Seit 2004 erinnert ein prominent platziertes Denkmal an die ermordeten Juden aus Nyíregyháza.
Nyíregyháza ist die Hauptstadt des Komitats Szabolcs-Szatmár im Nordosten Ungarns. Die Stadt entwickelte sich erst seit dem frühen 19. Jahrhundert rasant. Juden lebten seit etwa 1840 hier, seit 1865 hatten sie eine eigenständige jüdische Gemeinde. Ihre Zahl wuchs stark an. Bei der Spaltung des ungarischen Judentums entschied sich die Gemeinde in Nyíregyháza mehrheitlich für die Glaubensrichtung »status quo ante«, sie weihte ihre Synagoge 1880. Die Orthodoxen bauten zwischen 1924 und 1932 ihr eigenes Gotteshaus. Anfang der 1940er Jahre lebten etwa 4.500 Juden in Nyíregyháza bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 60.000. Fast 30 Prozent der Geschäfte waren in jüdischer Hand. In dieser Zeit wurde ihre Situation immer dramatischer: Juden wurden enteignet, Männer zum Arbeitsdienst bei der Armee berufen und 1941 einige als »heimatlos« eingestufte Juden in die besetzte Ukraine abgeschoben, wo sie die SS in Kamenez-Podolsk ermordete.
Am 5. April 1944, wenige Wochen nach dem Einmarsch der Deutschen, machte der Bürgermeister von Nyíregyháza das Tragen des gelben Sterns zur Pflicht für die Juden. In den Tagen danach musste der neu eingerichtete Judenrat eine Liste aller in der Stadt lebenden Juden erstellen. Am 16. April wurden alle Juden aus der Umgebung nach Nyíregyháza verschleppt und in ein Ghetto gebracht. Am Ende des Monats mussten alle Juden der Stadt ebenfalls in das Ghetto umziehen. Mehrere Tausend Menschen waren nun dort auf engstem Raum zusammengepfercht, die Bedingungen waren katastrophal.
Im Mai 1944 wurde das Ghetto in mehreren Etappen aufgelöst: In größeren Gruppen verschleppte die ungarische Gendarmerie die Ghettobewohner in Sammellager in der Umgebung. Die Deportationen aus den Sammellagern begannen am 14. Mai. Alle Deportationszüge fuhren über die Strecke Kaschau-Preschau-Krakau ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Der letzte Transport verließ am 4. Juni 1944 die Umgebung von Nyíregyháza, am nächsten Tag wurde das Komitat für »judenfrei« erklärt.
Einige hundert jüdische Männer aus Nyíregyháza überlebten den Holocaust, weil sie bereits in den Jahren vor den Deportationen zum Arbeitsdienst verschleppt wurden. Von den nach Auschwitz Deportierten kehrten nur wenige zurück, vor allem jüngere Frauen, die dort zur Zwangsarbeit eingeteilt worden waren. Alle anderen etwa 4.000 Juden aus Nyíregyháza ermordete die SS in den Gaskammern.
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Nach dem Krieg organisierten sich die beiden jüdischen Gemeinden neu, gemeinsam hatten sie 1949 um die 1.000 Mitglieder. Die im Krieg zerstörte Synagoge der status quo Gemeinde wurde nicht wieder aufgebaut. An einer ihrer erhalten gebliebenen Außenmauern entstand ein erstes Erinnerungszeichen: Auf Tafeln wurden die Namen von etwa 17.000 ermordeten Juden aus Nordostungarn angebracht. 1953 musste die Gedenkmauer einem Neubau weichen, seitdem befindet sie sich auf dem 1844 eröffneten jüdischen Friedhof.
Unter den Bedingungen der kommunistischen Diktatur hatten es Juden immer schwerer, ihre Traditionen aufrecht zu erhalten. Viele verließen das Land, vor allem im Zuge der Revolution von 1956. Die heutige jüdische Gemeinde ist nur noch sehr klein und hat schätzungsweise um die 100 Mitglieder. Einen eigenen Rabbi hat sie nicht.
Im Sommer 2004, 60 Jahre nach den Deportationen stellte die Stadt auf dem Gelände des ehemaligen Ghettos ein Holocaustdenkmal auf. Der Entwurf stammt vom ungarischen Bildhauer László Zagyva. Die moderne Skulptur besteht aus drei, jeweils 287 Zentimeter hohen Granitsäulen in den Farben Rot, Schwarz und Grau. Aus verschiedenen Perspektiven betrachtet ergeben sich menschliche Silhouetten. Aus der Nähe sind Details wie Hände oder Knochen zu erkennen.
Jährliche Gedenkveranstaltungen
Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.
nyirzsido@gmail.com
+36(0)42 417 939
Sólyom utca
4400 Nyíregyháza