Holocaustmuseum

Музей Голокосту


In der ukrainischen Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer dokumentiert das Holocaustmuseum das Schicksal der Juden Odessas im Zweiten Weltkrieg. Mindestens die Hälfte der 180.000 Juden Odessas kam im Holocaust ums Leben.

Geschichte

Die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer stieg während des 19. Jahrhunderts zu einem bedeutenden kulturellen Zentrum des russischen Judentums auf, viele jüdische Intellektuelle und Schriftsteller lebten hier. Unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Odessa etwa 180.000 Juden, mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Nach mehrwöchiger Belagerung nahmen am 16. Oktober 1941 verbündete deutsche und rumänische Truppen die Stadt ein. Von nun an stand Odessa unter rumänischer Besatzung und wurde Hauptstadt des Besatzungsgebiets Transnistrien. Ein Teil der Juden hatte zuvor fliehen können, wahrscheinlich befanden sich am Tag der Besetzung zwischen 80.000 und 100.000 Juden in der Stadt. Mit den rumänischen Truppen zog das SS-Sonderkommando (SK) 11b in Odessa ein. Am folgenden Tag zwangen die Rumänen alle Juden, sich registrieren zu lassen. Viele wurden verhaftet, jüdische Intellektuelle sofort hingerichtet. Als am 22. Oktober 1941 eine Bombe in einem Verwaltungsgebäude explodierte und 67 Personen tötete, darunter rumänische und deutsche Offiziere, reagierte die Besatzungsmacht brutal: Kurz nach dem Anschlag verfolgten rumänische Soldaten Juden in der gesamten Stadt und erschossen oder erhängten sie. Auf einem abgesperrten Teil des Hafens erschossen rumänische Soldaten zwischen 10.000 und 23.000 Juden. Das SK 11b beteiligte sich an den tagelangen Massakern: Rumänische Gendarmen brachten etwa 2.000 verhaftete Juden an einen stillgelegten Brunnenschacht. Hier erschossen die SS-Männer alle Juden, die Leichen fielen in den Schacht. Ende Oktober 1941 mordeten die Rumänen außerhalb der Stadt weiter: rumänische Einheiten trieben zwischen 16.000 und 20.000 Juden aus Odessa in den Ort Dalnik und ermordeten sie. Die etwa 35.000 verbliebenen Juden wurden im November 1941 in zwei Ghettos zusammengedrängt, viele von ihnen starben. Ende 1941 wurden alle Ghettobewohner nach Transnistrien, den rumänisch besetzten Teil der Ukraine deportiert und im Lager Bogdanowka ermordet.

Opfergruppen

Rumänische Soldaten und Verbände der SS-Einsatzgruppe D ermordeten mindestens 70.000 Juden. Etwa 20.000 Juden wurden aus Odessas Ghettos deportiert und kamen in Transnistrien um.

Erfahre mehr über Ukraine

Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

In Odessa erinnern mehrere Denkmäler an das Schicksal der Juden aus der Hafenstadt. Das Holocaustmuseum Odessa wurde am 22. Juni 2009 eröffnet und geht auf die Initiative verschiedener jüdischer Organisationen sowie von ehemaligen Ghetto- und Lagerhäftlingen zurück.
Die Dauerausstellung bietet zuerst eine allgemeine Einführung zum Holocaust, im weiteren Verlauf bildet das Schicksal der Juden in Odessa und Transnistrien den Schwerpunkt der Erzählung. Dabei werden viele Lager und Orte von Massenerschießungen in Transnistrien vorgestellt. Weitere Themen der Ausstellung sind jüdische Lebenswelten vor dem Holocaust, jüdische Soldaten in der Roten Armee und »Gerechte unter den Völkern«, also Judenretter. Neben der Dauerausstellung bietet das Museum Audio- und Video-Interviews, eine Bibliothek und einen Gedenkraum.

Angebote

Führungen, pädagogische Angebote, Veranstaltungssaal, Bibliothek

Öffnungszeiten

Dienstags bis Freitags 11.00 bis 18.00
Sonntags 10.00 bis 14.00
Samstags und Montags geschlossen.

Kontakt

https://ujew.com.ua/objects/odesskaya-oblast/odessa/muzej-holokosta3

museum-holocaust@mail.ru

+38(048)722 60 97

Malaja Arnautskaja ul, 111
65007 Odesa