Denkmäler für die ermordeten Juden von Ljubar

Меморіал жертвам Голокосту біля с. Громада


1941 ermordeten deutsche Einheiten alle etwa 1.700 Juden, die in der ukrainischen Kleinstadt Ljubar gelebt hatten. An den Orten der größten Massenerschießungen erinnern Denkmäler und Informationsstelen an die Opfer.

Geschichte

Ljubar ist eine Kleinstadt etwa 60 Kilometer westlich von Berditschew, die im 12. Jahrhundert gegründet wurde. Juden lebten hier mit Unterbrechungen seit dem 15. Jahrhundert. Nach 1793 gehörte Ljubar zum Russischen Zarenreich. Um 1900 stellten die fast 5.500 Juden Ljubars etwa 43 Prozent der Bevölkerung. Diese Zahl nahm danach stetig ab. Im Herbst 1920 wütete die Rote Armee drei Wochen lang in Ljubar. Ihre Soldaten töteten 60 Juden und verwundeten weitere 300. Die meisten Juden waren danach völlig mittellos.
Als die deutsche Wehrmacht Ljubar am 9. Juli 1941 besetzte, hielten sich etwa 1.700 Juden in Ljubar auf, davon etwa 180 Flüchtlinge aus anderen Städten. Die Deutschen stellten eine ukrainische Miliz auf und schikanierten die jüdische Bevölkerung vom ersten Tage an. In der Stadt wurde ein Ghetto eingerichtet, in das alle Juden umziehen mussten. Einzelne Juden wurden bereits in den ersten Tagen der deutschen Besatzung erschossen. Am 9. Juli erschossen deutsche Polizeieinheiten eine Gruppe von etwa 200 jüdischen Männern in der Nähe des Dorfes Juriwka. Ende August erschossen sie weitere 200 Männer am selben Ort.
Am 13. September 1941 wurde das Ghetto gewaltsam aufgelöst. Alle etwa 1.000 Juden wurden verhaftet und ihr Besitz beschlagnahmt. Anschließend wurden sie auf LKW verladen und in eine Sandgrube in der Nähe der Siedlung Hromada nördlich von Ljubar verschleppt, wo sie von deutschen Einheiten erschossen wurden.
In den nächsten Tagen und Wochen nahmen deutsche Polizisten und ihre lokalen Helfer immer wieder Juden fest, die zuvor untergetaucht waren. Viele von ihnen wurden schwer misshandelt. Insgesamt etwa 250 von ihnen wurden am 20. Oktober in der Sandgrube bei Hromada erschossen. Danach lebten in Ljubar offiziell keine Juden mehr.

Opfergruppen

Bereits in den ersten Monaten der Besatzung ermordeten deutsche Einheiten die gesamte jüdische Bevölkerung von Ljubar, insgesamt 1.700 Kinder, Frauen und Männer.

Erfahre mehr über Ukraine

Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

Die sowjetische Armee befreite Ljubar am 8. Januar 1944. Nur einzelne Juden aus Ljubar hatten den Holocaust im Versteckt überlebt. In einer Zeitung der Roten Armee erschienen wenige Tage später zwei Berichte über die Ermordung der Juden von Ljubar. Ein Jahr später ermittelte eine sowjetische Untersuchungskommission vor Ort.
In der Sowjetunion war das Gedenken an jüdische Opfer meist mit Schwierigkeiten verbunden, dennoch setzten sich Überlebende in Ljubar für die Erinnerung an die Opfer ein. 1958 organisierten sie eine Gedenkveranstaltung bei der Sandgrube von Hromada. Später setzten sie sich für den Bau eines Denkmals dort ein. Das Denkmal wurde schließlich von den sowjetischen Behörden genehmigt und 1972 eingeweiht. Wie damals in der Sowjetunion üblich, sprach die russische Inschrift von »friedlichen Bürgern«, ohne die jüdische Identität der Opfer zu erwähnen. Erst in den 1990er Jahren wurde ein Davidstern in den Stein eingraviert.
Bei der Massenerschießungsstelle bei Juriwka entstand erst 2018 ein Denkmal. Die Initiative dafür stammte von zwei ukrainischen Einwohnern Ljubars.
Im Rahmen des internationalen Projekts »Erinnerung bewahren« wurde das Gelände, wo man die Massengräber vermutete, forensisch untersucht, sie konnten jedoch nicht gefunden werden. In einem weiteren Schritt wurde im Rahmen desselben Projekts sowohl bei Juriwka als auch beim älteren Denkmal bei der Sandgrube von Hromada Informationsstelen aufgestellt. Die Stelen erzählen in den Sprachen Ukrainisch, Englisch und Hebräisch vom Schicksal der Ljubarer Juden. Das Projekt »Erinnerung bewahren« ist bei der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin angesiedelt.

Öffnungszeiten

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.

Kontakt

https://www.erinnerungbewahren.de/ljubar/

info@erinnerung-bewahren.de


Ljubar