

Angebote

Pädagogische Angebote zu den Themen Antisemitismus, Deportation und Holocaust, Workshops zur Einführung in jüdische Geschichte und Kultur, Hebräischkurse, Führungen durch das Museum und zu Orten jüdischer Geschichte in der Stadt

Öffnungszeiten

Dienstag, Donnerstag und Sonntag 10.00 bis 18.00
An jüdischen Feiertagen geschlossen.

Kontakt

http://www.museoebraicobo.it

info@museoebraicobo.it

+39 051 291 12 80

Via Valdonica, 1/5
40126 Bologna