In der Kleinstadt Scharhorod erinnern eine imposante Synagoge aus dem 16. Jahrhundert von kunsthistorischer Bedeutung und zwei jüdische Friedhöfe an die jüdische Vergangenheit des Ortes.
In Scharhorod (russisch: Schargorod, polnisch: Szarogród), in der historischen Region Podolien gelegen, lebten Juden seit dem 16. Jahrhundert. Nachdem die jüdische Gemeinde während des Chmelnizkij-Aufstands 1648 nahezu ausgelöscht wurde, zählte sie Mitte des 18. Jahrhunderts wieder zu einer der größten Podoliens. 1793 fiel die Stadt im Zuge der zweiten Teilung Polens an das Russische Reich. Nach dem Ersten Weltkrieg sowjetisch, verboten die Behörden 1930 alle jüdischen Einrichtungen. 1939 lebten in der Stadt etwa 1.660 Juden, drei Viertel der Bevölkerung.
Am 22. Juli 1941 besetzten deutsche Truppen Scharhorod. Die Soldaten schikanierten Juden und plünderten ihr Eigentum. Juden wurden zur Zahlung von Abgaben verpflichtet und mussten eine Armbinde mit einem »Judenstern« tragen.
Im Herbst 1941 wurde Scharhorod Teil des neugegründeten rumänischen »Gouvernements Transnistrien«. Die rumänischen Besatzungsbehörden ließen alle jüdischen Einwohner in ein Ghetto im Zentrum der Stadt umziehen.
Ab Anfang November 1941 kamen Tausende Juden die Stadt, die aus den rumänischen Gebieten Bessarabien und Bukowina deportiert worden waren. Viele von ihnen bezahlten dafür, dass sie in Scharhorod bleiben durften, um sich vor dem Weitertransport in Lager zu retten. Die Zahl der Juden im Ghetto war auf etwa 7.000 angestiegen: 1.800 waren einheimische und über 5.000 »rumänische« Juden. Damit war Scharhorod nach Mohyliw-Podilskyj und Berschad das drittgrößte Ghetto in Transnistrien. Im Vergleich zu anderen Ghettos in Transnistrien waren die Lebensverhältnisse im Scharhorod trotz Zwangsarbeit erträglich: Es gab eine Bäckerei, eine Suppenküche für Arme sowie eine funktionierende Verwaltung. Gegen Ende des Jahres wurde sogar die große Synagoge wiedereröffnet. Anfang des Jahres 1942 brach im Ghetto dennoch eine Typhusepidemie aus, dem fast 1.449 Menschen zum Opfer fielen. Bis Mitte 1942 konnte die Epidemie eingedämmt werden.
Im Gegensatz zu anderen Orten der Region starben in Scharhorod fast keine Juden einen gewaltsamen Tod während der deutschen oder der rumänischen Besatzung. Es sind lediglich vier Morde an Juden in diesem Zeitraum bekannt. Im Ghetto lebten bis zu 7.000 Juden, Männer wie Frauen mussten Zwangsarbeit leisten. Bei der Typhusepidemie Ende 1941 / Anfang 1942 starben etwa 1.449 Bewohner des Ghettos.
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Scharhorod wurde am 20. März 1944 befreit und gehörte nach dem Ende des Krieges wieder zur Sowjetunion. Die jüdische Gemeinde hatte Besatzung und Krieg größtenteils überlebt. In der Zeit des Zerfalls der Sowjetunion verließen viele Juden das Land, so dass 1993 nur noch etwa 700 Juden in Scharhorod lebten. In dieser Zeit wurde die jüdische Gemeinde auch offiziell wiedergegründet.
Scharhorod ist bekannt für seine im Stil der Renaissance gebaute und 1589 geweihte Synagoge. Sie war nicht nur ein Gotteshaus, sondern gleichzeitig auch eine Festung. Das Gebäude befindet sich heute wieder im Besitz der jüdischen Gemeinde, war aber lange in einem schlechten baulichen Zustand. Mittlerweile schreitet die Restauration voran. In der Synagoge gibt es eine kleine Ausstellung über die Geschichte der Scharhoroder Juden.
In der Nähe der Synagoge befinden sich auch zwei jüdische Friedhöfe, die jeweils an den Ufern der Flüsse »Kolbasnaja« und »Muraschka« im Süden der Stadt liegen. Der Neuere wurde Ende des 18. Jahrhunderts gegründet, auf dem Älteren befinden sich etwa 500 Grabsteine, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Sie wurden während des Zweiten Weltkrieges beschädigt, danach aber teilweise wieder restauriert. Heute kümmern sich Einwohner des Ortes und die jüdische Gemeinde um ihren Erhalt.
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Vuliza Kirowa
23500 Scharhorod