Jüdisches Kulturmuseum Augsburg – Schwaben

Jüdisches Kulturmuseum Augsburg – Schwaben


In der von 1914 bis 1917 erbauten Synagoge in der Augsburger Halderstraße befindet sich seit der Neuweihung der Synagoge 1985 auch das Jüdische Kulturmuseum Augsburg – Schwaben. Während der Novemberpogrome 1938 plünderten Nationalsozialisten die Synagoge und steckten sie in Brand, das Gebäude blieb jedoch erhalten. Mehr als die Hälfte der jüdischen Gemeindemitglieder starb in den Ghettos und Vernichtungslagern.

Geschichte

Seit dem 13. Jahrhundert gibt es Belege für eine jüdische Gemeinde in Augsburg, ab etwa 1290 sind neben der Synagoge auch ein Bad und eine jüdische Schule überliefert. Nach Jahrhunderten der einander abwechselnden Perioden von Duldung und Vertreibung der Juden in Augsburg begann Anfang des 19. Jahrhunderts der Aufstieg der jüdischen Gemeinde: Ein Betsaal wurde eingerichtet und am 7. April 1865 eine neue Synagoge geweiht. Für die schnell wachsende Gemeinde wurde das Gebäude bald zu klein, die Gemeinde setzte sich für einen Neubau ein. 1914 begannen die Bauarbeiten für die neue Synagoge in der Halderstraße nach einem Entwurf des Architekten Fritz Landauer. Am 4. April 1917 wurde sie eingeweiht.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die schrittweise Verdrängung der Juden aus dem öffentlichen Leben: sie wurden aus ihren Berufen gedrängt und mussten ihre Geschäfte und Firmen deutlich unter Wert zu verkaufen, später wurden jüdische Kinder gezwungen öffentliche Schulen zu verlassen. In der Nacht vom 9./10. November 1938 drangen bewaffnete Männer in die Synagoge ein, zerstörten die Inneneinrichtung und steckten das Gebäude in Brand. Noch in der Nacht löschte die Feuerwehr den Brand, um die umliegenden Häuser und ein benachbartes Tanklager zu schützen. Etwa 150 Augsburger Juden wurden in dieser Nacht verhaftet und für etwa einen Monat in das Konzentrationslager Dachau gebracht. In den folgenden Jahren wanderte ein Teil der Gemeinde aus Deutschland aus. Die SS verschleppte zwischen 1941 und 1943 die in Augsburg gebliebenen Juden in die Ghettos und Vernichtungslager im Osten.

Opfergruppen

Von der etwa 1.200 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinde Augsburg konnten ungefähr 560 ins Ausland fliehen. Über 600 Menschen wurden von der SS in Ghettos und Konzentrationslagern ermordet.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Bereits 1946 gründeten Überlebende die Israelitische Kultusgemeinde Augsburg neu. 1963/64 wurde ein Teil des Synagogengebäudes zur sogenannten kleinen Synagoge umgebaut, in der fortan die Gottesdienste stattfanden. Zeitgleich mit der Neuweihe der Hauptsynagoge am 1. September 1985 wurde im westlichen Trakt des Gebäudekomplexes das Jüdische Kulturmuseum Augsburg als erstes jüdisches Museum in Bayern eröffnet. Seit 2006 präsentiert das Museum eine neue Dauerausstellung über die Geschichte der jüdischen Gemeinde Augsburg.

Angebote

Führungen, Bibliothek

Öffnungszeiten

Dienstag bis Donnerstag: 9.00 bis 18.00
Freitag: 9.00 bis 16.00
Sonntag: 10.00 bis 17.00
jeden 1. Mittwoch im Monat: 9.00 bis 20.00
Montags, sonnabends und an jüdischen Feiertagen sowie am 24./25. Dezember und Ostersonntag geschlossen

Kontakt

http://www.jkmas.de

office@jmaugsburg.de

+49 (0)821 513 658

Halderstraße 6-8
86150 Augsburg