Denkmal für die Opfer des Massakers von Wola

Pomnik Ofiar Rzezi Woli


Polen befand sich seit September 1939 unter deutscher und sowjetischer Besatzung. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion ab dem 22. Juni 1941 wurde auch Ostpolen von den Nationalsozialisten besetzt. Jahre brutaler Unterdrückung folgten. Am 1. August 1944 erhob sich die polnische Heimatarmee (polnisch: Armia Krajowa) im Warschauer Aufstand gegen die deutschen Besatzer. SS- und Polizeieinheiten versuchten den Aufstand insbesondere durch Massaker an der Zivilbevölkerung niederzuschlagen. Im Stadtbezirk Wola wurden zwischen dem 5. und 12. August 1944 mehr als 50.000 Menschen getötet. Das Massaker war, gemessen an der Zahl der Opfer, das größte Kriegsverbrechen auf europäischem Boden im Zweiten Weltkrieg. Dennoch ist das Verbrechen außerhalb Polens kaum bekannt. Seit 2004 erinnert das Denkmal für die Opfer des Massakers von Wola an die ermordeten Bewohner des Stadtbezirks.

Geschichte

Die polnische Hauptstadt Warschau wurde bereits am 1. September 1939, dem ersten Tag des Zweiten Weltkriegs, von der deutschen Luftwaffe angegriffen. Nach dreiwöchiger Belagerung wurde die Stadt am 1. Oktober von der Wehrmacht eingenommen. In der Folge errichteten die Nationalsozialisten ein Terrorregime gegen die polnische Bevölkerung. Noch schlimmer traf es die Juden, die ab 1940 im Warschauer Ghetto eingesperrt wurden. Am 19. April 1943 setzten sie sich im Warschauer Ghettoaufstand zur Wehr. Der Aufstand scheiterte jedoch und das jüdische Viertel Warschaus wurde dem Erdboden gleichgemacht. Nur ein Bruchteil der jüdischen Stadtbevölkerung überlebte die deutsche Besatzung und den systematischen Völkermord.

Ein Jahr später, am 1. August 1944, erhob sich die polnische Heimatarmee gegen die deutschen Besatzer. Sie versuchte, die Stadt vor dem Einmarsch der Roten Armee selbst zu befreien. Nach erbitterten Häuserkämpfen brachten die polnischen Verbände in den ersten Tagen wichtige Teile der Stadt unter ihre Kontrolle. Die Deutschen gewannen jedoch schnell die militärische Oberhand, und in den folgenden Wochen verübten SS- und Polizeieinheiten unzählige Massaker an der Zivilbevölkerung.

Kurz nach Ausbruch des Warschauer Aufstandes gab Heinrich Himmler den Befehl, den von polnischen Einheiten besetzten Stadtbezirk Wola zu stürmen. Damit wurde die »Kampfgruppe Reinefarth« beauftragt, die sich aus SS-Einheiten und Abteilungen der Ordnungspolizei zusammensetzte. Im Verlauf der Kämpfe verübten die deutschen Einheiten neben brutalen Übergriffen zahlreiche Massenerschießungen an der Bevölkerung. Zwischen dem 5. und 7. August ermordeten die Deutschen so etwa 30.000 polnische Zivilisten. Bis zum 12. August 1944 kamen nach Schätzungen sogar bis zu 50.000 Einwohner Wolas ums Leben.

Opfergruppen

In den sieben Tagen zwischen dem 5. und 12. August 1944 ermordeten deutsche Einheiten im Warschauer Stadtbezirk Wola mehr als 50.000 Einwohner der Stadt. Bei weitem die meisten Opfer waren Zivilisten.

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Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Das Gedenken an die Opfer des Massakers von Wola wurde, wie so gut die gesamte Erinnerung an den Warschauer Aufstand, vom kommunistischen Nachkriegsregime Polens unterdrückt. So wurde zwar wenige Monate nach Kriegsende im Stadtbezirk Wola der »Friedhof der Aufständischen von Warschau« angelegt, der Friedhof wurde jedoch vom Regime kaum gepflegt und alle Symbole der Erinnerung an den Aufstand entfernt. Erst 2023 wurde auf dem Gelände des Friedhofs eine neue Gedenkstätte mit einer Mauer eingeweiht, auf der die Namen der identifizierten Opfer stehen.

Die einzige im kommunistischen Polen verbreitete Form des Gedenkens an die Opfer der deutschen Besatzung in Warschau waren die sogenannten »Tchorek-Gedenktafeln«. Sie wurden 1949 von dem polnischen Bildhauer Karol Tchorek (1904–1985) entworfen, bestehen aus Sandstein und sind an vielen Stellen in Warschau zu finden. Sie tragen vor einem Malteserkreuz immer eine Inschrift mit der Zahl der am jeweiligen Ort Ermordeten. Auch in Wola gibt es viele dieser Gedenktafeln, die jedoch oft falsche Angaben enthalten und die Gesamtzahl der Hinrichtungsstätten nur unzureichend erfassen.

Das wichtigste Denkmal für die Opfer des Massakers von Wola wurde am 27. November 2004 auf einem kleinen Platz zwischen der Aleja Solidarności und der Ulica Leszno eingeweiht. Dieser Ort ist nicht direkt mit dem Massaker verbunden. Das Denkmal wurde vom Bildhauer Richard Stryjecki in Zusammenarbeit mit dem Architekten Olaf Chmielewski und dem Bildhauer Mieczyslaw Syposz entworfen und besteht aus finnischem Granit. Auf der Ostseite des Denkmals sind in die Granitoberfläche zehn Gruben eingelassen, die an die Silhouetten von Menschen erinnern, die zur Erschießung an eine Wand gestellt wurden. Darüber steht die Inschrift: »Zum Gedenken an die 50.000 Einwohner von Wola, die während des Warschauer Aufstandes 1944 von den Deutschen ermordet wurden«. Auf der Westseite befindet sich eine Liste von Orten mit der Anzahl der dort ermordeten Menschen.

Kontakt

al. „Solidarności” 98
01-016 Warszawa