Holocaustdenkmäler in Czernowitz

Меморіали жертвам Голокосту в Чернівцях


In der ukrainischen Großstadt Czernowitz (ukrainisch: Tscherniwzi, rumänisch: Cernăuţi), gelegen in der historischen Region Bukowina, erinnern mehrere Denkmäler an die Juden von Czernowitz, die zwischen 1941 und 1944 während der deutschen und der rumänischen Besatzung ermordet wurden oder den unmenschlichen Bedingungen im Ghetto zum Opfer fielen.

Geschichte

Czernowitz war die Hauptstadt der historischen Region Bukowina und gehörte bis 1918 zu Österreich-Ungarn. Die Bukowina war der Inbegriff der Völkervielfalt in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Diese Periode war gleichzeitig die Blütezeit jüdischen Lebens in Czernowitz, dessen sichtbarstes Zeichen die 1877 fertig gestellte prunkvolle Synagoge der Reformgemeinde war.
Die Bukowina wurde nach dem Ersten Weltkrieg Rumänien zugesprochen. Nach dem Hitler-Stalin-Pakt besetzte die Sowjetunion 1940 den nördlichen Teil der Region, in dem auch Czernowitz liegt; Rumänien musste das Gebiet auf diplomatischen Druck des Deutschen Reichs an die Besatzer abtreten. Zu dieser Zeit lebten in Czernowitz nahezu 50.000 Juden, über ein Drittel der Bevölkerung. Während der sowjetischen Besatzung verschleppte der sowjetische Geheimdienst NKWD viele Czernowitzer, darunter tausende Juden nach Sibirien. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941, an der auch die rumänische Armee teilnahm, fiel das Gebiet wieder an Rumänien. Unmittelbar nach den Armeen rückte das SS-Einsatzkommando 10b in Czernowitz ein. Bis zum August 1941 erschoss die SS-Einsatzgruppe in Zusammenarbeit mit der rumänischen Armee über 600 Juden, viele weitere Juden wurden als Geiseln genommen. Im Oktober 1941 ordnete der rumänische Diktator Ion Antonescu in Absprache mit deutschen Militärs, die Juden aus der Bukowina in das Gebiet Transnistrien, den rumänisch besetzten Teil der Ukraine zu deportieren. Aus Czernowitz wurden bis November 1941 über 28.000 Juden über den Fluss Dnjestr nach Transnistrien verschleppt. Weitere Deportationen mit mehreren tausend Juden aus Czernowitz folgten 1942. Nur wenige überlebten Zwangsarbeit, Terror und die unmenschlichen Bedingungen in den dortigen Lagern und Ghettos.
Die in Czernowitz verbliebenen Juden mussten unter schwersten Bedingungen Zwangsarbeit leisten. Etwa 14.500 erlebten ihre Befreiung durch die Rote Armee im April 1944.

Opfergruppen

Das Denkmal am Ufer der Prut ist den etwa 600 Czernowitzer Juden gewidmet, die im Juli 1941 vom deutschen SS-Einsatzkommando 10b erschossen wurden. Insgesamt schoben die rumänischen Behörden etwa 90.000 Juden aus der Bukowina nach Transnistrien ab, nur etwa die Hälfte von ihnen überlebte.

Erfahre mehr über Ukraine

Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

Czernowitz gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zur Sowjetunion. Die überwiegende Mehrheit der überlebenden Juden wanderte aus, vor allem nach Israel. Auch der Anteil der rumänischen Bevölkerung sank in der Nachkriegszeit deutlich, so dass die Stadt heute zum großen Teil von Ukrainern bewohnt wird. In Czernowitz leben heute etwa 1.500 Juden.
Die ehemalige Tempel-Synagoge wurde noch 1941, kurz nach dem deutsch-rumänischen Einmarsch zum großen Teil zerstört. Heute beherbergt das von seinem Schmuck beraubte Gebäude ein Kino. Auch andere Synagogen und jüdische Einrichtungen werden heute anderweitig genutzt.
An die große Vergangenheit der jüdischen Gemeinde von Czernowitz erinnert vor allem der jüdische Friedhof. Hier befindet sich auch ein Massengrab von Juden, die plündernde rumänische Soldaten während der ersten Tage der Besatzung ermordeten und in wegen der sommerlichen Hitze in aller Eile begraben werden mussten.
Ein Denkmal für die Opfer der Massenerschießungen durch die SS-Einsatzgruppen befindet sich an der Pidgaecka-Straße in der Nähe der Brücke über den Prut. An das Ghetto und seine Opfer erinnert ein Gedenkstein am ehemaligen Türkenbrunnen (Turezka).

Öffnungszeiten

Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich. Das Massengrab auf dem Friedhof ist während der Öffnungszeiten des Jüdischen Friedhofs zu besichtigen.

Kontakt

Zelenaja ul.
Czernowitz