Holocaustdenkmal von Neumarkt am Mieresch

Memorial Holocaustului al Târgu Mureș / Marosvásárhelyi Holokauszt-emlékmű


Seit 2003 erinnert eine Skulpturengruppe in der Innenstadt an die ermordeten Juden von Neumarkt am Mieresch und ihrer Umgebung.

Geschichte

Neumarkt am Mieresch (rumänisch: Târgu Mureș, ungarisch: Marosvásárhely) ist eine der bedeutendsten Städte Siebenbürgens. Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns fiel die Stadt an Rumänien, bis 1940 Ungarn den nördlichen Teil Siebenbürgens wiederbekam.
Eine jüdische Gemeinde gab es in der Stadt seit 1849, ihre Mitglieder kamen ursprünglich überwiegend aus den umliegenden Dörfern. 1870 kam es, wie auch anderswo in Ungarn, zur Spaltung der Gemeinde in eine orthodoxe und eine liberalere, »status quo ante« genannte Gemeinde. Vor allem Mitglieder der letzteren Gruppe waren gewillt, sich der ungarischen Mehrheitsgesellschaft anzupassen. Später gab es auch eine starke zionistische Strömung, während es unter den Orthodoxen mehrere chassidische Gruppen gab. Laut Volkszählung von 1941 hatte das mehrheitlich ungarische Neumarkt am Mieresch 5.693 jüdische Einwohner bei einer Gesamtbevölkerung von 45.000.
Nach der Eingliederung der Stadt in Ungarn galten auch sofort die ungarischen Judengesetze. Zwischen 1940 und 1944 wurden bis zu 1.500 Männer zum Arbeitsdienst bei der Armee einberufen und zum großen Teil an die Ostfront geschickt, von denen die meisten nicht zurückkamen.
Wenige Wochen nach dem Beginn der deutschen Besatzung im März 1944 begann die systematische Plünderung jüdischen Besitzes und die Vorbereitung der späteren Deportation der Juden aus Neumarkt am Mieresch. Am 3. Mai mussten alle Juden aus der Stadt und ihrer Umgebung in ein Ghetto umziehen, das in einer leer stehenden Ziegelei eingerichtet wurde. Die ungarischen Behörden und die deutsche SS deportierten Ende Mai und Anfang Juni 1944 die Juden schließlich in drei Transporten, die durch Kaschau und Krakau fuhren, ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.

Opfergruppen

Hunderte von Männern aus Neumarkt am Mieresch starben als Arbeitsdienstler zwischen 1940 und 1944, vor allem bei der ungarischen Armee an der Ostfront.
7.559 Juden wurden aus dem Ghetto in Neumarkt am Mieresch nach Auschwitz-Birkenau deportiert, die meisten ermordete die SS direkt nach ihrer Ankunft durch Giftgas. Die Gesamtzahl der Überlebenden aus Neumarkt in Mieresch ist unbekannt.

Erfahre mehr über Rumänien

Das Königreich Rumänien fand in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zu keiner politischen Stabilität und sah sich von Gebietsansprüchen der Nachbarn bedroht. Das Land suchte die Nähe zum nationalsozialistischen Deutschland. In den Grenzfragen unterstützte die Berliner Führung jedoch Ungarn, Bulgarien und den zwischenzeitlichen Verbündeten Sowjetunion. Im Laufe des Jahres 1940 musste Rumänien dem Verlust großer Teile seines Territoriums zustimmen. Dies führte zur innenpolitischen Radikalisierung. König Karl (1893–1953) übertrug General Ion Antonescu (1882–1946) unbeschränkte Befugnisse, musste dann jedoch zugunsten seines Sohnes Michael (1921–2017) abdanken. Die rechtsradikale »Garda de Fier« (Eiserne Garde), mit der Antonescu verbündet war, begann sofort mit der Verfolgung der Juden. 1941 beteiligte sich Rumänien am deutschen Angriff auf die Sowjetunion. Unter rumänischer Regie wurden bis zu 155.000 Juden und 25.000 Roma aus der Bukowina und Bessarabien in besetzte ukrainische Gebiete (»Transnistrien«) deportiert. Zehntausende überlebten Massenmorde, Lagerhaft und Zwangsarbeit, Hunger und Krankheiten nicht. Die Juden in Nordsiebenbürgen (seit 1940: Ungarn) litten derweil unter den dortigen antisemitischen Verordnungen. Allerdings blieben sie mehrheitlich von gewalttätiger Verfolgung verschont, bis im Frühjahr 1944 die Wehrmacht dort einmarschierte und die SS in Zusammenarbeit mit ungarischen Behörden mit Deportationen nach Auschwitz begann. Die Gesamtzahl der ermordeten rumänischen Juden bezieht sich also auf verschiedene Gebiete: 50.000 Juden aus Bessarabien und der Bukowina sowie etwa 20.000 Juden aus dem Innern Rumäniens wurden ermordet, etwa 120.000 siebenbürgische Juden Opfer der ungarisch-deutschen Besatzung. Im August 1944 führte die Offensive der Roten Armee zu einem Bündniswechsel Rumäniens. Michael I. entmachtete Antonescu. Das Land fiel unter sowjetischen Einfluss. 1946 wurde der Diktator hingerichtet, 1947 dankte der König ab. In der ersten Zeit nach 1945 gedachte man zunächst der Befreiung durch die Rote Armee. In Bukarest entstand ein Denkmal für die gefallenen sowjetischen Soldaten. Die Zeit als deutscher Bündnispartner blieb in der Erinnerung ausgespart. Unter Nicolae Ceaușescu (1918–1989), der das Land mit seinem Geheimdienst ab 1965 regierte, wurde die »Befreiung vom faschistischen Joch« als Verdienst rumänischer Helden dargestellt. Mit dem Ende seines Regimes 1989 erschienen vielen Rumänen entgegengesetzte Sichtweisen attraktiv: Der Angriff auf die Sowjetunion 1941 wurde nun häufiger als Kampf gegen den Bolschewismus gesehen. Das Ansehen Antonescus stieg. Für einen Teil der Rumänen erhielt wiederum der im Exil lebende König größere Bedeutung und wurde zum Symbol der Demokratie, da er den Diktator gestürzt hatte und später von den Kommunisten vertrieben wurde. Für die Erinnerung an den Holocaust blieb in der Nachkriegszeit kein Platz. Die meisten Überlebenden hatten das Land bereits in den 1950er Jahren verlassen. Das Gedenken war Sache der jüdischen Gemeinden: Sie errichteten 1977 ein kleines Forschungszentrum und 1978 ein kleines Museum in Bukarest sowie einige Denkmäler. Im Jahr 2004 nahm eine Kommission zur Erforschung des Holocaust und der rumänischen Verbrechen ihre Arbeit auf, die vom rumänischstämmigen Überlebenden und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel (1928–2016) geleitet wurde. Ein Nationales Institut setzt die Forschungen seit 2005 fort. 2009 wurde ein zentrales Holocaustdenkmal in Bukarest eingeweiht, dass auch an rumänische Roma erinnernt, die nach Transnistrien deportiert wurden. Sonst gibt es allerdings wenig Erinnerung an die etwa 12.500 Opfer dieser Gruppe.

Erinnerung

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Neumarkt am Mieresch wieder zu Rumänien. Im Jahr 1947 lebten 2.240 Juden dort, wobei viele aus anderen Regionen stammten. Während der Zeit der kommunistischen Diktatur wanderten viele Juden aus, so dass die jüdische Gemeinde 1992 nur noch 155 Mitglieder hatte.
In der Stadt steht nach wie vor eine der größten Synagogen Siebenbürgens. Auch »Großer Tempel« genannt, wurde sie 1900 von der »status quo ante«-Gemeinde eröffnet, vor wenigen Jahren wurde sie restauriert.
Am 4. Mai 2003 wurde im Neumarkt am Mieresch ein Holocaustdenkmal eingeweiht. Es war eines der ersten Holocaustdenkmäler in Rumänien und stammt vom Bildhauer Márton Izsák. Auf dem Sockel des Denkmals steht die Inschrift »Erinnere Dich an den Holocaust« in englischer und hebräischer Sprache. Ursprünglich befand sich dort eine weitere, umstrittene Tafel in rumänischer Sprache, die darauf hinwies, dass die Verbrechen durch die »faschistische ungarische Regierung« verübt worden seien. Diese Tafel wurde nach der Renovierung des Denkmals im Herbst 2013 nicht mehr angebracht.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt