Seit 2004 befindet sich ein Holocaustdenkmal am jüdischen Friedhof von Békéscsaba. Unmittelbar daneben steht die neueste Synagoge Ungarns.
Békéscsaba (deutsch auch: Tschabe) ist eine Stadt im Südosten Ungarns. Juden lebten hier seit dem 18. Jahrhundert, eine erste Synagoge entstand 1846. In den 1890er Jahren entstanden zwei größere Synagogen, jeweils eine für die orthodoxe und die neologe Gemeinde. Békéscsaba entwickelte sich vor allem nach dem Ersten Weltkrieg schnell: Nachdem Städte wie Großwardein, Temeschwar und Arad von den Siegermächten Rumänien zugeschlagen worden waren, übernahm Békéscsaba eine führende Rolle in der Region. Das hatte auch Auswirkungen für die 2.433 Juden, die 1941 in der Stadt lebten und damit etwa 4,6 Prozent der Bevölkerung stellten: Viele der neuen Industriebetriebe und Geschäfte waren in jüdischer Hand.
Nach Ungarns Kriegseintritt 1941 wurden Hunderte jüdische Männer zum Arbeitsdienst bei der ungarischen Armee einberufen. Viele ließen ihr Leben an der Ostfront oder wurden ermordet.
Kurz nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht im März 1944 wurden in Békéscsaba alle 226 jüdischen Geschäfte und 137 jüdische Betriebe geschlossen. Im Mai wurde ein Ghetto eingerichtet. Da die Stadt ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt war, wurden im Juni die Juden aus der Umgebung ebenfalls nach Békéscsaba gebracht. Zusammen mit den Juden aus dem Ghetto wurden sie später in ein Sammellager verschleppt, das von der SS bewacht wurde. Von den 3.840 Häftlingen starben 13 an den Folgen der Misshandlungen oder wegen der erbärmlichen Zustände im Lager. Ende Juli wurden die Juden in zwei Schüben deportiert. Der erste Transport fuhr am 25. Juli nach Strasshof bei Wien, die Häftlinge sollten dort zur Zwangsarbeit eingesetzt werden. Der zweite Transport fuhr am 26. Juli 1944 direkt ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
Schätzungsweise 80 bis 85 Prozent der aus Békéscsaba nach Auschwitz deportierten Juden ermordete die SS dort in den Gaskammern. Die nach Strasshof Deportierten hingegen überlebten größtenteils.
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Nach dem Krieg kehrten zunächst mehrere hundert Überlebende nach Békéscsaba zurück, so dass sich jüdisches Leben reorganisieren konnte. Dennoch kehrten in den Jahren danach viele der Stadt wieder den Rücken. Im November 1946 gab es antisemitische Ausschreitungen in Békéscsaba. Noch schwerer wog, dass die kommunistische Diktatur, die sich 1948/49 etablierte, die Geschäfte und Unternehmen verstaatlichte und damit vielen Juden die Existenzgrundlage entzog. Auch das religiöse Leben wurde stark eingeschränkt. Hatte es 1949 noch fast 500 religiöse Juden gegeben, betrug diese Zahl 1965 nur noch 147. Hinzu kam, dass viele Juden ihre Herkunft verleugneten oder vernachlässigten.
Nach dem Ende der Diktatur besannen sich viele wieder auf ihre jüdischen Wurzeln. Gleichzeitig konnten sich auch jüdische Emigranten mehr engagieren. So entstand beispielsweise die Gedenktafel am Ort der ehemaligen Neolog-Synagoge in der Luther-Straße dank der Spende eines in Kanada lebenden Juden aus Békéscsaba.
Neben dem gut erhaltenen jüdischen Friedhof von Békéscsaba mit über 1.000 Grabsteinen steht die neueste Synagoge Ungarns. Sie wurde 2004 fertiggestellt. Dort wurde im selben Jahr ein Holocaustdenkmal eingeweiht. Hinter einer Menora befindet sich eine Mauer, auf der sich ein Bibelzitat in hebräischer und ungarischer Sprache befindet: »schaut doch und seht, ob ein Schmerz ist wie mein Schmerz«. Die Mauer wird von zwei symbolischen Grabsteinen flankiert. Einer davon erinnert an die Männer, die während des Arbeitsdienstes umkamen, während der andere der in Auschwitz Ermordeten gedenkt.
2016 wurde das Denkmal um eine etwa 50 Meter lange Gedenkmauer ergänzt. In ihr sind schwarze Ziegelsteine eingelassen mit den Namen von ermordeten Juden aus Békéscsaba und Umgebung. Einer der Initiatoren für das neue Denkmal war der Überlebende Gábor Hirsch (*1929), dessen Familiengeschichte im Ort der Information des Holocaustmahnmals in Berlin dargestellt wird.
Izraelita temető
5600 Békéscsaba