Erinnerung an die ermordeten Juden in Sluzk

Памятники убитым евреям, узникам Слуцкого гетто / Помнікі забітым яўрэям, вязням Слуцкага гета


In der belarussischen Stadt Sluzk erinnern mehrere Denkmäler an die Opfer des Ghettos, das dort zwischen 1941 und 1943 bestand.

Geschichte

Sluzk (polnisch: Słuck) ist eine der ältesten Städte von Belarus und wurde 1116 das erste Mal erwähnt. Nach der Zweiten Teilung Polens 1793 kam die Stadt zum Russischen Zarenreich. Nach 1921 wurde die Stadt sowjetisch.
Juden lebten in Sluzk seit Ende des 16. Jahrhunderts. Zwei Jahrhunderte später stellten sie die Mehrheit der Bevölkerung.
Die deutsche Wehrmacht besetzte die Stadt am 26. Juni 1941. Nur wenigen Juden gelang zuvor die Flucht. Zunächst richtete die Wehrmacht ein Kriegsgefangenenlager für Zehntausende Rotarmisten in Sluzk ein. Jüdische Kriegsgefangene wurden sofort erschossen.
Die Juden in Sluzk mussten Kennzeichnung tragen und Zwangsarbeit leisten. Im Herbst 1941 mussten sie in ein Ghetto umziehen, das mit Stacheldraht umzäunt war. Die Lebensumstände waren katastrophal.
Am 27. Oktober trieben litauische Hilfskräfte alle Juden, die keinen Arbeitsausweis besaßen aus ihren Häusern und Arbeitsstätten zu einem Birkenhain, wo sie von deutschen Einheiten ermordet wurden.
Im Januar 1942 richteten die Deutschen ein zweites Ghetto ein, das für die als arbeitsunfähig geltenden Juden bestimmt war. Die Lebensumstände dort waren wesentlich schlechter als im ersten Ghetto. Jeden Montag und Sonntag trieben die Deutschen Juden aus dem zweiten Ghetto zu einen nahegelegenen Wald und erschossen sie dort. Im März 1942 wurde das Ghetto wieder aufgelöst. Diejenigen, die noch am Leben waren, wurden wieder in das erste Ghetto zurückgeführt.
Am 5. Februar 1943 gab der SS-Obersturmführer Eduard Strauch den Befehl zur Vernichtung des Ghettos. Die Deutschen und ihre Helfer luden am 8. Februar 1943 die Juden auf LKW und fuhren sie zu zuvor ausgehobenen Gruben, wo sie sie erschossen und ihre Leichen verscharrten. Danach setzten sie das Ghetto in Brand.

Opfergruppen

Im Sommer erschossen die Deutschen etwa 1.500 bis 2.000 jüdische Kriegsgefangene im Stalag 341.
Nachdem das Einsatzkommando 8 der Einsatzgruppe B im Sommer 1941 in Sluzk eintraf, erschossen seine Mitglieder mehrere hundert Juden und vermeintliche Kommunisten.
Während der Großaktion am 27. Oktober 1941 ermordete das deutsche Polizeibataillon 11 gemeinsam mit litauischen Helfern bis zu 4.000 Juden.
Von Januar 1942 bis März 1942 bestand in Sluzk ein Ghetto für Alte und Kranke. Der Großteil von ihnen wurde in einem nahegelegenen Wald ermordet.
Im Mai 1942 erschossen die Deutschen in Sluzk etwa 30 Partisanen und bis zu 40 Geiseln.
Anfang Februar 1943 ermordeten die Deutschen und ihre Helfer über 3.000 Juden. Damit war das Ghetto aufgelöst.
In Sluzk und Umgebung wurden insgesamt etwa 10.000 Juden ermordet.

Erfahre mehr über Belarus

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 und dem Einmarsch der Roten Armee in Ostpolen kam der Nordosten des Landes zu Belarus als Teil der Sowjetunion. Im Sommer 1941 wurde dann ganz Belarus von deutschen Truppen erobert. Während der folgenden drei Jahre kam jeder vierte oder gar jeder dritte Einwohner gewaltsam ums Leben. Fast alle Städte des Landes wurden völlig zerstört. Wehrmacht oder SS brannten etwa 620 Dörfer, darunter Chatyn, systematisch samt ihren Einwohnern nieder. Malyj Trostenez, nahe der belarussichen Hauptstadt Minsk, war die größte Vernichtungsstätte auf dem Gebiet der besetzten Sowjetunion. Heute nimmt man an, dass mindestens 60.000 deutsche und einheimische Juden dort ermordet wurden. Für Minsk wird die Zahl der getöteten Juden auf bis zu 85.000 geschätzt, für das gesamte Gebiet auf 230.000. Belarus bildete von 1941 an mit über tausend aktiven Gruppen ein Hauptgebiet des sowjetischen Partisanenkampfes gegen die deutschen Besatzer. Ab Ende 1943 wurde das Land von der Roten Armee zurückerobert und galt im Sommer 1944 als vollständig von der deutschen Besatzung befreit. Das Land war weitestgehend verwüstet, das gesellschaftliche Gefüge erschüttert und die Menschen traumatisiert. Belarus gehörte ab 1944 wieder zur Sowjetunion. Ein großer Teil der 1939 einverleibten polnischen Gebiete blieben Teil des Landes. In der staatlichen Erinnerungs- und Denkmalkultur des Landes dominierten nach Kriegsende der Tag der Befreiung des Landes am 3. Juli 1944 und der Tag des Sieges am 9. Mai 1945 als Ende eines »heldenhaften« Kampfes im Großen Vaterländischen Krieg. Von zentraler Bedeutung war stets auch die Erinnerung an den Partisanenkrieg. Im sowjetischen Staatsverband verzichtete man auf eine eigenständige Nennung des Massenmords an den Juden. Daher stellt ein Obelisk in der Erschießungsgrube am ehemaligen Minsker Ghetto, der »Jama«, eine Besonderheit auf dem Gebiet der damaligen Sowjetunion dar. Er wurde bereits 1946 errichtet und blieb für Jahrzehnte das einzige Denkmal mit einer jiddischen Aufschrift und direkter Nennung der ermordeten Juden. Ungewöhnlich ist auch die Erinnerungsstätte in Chatyn, wo im März 1943 153 Menschen bei lebendigem Leib verbrannt worden waren. 1969 entstanden, zeichnet sie sich durch Schlichtheit aus und verzichtet auf die sonst übliche Monumentalität, es stehen die menschliche Dimension des Grauens und das Leid der Opfer im Vordergrund. Mit der Schaffung eines unabhängigen belarussischen Staates 1991 begann die Suche nach einer eigenen nationalen Identität. Hierbei spielen die Opferzahlen – insbesondere während des Zweiten Weltkrieges – eine entscheidende Rolle. Bewusst wird allerdings eine Unterscheidung zwischen dem Gebietstand vor und nach 1939 vermieden. Die Verbrechen der Stalinzeit, aber auch der Holocaust rückten ebenso in das Blickfeld, wurden aber aufgrund der vorhandenen Regierungsform nicht weitergehend öffentlich gemacht. Das staatliche Gedenken, das seinen Ausdruck auch im 2014 eröffneten, monumentalen Neubau des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges findet, bleibt vom Kampf in den Jahren 1941 bis 1944 geprägt. Zugleich hat jedoch der Verband der jüdischen Gemeinden in Belarus inzwischen eine Reihe von Denkmälern für die Opfer des Massenmordes errichten lassen. Seit Anfang der 1990er Jahre haben mehrere deutsche Städte Stelen im Gedenken an die dorthin deportierten und getöteten Juden in Minsk errichtet; das Berliner Erinnerungszeichen wurde – vom Land Berlin und der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas finanziert – am 25. Juni 2009 feierlich eingeweiht. Auch eine würdige Gestaltung des Areals von Malyj Trostenez geht voran: seit 2015 erinnert eine Gedenkanlage an die Opfer. Ein zweiter Bauabschnitt wurde 2018 im Beisein der Staatspräsidenten Deutschlands, Österreichs und von Belarus eröffnet. An der Realisierung beteiligte sich auch die Bundesrepublik finanziell, wie auch an der Renovierung der Geschichtswerkstatt, die sich in einem historischen Gebäude auf dem Gebiet des ehemaligen Minsker Ghettos um die Dokumentation von Opferschicksalen kümmert.

Erinnerung

Am 30. Juni 1944 wurde Sluzk durch sowjetische Kräfte befreit.
1956 wurde ein erstes Denkmal in Erinnerung an die Opfer errichtet. Es besteht aus schwarzem Granit und befindet sich 2 Kilometer südlich des Dorfes Selische in einem Birkenhain namens Gorowacha, wo am 27. Oktober 1941 über 3.000 Juden erschossen wurden.
Das nächste Denkmal wurde Ende der 1990er Jahre errichtet, finanziert durch die jüdische Gemeinde von Sluzk. Das Denkmal wurde 2006 durch einen Akt des Vandalismus zerstört, aber wenig später durch ein Neues ersetzt. Heute lautet die russische Inschrift: »Von 1941-1942 wurden an dieser Stelle etwa 8.000 Juden – Opfer des faschistischen Genozids – erschossen. Ewige Erinnerung«. Neben dem Denkmal steht ein weiteres, in Erinnerung an zwei nicht-jüdische Einwohner, die 1942 in Sluzk ermordet wurden. Das Denkmal wurde von Familienangehörigen aufgestellt.
1958 wurde auf dem Gebiet des ehemaligen Ghettos, in der Monachowa-Straße ein Denkmal in Erinnerung an die Opfer der Massenerschießungen im Februar 1943 aufgestellt. An der Spitze des Denkmals prangt ein Roter Stern.
Ein weiteres Denkmal befindet sich unmittelbar am Wesaja-Fluss, etwa einen Kilometer westlich des Dorfes Sloboda. Die hebräische Inschrift lautet: »Hier ruhen alte und junge Menschen, Frauen und Männer, Mütter und Säuglinge deren Blut wie Wasser in Sluzk von den faschistischen Mördern vergossen wurde. Mögen ihre Namen auf immer verflucht sein«. Darunter befindet sich eine russische Inschrift, die ebenfalls an die Opfer erinnert.
2007 wurde ein Denkmal in der Kopylskaja-Straße errichtet, wo sich früher das Ghetto befand. Es stammt vom belarussischen Architekten Leonid Lewin (1936–2014). Die belarussische Inschrift auf dem Gedenkstein lautet: »An dieser Stelle befand sich während des Krieges das Ghetto der Stadt Sluzk. Am 7. Und 8. Februar 1943 erschossen und verbrannten die Faschisten 3.000 Menschen«.
Seit 2004 erinnert auch ein Denkmal an die Opfer des Kriegsgefangenenlagers Stalag 341 in Sluzk.
1959 lebten in der Stadt über 1.200 Juden. Als die Sowjetunion auseinanderfiel, wanderten viele Juden ins Ausland aus, so dass es Anfang der 1990er nur noch etwa 600 Juden in Sluzk gab.

Öffnungszeiten

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.

Kontakt

www.nasledie-sluck.by

hvorov@inbox.ru

+375 29 696 49 36

Kopylskaja Uliza 2A
2HH2+96 Sluzk